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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2013

Renovierung und Umgestaltung der Publikumsbereiche im Erdgeschoss der Amerika-Gedenkbibliothek

Eingangsbereich

Eingangsbereich

3. Preis

Hoskins Architects Glasgow

Architektur

Arup Deutschland GmbH

Akustikplanung, Energieplanung, TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

„Ein Buch, wenn es so zugeklappt daliegt, ist ein gebundenes, schlafendes, harmloses Tierchen, welches keinem was zuleide tut. Wer es nicht aufweckte den gähnt es nicht an- wer ihm die Nase nicht grad zwischen die Kiefern steckt, den beißt‘s auch nicht.“ Wilhelm Busch

Die Amerikanische Gedenkbibliothek wurde 1954 eröffnet. Sie wurde in einer Zeit gebaut, die von politischen Veränderungen geprägt war. Das Ende des Zweiten Weltkrieges lag nur wenige Jahre zurück. Große Teile der Städte waren noch immer zerstört. Hatte die Architektur der Kriegsjahre das politische Gedankengut ihrer Zeit verkörpert, so waren die Architekten nach dem Kriegsende damit beschäftigt das politische Umdenken und die neu gewonnene Demokratie in architektonische Formensprache zu übersetzten. Die Gebäude zeichneten sich nun durch Offenheit und Transparenz aus. Sie waren leicht, öffneten sich dem Volk und standen für Demokratie.

Die Architektur der Amerikanischen Gedenkbibliothek ist ein wunderbares Beispiel ihrer Zeit. Die Ideale der neuen politischen Richtung: Demokratie und Transparenz wurden in ihr inhaltlich als auch formal umgesetzt. Der systematischen Umerziehung des Volkes, die im dritten Reich stattgefunden hatte und die bereits 1933 einen Höhepunkt in der Bücherverbrennung im Zuge einer „Aktion wider den undeutschen Geist“ verzeichnete, wurde 20 Jahre später ein Gebäude entgegengesetzt, dessen Gründung auf der unbegrenzten Freiheit des menschlichen Geistes beruhte. „Denn hier scheuen wir uns nicht, der Wahrheit auf allen Wegen zu folgen und selbst den Irrtum zu dulden, solange Vernunft ihn frei und unbehindert bekämpfen kann.“ Thomas Jefferson, Schmuckwand im Foyer der AGB.

Die Geschichte der Amerika Gedenkbibliothek und ihre signifikante Architektur sind Ausgangspunkt und Leitfaden unseres Entwurfskonzeptes. Ziel ist die behutsame Wiederherstellung des historischen Charakters der Bibliothek. Ein neues innovatives Lernen und die unbeschwerte Nutzung des Bibliothekbestandes wird für den Besucher der größte Erfolg der Umbaumaßnahmen sein. Mit diesem Erfolg wird die AGB dem Leitgedanken treu, den Dean Acheson, Außenminister der USA, bereits 1952 bei der Grundsteinlegung formulierte: „Es ist die Freiheit zu lernen, zu studieren, die Wahrheit zu suchen. Sie ist das wesentliche Merkmal einer freien Gesellschaftsordnung und der Ursprung unserer größten Kraft“.

Umsetzung
Die Wiederbelebung des historischen Charakters der Bibliothek, sowie die Verbesserung der Nutzung erreichen wir durch die folgenden Maßnahmen: Neuorganisierung der Leseräume, konsequentes „Aufräumen“, sowie die Verwendung von neuen, modernen Möbeln, die im Kontrast zum historischen Bestand stehen.

Neuorganisierung der Leseräume
Der Bibliothek, in ihrem jetzigen Zustand, fehlt es an Klarheit und Struktur. Arbeitsplätze und Bücherregale mischen sich bunt durcheinander. Wegeführungen sind durch Bücherwagen und Tische verstellt. Leicht verliert man den Überblick und schwer findet man die wenigen freien Arbeitsplätze. Der weite Blick, durch den klar strukturiert historischen Lesesaal, ist verstellt, was die Orientierung zusätzlich erschwert. Um die, für das Gebäude so typische Transparenz zurückzugewinnen, braucht es neue, klare Strukturen. Wegeführen müssen klar definiert sein. Die Weite des Raumes (großer Lesesaal) soll ablesbar sein.

Als formale Einteilung des Lesebereiches schlagen wir eine Zweiteilung vor. An der Fensterseite werden die Arbeitsplätze angeordnet, während die Bücherregale sich im Mittelteil des Lesesaals befinden. Zwei lange Gänge umfassen die Bücherregale und trennen sie zugleich von den Arbeitsbereichen. Der Informationsbereich ist durch Offenheit und eine großzügige Orientierungsfläche gekennzeichnet. An den Enden des großen Lesesaals ordnen sich die Sonderbereiche Artothek, Themenraum und Zeitungen / Zeitschriften an.

Inhaltliche schlagen wir eine einfache und klare Strukturierung vor: im großen Lesesaal, sowie im Annex sind sämtliche Bücher untergebracht. Die Bücher sind in speziellen Themenbereichen zusammengefasst. Je akademischer ihr Inhalt je weiter westlich sind sie angeordnet. Am westlichen Ende bildet die Artothek den Abschluss des Lesesaals. Im östlichen Ende, hinter der denkmalgeschützten Trennwand, ist der informelle Bereich mit Zeitungen und Magazinen untergebracht. Zusätzlich befindet sich hier der offen zugängliche Themenraum.

Während die Bücher sich im großen Lesesaal befinden, werden alle Non-Books im ehemaligen Auditorium präsentiert. Die Trennung von Buchbereichen und Non-Book-Bereichen wird für den Nutzer die wohl größte Veränderung bedeuten. Bisher waren diese Bereiche untereinander gemischt. Die vorhandene themenorientierte, medienübergreifende, also gemischte, Anordnung ist inhaltlich nachvollziehbar, wir sehen jedoch in einer räumlichen Trennung mehr Vorteile. Im Kontrast zur Langlebigkeit des Buches, sind die Neuen Medien, wie Daten- oder Tonträger im ständigen Wandel und gehen ihrer ‚Enmaterialisierung‘ bzw. Digitalisierung entgegen. Unser Ziel ist es die Bibliothek auf zukünftige Veränderungen vorzubereiten und die nötige Infrastruktur zu schaffen. Die „Auslagerung“ der Non-Books in das ehemalige Auditorium mit seinem aufgeständerten Boden ermöglicht es einfach auf den rasanten Wandel zu reagieren. Langfristiges Ziel sollte es sein, das Auditorium in einer neuen oder ursprünglichen Form wiederherzustellen und die Bibliothek damit um einen Hörsaal/Vortragssaal zu erweitern. Die weiter Nutzung als Mediathek muss dadurch nicht ausgeschlossen sein.

Arbeitsplätze
Die Arbeitsplätze entlang der Fensterseite teilen sich in Einzel- und Gruppenarbeitsplätze. Die Plätze, die für intensives Einzelarbeiten bestimmt sind, reihen sich nach historischem Vorbild entlang der gesamten Fensterseite. Die Tischreihen werden durch 1.50m hohe Regale voneinander getrennt und in Gruppen geteilt. Durch die Verwendung niedriger Regale bleibt der lange Blick, entlang der gebogenen Südseite des Raumes, erhalten.
An der Stirnseite dieser Trennregale befinden sich die 1.50m hohen Rollwägen (Bestand), die für den Rücklauf bestimmt sind. An den Enden der Tischreihen werden „Andockstation“ aufgebaut. Die Stationen verhindern ein unkontrolliertes Verrutschen der Tische, und sie enthalten die Bodentanks mit der Stromversorgung für die Einzelarbeitsplätze. Die Kabelführung geschieht auf Höhe der Oberkante der Tische und bietet 2-3 Steckdosen pro Arbeitsplatz. Als Sofortmassnahme gegen die schlechten Lichtverhältnisse am Arbeitsplatz, schlagen wir vor, dass bei Bedarf Schreibtischlampen an der Information ausgeliehen werden können.

Artothek
Die Artothek gilt als eine Besonderheit der Amerika Gedenkbibliothek. Bisher werden die Kunstwerke jedoch nur schlecht präsentiert. Unser Entwurf sieht einen designierten Bereich im westlichen Ende des Lesesaals für die Artothek vor. Hinter einer neuen regalhohen Trennwand entsteht eine kleine Galerie mit Ausstellungswand für Bilder und Drucke und Präsentationssockeln für die Plastiken. In der Südwestlichen Ecke der Artothek sind weitere Kunstwerke in einer Box zum Durchblättern gelagert. Ein Bereitstellungsmöbel befindet sich hier genauso wie die Verpackungstische.

Zeitungen / Magazine und Themenraum
Hinter der denkmalgeschützten Trennwand im östlichen Bereich des Lesesaals werden die Zeitschriften und Magazine präsentiert. Da sich in diesem Bereich der Zugang zur Kinderbibliothek befindet, ist mit einem höheren Geräuschpegel, sowie einer erhöhten Aktivität zu rechen. Der Bereich soll daher für den kurzweiligen Aufenthalt und zum informellen Verweilen genutzt werden. Am südöstlichen Ende und in unmittelbarer Nähe der Zeitschriften befindet sich der Themenbereich. Waren die wechselnden Ausstellungen bisher räumlich von den Besuchern abgeschnitten, formen sie nun im Zusammenhang mit den Zeitschriften eine Einheit. Die neue Offenheit soll dem Nutzerprofil seiner Besucher entsprechen.

Reprocenter
Wie gewünscht, soll das Reprocenter in die Räumlichkeiten des ehemaligen Themenraums umziehen. Es erfolgt eine Anpassung der Zu-und Abluftauslässe der vorhandenen Lüftungsanlage an die Standorte der neu zu errichtenden Kopiergeräte in diesem Bereich, um eine optimale Belüftung zu gewährleisten.

Neue Mediathek und Café
Die neue Mediathek beherbergt alle Daten- und Tonträger der Bibliothek. Die vorhandenen Einbauregale werden mit Frontal- und Rückenpräsentationen bestückt, auch die vorhandenen Gondeln werden weiterhin als Präsentationsmöbel genutzt. Dem Nutzer werden unterschiedliche Aufenthaltsmöglichkeiten angeboten. Es befinden sich hier Gruppenarbeitsplätze, Seh- und Hörplätze und die informelle Sitzgelegenheiten im Cafébereich. Der ehemalige Bühnenbereich wird als Multimediabox genutzt, während die Gruppenarbeitsplätze etwas abseits am Fenster angeordnet sind.

Das Café öffnet sich über eine Durchreiche zum Foyerbereich und bedient zusätzlich den Eingangsbereich. Für die neu zu errichtende Kaffeebar werden neue Trinkwasser – und Abwasseranschlüsse vorgesehen. Die neu zu errichtenden Anschlüsse werden an die vorhandenen Installationen im Untergeschoß angeschlossen. Hierbei wird bei der Trinkwasserinstallation die Thematik Stagnation. und Dämmung berücksichtigt. Die Warmwasserbereitung wird über einen dezentralen Durchlauferhitzer ermöglicht.

Der Bereich um das Cafe herum (ca. 120m²) kann als flexible Multifunktionsfläche genutzt werden. Die Stühle des Cafés können bei Bedarf so zusammengestellt werden, dass Lesungen und kleinere Veranstaltungen für 60-70 Personen möglich sind.

Konsequentes Aufräumen
Neben der Neuorganisierung der Lesebereiche sieht unser Konzept ein konsequentes „Aufräumen“ vor. Darunter verstehen wir, die Wiederherstellung des ursprünglichen Entwurfsgedanken, soweit dies möglich ist. Der Nadelfilzbelag wird entfernt und durch Linoleum ersetzt. Der reflektierende Bodenbelag prägte den ursprüngliche Charakter der Bibliothek. Durch die Spiegelung des Lichts und Möbel im Bodenbelag kommt die Leichtigkeit zurück in den Lesesaal. Die akustischen Vorteile, die der Teppichbelag mit sich brachte, wird mit dem Einsatz von akustischen Vorhängen ausgeglichen.

Zum „Aufräumen“ gehört weiterhin, dass die Anzahl der verschiedenen Regalsysteme auf ein Minimum reduziert wird. Ausgangspunkt sind die denkmalgeschützten Y-Regale, sowie die erste Nachbauserie. Als Ergänzung wurden bisher ST-15 Regale und Uniflex Regale der Firma SchulzSpeyer, einige Sonderelemente und Archivregale eingebaut. Die Ungleichheit der Regale führt zur einem unruhigen Erscheinungsbild in der Bibliothek. Unser Entwurf sieht vor, dass die denkmalgeschützten Y-Regale und die erste Nachbauserie in Kombination mit nur einem Regalsystem zu verwenden.

Neben seriellen Moebeln werden zudem Sonderbauten das Sortiment ergänzen. OPAC Plätze, Präsentationsbereiche und die Informationstheken sind so entworfen, dass sie innovative sind, jedoch stets auf den historischen Bestand Bezug nehmen. Für den Zugang zum OPAC-System sowie die Darstellung anderer medialer Informationen durch die Besucher, werden Touchscreen PCs zum Einsatz kommen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit überzeugt durch eine gute, übersichtliche Strukturierung der Funktionen in der
Haupthalle. Der offene Eingangsbereich mit der seitlichen Anordnung des Infotresens wird
positiv bewertet. Die Regalflächen sind in einer kompakten Schicht im Inneren des Raumes und die Arbeitsplätze, welche durch halbhohe Regale voneinander getrennt sind, an der Fensterfront angeordnet. Die Erschließung der halbhohen Regale im Rücken der Arbeitsplätze wird kritisch gesehen. Der Bereich der Zeitschriften ist gut im belebten Zugang zur Kinderbibliothek positioniert. Die Lage des Themenraumes in der Süd-West-Ecke wird als zu dezentral gewertet. Die Lage des Cafés zwischen Eingang und ehemaligem Auditorium wird sehr positiv gesehen.
Artothek

Artothek

Informationstheke

Informationstheke

Diagramme

Diagramme

Gesamtplan

Gesamtplan