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Award / Auszeichnung | 03/2013

Deutscher Landschaftsarchitektur-Preis 2013

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"els" Elsbethenareal - Schrannenplatz

DE-87700 Memmingen, Schrannenplatz 6-8

Würdigung Landschaftsarchitektur-Preis

trint + kreuder d.n.a. architekten PartGmbB

Architektur

club L94

Landschaftsarchitektur

licht|raum|stadt planung gmbh

Lichtplanung

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Büro-, Verwaltungsbauten; Gesundheitswesen; Groß- und Einzelhandel; Kultur-, Veranstaltungsgebäude, Wohnungsbau

  • Projektgröße:

    15.735m² (geschätzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2008
    Fertigstellung: 01/2010

Projektbeschreibung

Nachdem zuvor die prägenden Plätze im Norden und in der Mitte der Memminger Altstadt saniert wurden, erfuhr nun das Elsbethenareal mit dem Schrannenplatz im Süden der Altstadt eine weitgehende bauliche Erneuerung, um wieder städtische Impulse in seine vernachlässigte Nachbarschaft geben zu können. Bausteine dieser Erneuerung waren die umfangreiche Erweiterung des Landestheaters Schwaben sowie Wohn-, Geschäfts- und Ärztehäuser an Schrannenplatz und Lindentorstraße.

Mit dem Abbruch der letzten Schranne und unmaßstäblicher Bebauung in den 60er-Jahren verlor der Schrannenplatz Identität und Kontur, zu groß wurden die Abmessungen des Platzes, zu heterogen die Platzkanten, zu unattraktiv die Nutzungen. Durch den Abriss der besonders problematischen Bebauung am nordöstlichen Platzrand bis weit hinein in die Lindenstraße konnte nun erstmals ein klarer östlicher Platzabschluss als Pendant zur historischen südlichen Platzkante gefunden werden.
Die Gliederung der neuen Platzkanten orientiert sich an den Höhen der mittelalterlichen Nachbarschaft. Ihre horizontal zweigeteilt komponierten Fassaden knüpfen an die Maßstäblichkeit der mittelalterlichen Häuser an mit ihrer ausgewogenen Komposition von Putzfassaden und Biberschwanz gedeckten Dächern.

Entlang der Lindentorstraße nehmen die neuen Dachkonturen das dramatische Gegenüber der mittelalterlichen Giebelständigkeit auf. Sie interpretieren es neu als dramatisierte Fortsetzung der Platzfassade, als steiler Doppelgiebel und als metallische Skulptur, dem Signet der Tiefgaragenzufahrt.

Der Elsbethenhof, ursprünglich vom Kreuzgang des gleichnamigen Klosters umschlossen und später als Schulhof erweitert, ist nun wieder zu einem Ort der Verlangsamung und Kontemplation geworden. Eine bescheidene Zuordnung neuer Nutzungen bietet dabei genügend Anlass, den Hof aufzusuchen. Die neuen Durchgänge zum Schrannenplatz und zum neuen Theaterhof binden ihn eindeutig und doch dezent ins Stadtgefüge ein.

Gerade hier an der Schnittstelle zu den beiden anderen Platzräumen, zum neuen Theaterhof und zum Schrannenplatz wird der „Luxus“ besonders deutlich, den sich das Projekt gönnt. Es ist der Luxus, Gassen und Plätze zu bilden, wie sie der moderne Städtebau nicht mehr kennt, malerisch gewachsen wie aus mittelalterlichen Wurzeln.


Erweiterung des Landestheaters Schwaben

In Anbindung an Theatersaal und Bühnenhaus, einem barock überformten mittelalterlichen Zehntstadel, und an das in den 70er-Jahren angefügte dreigeschossige Theaterfoyer erhielt das Landestheater einen umfangreichen Erweiterungsbau, in welchem die gesamte dienende Peripherie von Werkstätten und Depots im Erdgeschoss über Proberäume bis zur Theaterverwaltung unter den Dächern untergebracht wurden und in dem für die Besucher das Angebot um Studiobühne und Theaterrestaurant ergänzt wurde.

Der Zehntstadel war ursprünglich als Solitär errichtet im damaligen Klostergarten. Der Erweiterungsbau hält deshalb Abstand von seiner nun wieder sichtbar gemachten Südfassade und stellt sie mit leicht welliger Putzfläche in den Blick des Theaterfoyers.

Eine Nutzung der entstehenden Fuge als glasgedeckte Bühnenschleuse und die daraus entstehenden Einblicke in die Theaterwerkstätten stellen die Produktionsbedingungen des Landestheaters, das als Tourneetheater insbesondere auch die Bühnen des Umlandes bespielt, in den Blickpunkt der Besucher. Bei diversen Theaterveranstaltungen soll dieser markante Ort nun im Mittelpunkt der Aktivitäten stehen.

Jenseits der luftig hohen Bühnenschleuse beginnen die neuen Bauvolumen der Theatererweiterung. Sie stufen sich mit bewegter Dachlandschaft behutsam empor und bilden maßstäbliche Raumkanten zu den angrenzenden Höfen, Gassen und Straßen.

Der Wunsch der Intendanz nach „gläsernen Werkstätten“ wurde konsequent interpretiert. So öffnen sich die Werkstätten nicht nur mit großflächigen Verglasungen zum Theaterhof, sondern ebenso großzügig zur Bühnenschleuse, so dass man von Bühnenschleuse bis Theaterhof hindurchblicken kann.

Der Erweiterungsbau wurde im Sinne eines robusten Funktionsbaus als Sichtbetonkonstruktion erstellt. Lediglich in repräsentativen Bereichen wird der Beton durch Räuchereiche ergänzt. Neben den Neubauten am Schrannenplatz und dem barocken Theatersaal kann sich der Erweiterungsbau des Landestheaters gleichermaßen elegant wie bescheiden entfalten. Seine Fassaden sind ruhig und nehmen mit Deutlichkeit Bezug auf die schlämmverfugte Ziegelfassade des angrenzenden, nun restaurierten Kreuzgangfragmentes des ehemaligen Elsbethenklosters. Mit ein wenig theatraler Geste reckt er sich in die Höhe zum Elsbethenhof und Richtung Schwesterstraße und entfaltet mit steinernem Aufgang zu den Gästewohnungen eine fast pittoreske Räumlichkeit im Durchgang zum Gerberplatz.


Die Geschäftshäuser am Schrannenplatz

Der „Neuen Schranne“, kommt die schwierige Aufgabe zu, dem Schrannenplatz nach Verschwinden der historischen Schrannen und einigen Zumutungen des jüngeren Städtebaus wieder Kontur zu verleihen. Sie tut dies mit subtilen Mitteln, lässt dem Platz zunächst einmal deutlich mehr Raum als je zuvor, um ihn dann an entscheidender Stelle als Verengung der Lindentorstraße wieder aufzufangen. Ergänzend dazu erfährt der Platz an prägnanter Stelle bezogen auf die Blickrichtung von Süden, der Frauenkirche, durch den „Giebel“ des Dachrestaurants einen entscheidenden Akzent und die bislang fehlende Zentrierung.

Die Fassade der „Neuen Schranne“ – eine moderne Komposition traditioneller architektonischer Motive, zeitgemäßer Rhythmen und ortsbezogener Bildhaftigkeit
Die Grundidee der Fassaden basiert auf der traditionellen Zweiteilung der traufseitigen Ansicht eines mittelalterlichen Hauses, welche zu etwa gleichen Teilen aus der Fassadenansicht und der Dachansicht besteht. Diese Zweiteilung führt zu einer Komposition der Fassaden, bei der sich ruhige Putzflächen, großformatige Schaufensterflächen und vertikal durch Betonstelen rhythmisierte Flächen in abstrakter Fügung abwechseln.

Das Blechmuster – eine vegetative Bildhaftigkeit traditionellen Ursprungs
Die „Neue Schranne“ sieht sich einerseits in der Tradition der historischen Schrannen, den Speichern und Handelsplätzen für Hafer, Sommer- und Wintergetreide. Andererseits ist sie der vielfältigen Mischung seiner neuen Nutzer verpflichtet, einem großen Modehaus, einem Bäcker, einem Reformhaus sowie den zahlreichen Arzt- und Therapiepraxen des Ärztezentrums rund um das große gläsern überdachte Atrium. Verbindendes dieser Nutzungen ist ein vegetativer Ursprung, ob als Garn der Textilien, als Korn, als Grundstoff für Produkte biologischen Anbaus oder als Basis für Arzneien und zahlreiche Therapieformen.
Der Wunsch, dem Gebäude hinter den schützenden Betonstelen noch ein bildhafte Identität zu geben, die sowohl Historie als auch aktuelle Nutzung anspricht und sowohl von außen wie von innen gleichermaßen erlebbar ist, führte zu einer gelaserten Komposition auf Basis eines traditionellen Ätzspitze-Musters, bildhaft weiterentwickelt gemäß den technischen Anforderungen der Blechbearbeitung. So erinnert ihr feinstes Binnenmuster aus gefügten Fünfecken nun an die Art, wie Körner in Ähren angeordnet sind.
Auch der traditionellen Bedeutung des Schrannenplatzes als jährliches Zentrum des „Fischertages“ wird Rechnung getragen durch immer wiederkehrende Abbildungen von Forelle und „Bär“, dem traditionellen halbrunden Fangnetz, im Muster des gelochten Blechs.

Die Geschäftshäuser entlang der Lindentorstraße
Das kleinere Geschäfts- und Ärztehaus an der Lindentorstraße tritt als Dopplung auf. In seiner Zwillingsgestalt spiegelt es das klassische Memminger Stadthaus mit seinen sprunghaften Lochfensterfassaden gleich doppelt wieder, spiegelt gleichermaßen sich und die Umgebung.
In und zwischen seinen spitzen Giebeln fügen sich Wohnungen ein mit betörender Aussicht über die Dachlandschaft des südlichen Memmingen.
Eine Sonderstellung nimmt die „Neue Schmiede“ ein. Exakt der Giebelkontur des mittelalterlichen Vorgängerbaus folgend schwebt sie nun über der Tiefgarageneinfahrt und erlaubt es sich aufgrund seiner bescheidenen Größe in expressiver Plastizität, mit makellos unhistorischer Aluminiumhaut zwischen Lindentorstraße und Theaterhof zu strahlen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Ausgangssituation als städtebaulicher Rahmen ist eine Folge von Straßen und unterschiedlich großen platzartigen Weitungen mit prägenden giebelständigen Bauwerken sowie der querende Stadtbach in Memmingen.
Der Schrannenplatz erhält seine Kohärenz in der Fläche durch zurückhaltendes Betonpflaster in ruhigen Formaten. Die Fahrbahn der tangierenden Straße ist als Pflasterband ausgebildet, das Orientierung bietet, aber den Raumzusammenhang nicht stört. Der Bach ist in den Seitenstraßen geöffnet. An der Einmündung zum Platz ist Raum für eine Rampe und schlichte Stufen, die Menschen ans Wasser heranführen.
Auf dem Platz wird der Bach selbst nur in einem kleinen Fenster aufgedeckt, das Element „Wasser“ aber emporgehoben und in Form von Fontänen von allen Seiten sichtbar gemacht. Die „Bachspur“, durch Öffnungen und Wasserspiele markiert, erscheint darüber hinaus veredelt durch engmaschige Metallgewebe. Bäume mit lichten Kronen werden überzeugend platziert und beleuchtet. Eine Familie unterschiedlich geformter Sitzmöbel aus gleichem Material erfüllt individuelle und kollektive Ansprüche.
Im Elsbethenhof am Theater schaffen Bänke um die erhaltenen Bäume, niedrige Leuchten und ein feinkörniger Pflasterteppich eine sympathisch-wohnliche Atmosphäre.
Das zurückhaltende, fein abgestimmte landschaftsarchitektonische Konzept und die hohe Material- und Ausführungsqualität machen diese öffentlichen Räume zu jeder Jahres- und Tageszeit interessant. Bäume und Wasser, Möblierung und Licht bringen den Betrachter geradezu in Urlaubsstimmung. Schrannenplatz und Elsbethenareal sind ein beispielhafter Beitrag zur nachhaltigen Stabilisierung der Innenstadt als attraktiver Ort für Wohnen, Arbeiten und Kultur.
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