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Award / Auszeichnung | 07/2013

best architects 14

MĂ€dchenturm

AT Dafins

Auszeichnung, Wohnungsbau/EinfamilienhÀuser

Marte.Marte Architekten

Architektur

Projektdaten

  • GebĂ€udetyp:

    Wohnungsbau

  • ProjektgrĂ¶ĂŸe:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Fertigstellung: 01/2012

Projektbeschreibung

Dafins, ein eigenstĂ€ndiger Dorfteil der Gemeinde Zwischenwasser, ist eine kleine Streusiedlung am Hang ĂŒber dem Vorarlbergischen Rheintal. Sanft eingebettet in die umliegend ansteigenden, bewaldeten HĂ€nge, eröffnet sich von dort gegen SĂŒdwesten ein spektakulĂ€rer Blick auf Feldkirch und Umgebung, gehalten durch die imposanten Schweizer Alpen.

Das Haus Marte ist oberhalb des Zentrums am Ortsende zu finden. An einer der letzten Kurven der engen Dorfstraße reckt sich wacker ein kompaktes, einfaches Bauernhaus in Holz auf gemauertem Sockel aus dem steilen Terrain, anschließend ein fĂŒr diesen Landstrich typischer Birnen HochstĂ€mmer. Dahinter bleibt das Auge an einem Ensemble mehrerer Körper in Beton und Stahl hĂ€ngen. Zusammen bilden sie ein Ensemble aus quaderförmigem, liegendem und stehendem Volumen, klar abgegrenzt gegen das satte GrĂŒn der Wiesen, scheinbar dem Boden entwachsen. Dazwischen spannen sich mehrerer Ebenen auf, spielen geschickt mit den zu ĂŒberwindenden Höhen und fĂŒgen die Summe der Einzelteile zu einem Ganzen.

Dem rĂ€umlichen Ansatz eines Adolf Loos oder Josef Frank folgend, entwickelt sich das Haus zum GefĂŒge aus Weg und Platz. Schon im ursprĂŒnglichen Entwurf, dieser kam zur Jahrtausendwende zur AusfĂŒhrung, finden deren grundlegende gestalterischen Prinzipien im Haus Marte Eingang: rĂ€umliche Differenziertheit durch gezielte Abfolgen von weiten und engen, niederen und hohen RĂ€umen, verbunden durch ein System an Wegen, Treppen, kleinen und grĂ¶ĂŸeren PlĂ€tzen; Inszenieren von BlickbezĂŒgen und rĂ€umlichen VerschrĂ€nkungen, Einbeziehen des Natur‐ und Landschaftsraumes, kurzum das Schaffen komplexer, rĂ€umlicher GefĂŒge mit innerer und Ă€ußerer KontextualtiĂ€t.

So birgt das Haus QualitĂ€ten, die es zu entdecken gilt. Es offenbart sich nicht auf den ersten Blick, sondern entfaltet sich im Begehen, beim Durchschreiten. Die klare Zonierung von Privat und Öffentlich gewĂ€hrt sparsame, verheißungsvolle Einsichten. Feinheiten wie WandversĂ€tze, Vorlegestufen, optische Umlenkungen durch kleine Manipulation in Grundriss und Schnitt resultieren in einem ausgeklĂŒgelten, nur mit geschultem Auge wahrnehmbaren IneinanderfĂŒgen.

Das Haupthaus ist ein scharfkantiger zweigeschossiger Körper aus Sichtbeton, gelandet im steilen Hang wie ein Meteorit. Selbst die Aufsicht darauf gibt nichts anderes preis – die oberste Decke, vorgespannt und hydrophobiert, kommt ohne Dachfolie und Attika aus. BĂŒndig und großformatig sind GlasflĂ€chen in Alu gerahmt, unterstreichen den hermetischen Charakter. Aus dem Sockel schĂ€len sich die beiden AufenthaltsrĂ€ume – Kochen/Essen und Wohnen, der eine schmal und lang, der andere quadratisch und hoch. Schichten von Glas trennen und verbinden ‐ die beiden RĂ€ume , obwohl auf gleichem Niveau, sind einer mediterranen Stadt gleich, durch eine Wege‐, Platz‐, Treppenanlage miteinander verbunden. Mit langem, flachem Tritt schwebt der Gast ĂŒber ein paar Stufen in den lichtdurchfluteten Wohnraum.

Innen ist die harte Schale allflĂ€chig mit Sperrholz bekleidet, Details sind dabei auf ein Minimum reduziert ‐ WandschrĂ€nke, Boden, Wand, Decke, TĂŒren verschmelzen zu einer Haut, versetzen die handelnden Personen in die Einfachheit eines minimalistischen BĂŒhnenraumes. Ganz anders die Kinderzimmer. Äußerst knapp bemessen an Quadratmetern, aber reich an Aussicht, tut sich dort eine Prinzessinnenwelt auf ‐ farbig, kleinteilig, individuell. Mittlerweile teilten sich fĂŒnf Töchter die zwei Kinderzimmer ‐ einer Erweiterung des eigentlichen, austernhaften RaumgefĂŒges war nicht mehr zu entrinnen.

Der MĂ€dchenturm
Was war der wuchtigen Erscheinung in Beton, diesem rohen, steinernen Material, entgegen zu halten, was der in sich geschlossenen Form? Oxidierender Stahl: Ebenso roh, ebenso wahrhaftig in seinem Ausdruck und seinem Verhalten. Die innere Anmutung bleibt die gleiche ‐ hölzern, warmtonig, feinporig. Die neue Ă€ußere Gestalt hingegen maskulin, aufstrebend, sich aus dem Terrain erhebend, dem nahe stehenden Birnbaum gleich. Dass sich dahinter ein Leichtbau befindet, mag einer trojanischen Finte entstammen. Dazwischen spannt sich ein neuer Raum auf, ergĂ€nzt durch einen in die Erde gedrĂŒckten Pool – kompromisslos, hart, wenig vernunftbetont, dafĂŒr mĂ€rchenhaft, eigensinnig und sinnlich. Oxidierender Stahl an Boden und WĂ€nden, hermetisch wie eine RitterrĂŒstung. So erscheint auch der Turm mit seinen stĂ€hlernen LĂŒftungsklappen gen SĂŒden und Norden, den Fixverglasungen nach Osten. Rapunzel, Rapunzel
. Über die Bibliothek, ein paar Stufen hinab in die eigenstĂ€ndige KĂŒche und den dem Pool vorgelagerten Essraum, entschwinden die Prinzessinnen mittels Wendeltreppe in ihre GemĂ€cher. Dort eröffnen sich ihrem Sichtfeld zum einen das schĂŒtzende Elternhaus, zum anderen der reizvolle angrenzende Wald. Orientierung und Freiheit spiegeln sich in der Raumperspektive, ein Sinnbild ihrer innerfamiliĂ€ren Entwicklungsmöglichkeiten.

Die Hermetik des Konzeptes scheint groß und dominant. In seiner Benutzung zeigt sich hingegen Erstaunliches an Freiraum, wird Respekt vermittelt und sind Grenzen gezogen. Diese garantieren das gemeinschaftliche Leben auf relativ engem Raum, gestatten RĂŒckzug und Partizipation. Unvergleichlich das Ambiente fĂŒr die MĂ€dchen. Wenn tatsĂ€chlich die ersten Lebensjahre prĂ€gend sind fĂŒr unsere rĂ€umlichen SehnsĂŒchte, dann haben diese MĂ€dchen ihren Prinzen etwas sehr Wertvolles an persönlicher Erfahrung voraus: das Leben in manifestierter WertschĂ€tzung.
Bilder © marc.lins

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