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Award / Auszeichnung | 07/2014

Landesbaupreis Mecklenburg-Vorpommern 2014

2. Baustufe Friedrich-Loeffler-Institut Insel Riems, Neubau Stall- und Laborgebäude

DE-17489 Greifswald

Anerkennung der Kategorie ab 1.000.000 Euro

Itten+BrechbĂĽhl AG

Architektur

ARCHITEKTEN BDA RDS PARTNER

Architektur

Gruner AG, Gebäudetechnik

TGA-Fachplanung

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Hochschulen, Wissenschaft und Forschung

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Fertigstellung: 01/2013

Projektbeschreibung

Mit dem Neubau der Labor- und Tierhaltungsbereiche des Friedrich-Loeffler-Instituts entsteht auf der Insel Riems an historischer Stelle eines der fĂĽnf modernsten Forschungsinstitute fĂĽr Tiergesundheit weltweit.

Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), als Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit ist eine selbstständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV). Sie betreibt Forschung auf dem Gebiet der Tiergesundheit landwirtschaftlicher Nutztiere und verwandter Wissenschaften. Das Friedrich-Loeffler-Institut nimmt die ihr nach dem Tierseuchengesetz zugewiesenen Aufgaben wahr, veröffentlicht Forschungsergebnisse und pflegt die nationale und internationale Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Persönlichkeiten und Einrichtungen.


Masterplan /Städtebau

Die markante und einprägsame Gestalt der Insel Riems bei Greifswald ist als eine differenzierte Abfolge von typischen Landschaftssequenzen lesbar. Diese sind von West nach Ost: die Wiesenlandschaft, die Villenlandschaft mit den Bauten aus den 1920er-Jahren, die Institutslandschaft und gegen Osten die offene Weidelandschaft.
Die Umsetzung des Entwurfs schafft auf der Insel eine städtebaulich und landschaftsarchitektonisch übergeordnete und entwicklungsfähige Ordnung.
Die räumlich strukturierenden Grundprinzipien lassen sich wie folgt beschreiben: Die grossen Neubauten des Projekts, Labore und Stallungen, beschränken sich in ihrer Ausdehnung konsequent auf das so genannte Stammgelände der Institutslandschaft. Die alte Lindenallee wird dabei zu einem natürlichen, raumbildenden und ordnenden Landschaftselement. Ihr entgegengesetzt wird die artifizielle Erschliessungsstrasse in West-Ost-Richtung, die so genannte «innere Strasse». Eingeschoben zwischen den Komplex der Labor- und Tierhaltungsgebäude bildet diese die zentrale Erschliessungsader der neuen Anlage und bindet die beiden ebenerdigen Eingangszonen zu einer Einheit zusammen. Ein durchgängiges System von neuen und alten Ordnungslinien und Bezügen etabliert sich und wird mit den bestehenden Strassen und Wegen der Insel verknüpft.
Die zukünftige Hauptzufahrt über die bestehende Strasse am Südufer hin zum neuen Pfortengebäude bietet mit ihrem attraktiven Ausblick auf die Schilfzone und die offene Gristower Wiek einen angemessenen Auftakt in der Annäherung an das Friedrich-Loeffler-Institut.


Architektur

Die Anordnung der Neubauvolumen entwickelt das städtebauliche und landschaftsarchitektonische Thema von Offenheit und Geschlossenheit, Weite und Enge weiter. Es entstehen verdichtete Orte mit einer eigenen, spezifischen Identität und Orientierung. Dies wiederum erlaubt es, weite und offene Räume zu gestalten und die Insel selber als eine fliessende Landschaft zu begreifen.
Ein wichtiger Aspekt für die Formulierung der Architektur ist der stark durch horizontale Linien geprägte Kontext. Alles ist flach und in die Länge gezogen. Einzelne Bäume stehen turmartig in der Landschaft, ein Kamin oder ein Kirchturm wie derjenige von Gristow wird zur wichtigen vertikalen Landmarke.
Der Aufriss der grossen Bauvolumen der Labor- und Tierhaltungsgebäude präsentiert einen flachen und lang gestreckten Baukörper. Dachaufbauten integrieren sich in die klar und scharf geschnittenen kubischen Formen, die neue Schornsteinanlage setzt als Entsprechung und Gegenstück zum bestehenden Kamin des alten Heizhauses ein einprägsames vertikales Zeichen.
Auf der Nordseite schliesst das Nordkliff und dessen dichter Bewuchs die räumliche Sequenz ab und definiert den Übergang zur See, gegen Süden bildet die dreigeschossige und ruhige Laborfassade eine klare Trennlinie zum frei fliessenden Landschaftsraum davor. Dieser dient als «Bühne» für die Situierung des Karree-Ensembles – bestehendes Hauptgebäude und den Ersatzneubauten – sowie des alten Heizhauses.
Labor- und Stallgebäude bilden einen zusammenhängenden Komplex. Darin eingelassen ist das schalenförmige Element der «inneren Strasse». Hier sind die Eingänge angeordnet, Brücken zwischen den Obergeschossen verbinden die beiden Bauten. Auf diese Situation der Verdichtung reagieren die Erdgeschossfassaden mit Offenheit und Transparenz. Die äusseren Fassaden hingegen antworten in Form einer Lochfassade zurückhaltend und ruhig auf die Weite und Offenheit der umgebenden Landschaft.


Fassade

Eine hinterlüftete Vormauerschale in Klinker prägt die äussere Erscheinung der grossen Neubauten von Labor- und Tierhaltungsgebäude. Dieser in der Region traditionell stark verbreitete Baustoff ist sowohl kulturell und handwerklich als auch visuell vertraut. Er besitzt die Fähigkeit, über einen ausgesprochen langen Zeitraum und über alle Jahreszeiten hinweg eine emotional positive und zugängliche Atmosphäre zu schaffen. Witterungseinflüsse und das stetig wechselnde Licht auf Riems beeinflussen seine optische Erscheinung, es entsteht ein Dialog mit dem Kontext, mit der Natur wie auch mit den bestehenden Klinkerbauten. Dies generiert eine starke Verwandtschaft der Architektur mit der Institutslandschaft und die natürliche Verortung auf der Insel. Zudem ist das Material enorm widerstandsfähig und insofern auch eine schlüssige Antwort auf die exponierte Lage an der See.

Das Thema von Weite und Dichtheit des Masterplanes wird mit dem Klinker bis in das kleinste Bauelement – den einzelnen Stein – weiter getragen. Aus der Distanz wirkt die Fassade ruhig, klar und homogen. Die einzelnen Steine werden nicht bewusst wahrgenommen, die Flächen verfügen jedoch über eine lebendige und tiefenwirksame Ausstrahlung. Nähert sich der Betrachter dem Gebäude, werden die einzelnen Steine Schritt für Schritt besser sichtbar. Dies schafft Vertrautheit und verleiht den grossen Gebäuden über diesen kleinsten Baustein eine menschliche Massstäblichkeit.
Die verglasten Fassaden im Erdgeschossbereich der «inneren Strasse» reagieren komplementär auf die Lochfassaden auf der Aussenseite der Gebäude. Sie begegnen der räumlich dichten Situation mit Offenheit und Transparenz. Die Wand existiert als Thema nicht, das Glas wird – von der ausschliesslich technischen Funktion befreit – zum gestalterischen Element. Dabei spielt der hohe Grad an Transparenz auch eine grosse Rolle im Sicherheits- und Kommunikationskonzept.
Analog zum Phänomen der massstäblichen Wirkung des Klinkers wird mittels der Einteilung und Proportionierung der Gläser der enormen Länge der Gebäude von 230m ein menschlicher Massstab entgegengesetzt. So sind die bewusst gewählten Formate der Gläser Abbild eines Proportionierungssystems analog der Fibonacci-Reihe, welches sich über die ganze Länge der Fassade entwickelt. Die Farbgebung der Glasscheiben leitet sich aus der Analyse der Farbpalette des Kontextes ab. Die Sichtbetonoberfläche der «inneren Strasse» dient dabei als «Leinwand» und Projektionsfläche für die farbigen Schatten der Gläser und wird zum räumlich erlebbaren Ort für die sich täglich verändernden Einwirkungen von Licht und Wetter.


Funktionalität

Die betrieblichen Rahmenbedingungen und deren Anforderungen an die Funktionalität bestimmten den Entwurf des Layouts in hohem Mass. Das Doppelgebäude von Labor und Stall bildet den Kern der Anlage. Der Komplex besteht aus einem übertiefen Baukörper für die Tierhaltungsräume und einem schmalen Riegel für die Labore.
Die Sicherheitsbereiche werden von West nach Ost ansteigend angesiedelt. Im Laborgebäude im Westen beginnend mit der Zellbank, Laborbereich L2/S2, darin integriert der Bereich L3**/S2, anschliessend der Bereich L3/S3 und als Abschluss der Hochsicherheitsbereich L4/S4.
Im Stallgebäude sind es die Bereiche L2/S2, L3**/S2, L3/S3 und L3+/S3. Der Laborbereich L3+/S3 wird direkt an den letzteren angekoppelt und bildet den Abschluss gegen Osten.
Die Medienzentrale mit Energieerzeugungsanlagen wird im Lastschwerpunkt zwischen die Bereiche L2/S2 und L3**/S2 eingeschoben und erhält einen eigenen Wirtschaftshof.
Das Laborgebäude verfügt über eine klassisch dreibündige Struktur. Die Nutzflächen verteilen sich auf die drei oberirdischen Geschosse. Im übertiefen Stallgebäude befinden sich die Nutzflächen vorwiegend im Erdgeschoss, Ober-und Untergeschosse werden von den technischen Installationen beansprucht.
Die Gebäude sind als Betonmassivbauten konzipiert. Aufgrund der hohen Anforderungen an die Unterdruckhaltung und Gasdichtigkeit werden die Aussenwände als homogene Stahlbetonscheiben ausgebildet. Vorgeblendet ist eine hinterlüftete Klinkerschale.



Technische Gebäudeausrüstung

Das Laborgebäude ist dreibündig und dreigeschossig konzipiert, es enthält ausserdem ein Untergeschoss mit Lüftungs- und Abwasserzentralen sowie die zum Gebäude gehörenden Haustechnik-Verteilungen. In den Dachaufbauten sind weitere Technikzentralen untergebracht. Ab Sicherheitsstufe L3/S3 werden die Nutzflächen und die dazugehörigen Technikflächen nach dem höchsten Sicherheitskonzept – dem so genannten Containment – ausgestaltet. Die vertikale technische Erschliessung erfolgt sowohl in einer durchgehenden Installationszone zwischen Flur und Fassadenbund als auch über Sammelschächte im Mittelbund. Das Gebäude verfügt über eine ausserordentlich hohe Installationsdichte, so benötigt zum Beispiel ein Nutzgeschoss des Bereichs L4/S4 drei Technikgeschosse für die betrieblich notwendigen technischen Installationen.
Im Erdgeschoss des Tierhaltungsgebäudes befinden sich die Nutzflächen, in den darunter liegenden Stockwerken die Installationsgeschosse sowie die Abwasserbehandlungs- und Tierkörperbeseitigungsanlagen. Dies erlaubt sichere und effiziente Wartungs- und Kontrollarbeiten. Im Obergeschoss sind die Raumluft-Filteranlagen installiert, in den Aufbauten die zentralen Aggregate für die Aussenluftansaugung und Fortluft. Auch hier werden in den hohen Sicherheitsstufen die Nutzflächen und die dazugehörigen Technikflächen im Containment-Konzept ausgeführt. Die Ver- bzw. Entsorgung der Nutzräume geschieht direkt über die jeweils ober- bzw. unterhalb liegenden Technikflächen.
Die Medienzentrale liegt im Installationsschwerpunkt und ist über einen ringförmig verlaufenden Medientunnel mit allen Stall- und Laborbereichen verbunden. Sie nimmt die technischen Einrichtungen zur Versorgung der Gesamtanlage wie Heizung, Dampferzeugung, Elektrozentralen, Kälteproduktion, Drucklufterzeugung und eine Wärme-Kraft-Kopplungsanlage auf.


Aussenanlagen

Die Insel Riems ist Teil der Vorpommerschen Boddenlandschaft und liegt im Mittelpunkt eines Naturschutzgebiets. Verschiedenen Biotop-Typen wie das gehölzbestandene Nordkliff, der Schilfgürtel und ein Grossteil der Einzelbäume sind gemäss Landesnaturschutzgesetz eigens geschützt.
Das Gestaltungskonzept setzt sich diese Ausgangslage zum Ziel, indem es versucht, die prägenden Landschaftstypen zu stärken.
Die markante Gestalt der Insel liest sich als eine differenzierte Abfolge von typischen Landschaftssequenzen. Von West nach Ost sind dies: die Wiesenlandschaft, die Villenlandschaft mit den Bauten aus den 1920er-Jahren, die Institutslandschaft und gegen Osten die offene Weidelandschaft.
Charakteristisch sind ausserdem die ausgedehnten Schilfzonen im Übergang von Land zu Wasser, der Bogen des Nordkliffs mit seinem geschlossenen und dichten Gehölzbestand sowie den landmark-ähnlichen Pyramiden-Pappeln, die Lindenbaumallee westlich vom Karree sowie der Altbaumbestand auf den Weideflächen.
Die grossen Neubauten des Projekts werden in ihrer Ausdehnung konsequent auf das so genannte Stammgelände der Institutslandschaft beschränkt. Die alte Lindenallee mit imposantem Baumbestand wird zu einem raumbildenden Landschaftselement und zu einer der wichtigsten Ordnungslinien auf der Insel. Ihr wird die artifizielle Erschliessungsstrasse in West-Ost-Richtung entgegengesetzt und mit freiraumgestalterischen Motiven bespielt. Der Pflanzplan ist Teil des Konzeptes dieser «inneren Strasse» und führt das Thema der Proportionen und Farben der Gläser organisch weiter. Dabei wird im Gegensatz zu den statischen, beständigen Eigenschaften des Glases der dynamische Charakter der Bepflanzung wichtig. Die Veränderungen der Pflanzen über die Tage und Jahreszeiten hinweg sind ein weiterer Teil des Anspruches, eine visuell und emotional zugängliche und inspirierende Gesamtsituation für die Benutzerinnen und Benutzer der Gebäude zu schaffen.