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Einladungswettbewerb | 03/2015

Haus 6 – Diakonie Christophorus

2. Preis

Preisgeld: 2.000 EUR

Göttinger Architekten Werkstatt

Architektur

Erläuterungstext

STÄDTEBAU | FREIRAUM
Ziel ist es, die Campus-Struktur des Christophorus-Areals herauszuarbeiten und zu stärken.
Der Bereich zwischen Christophoruskirche im Westen und dem Haus Wiesenfeld (5) im Osten wird zentraler Campus der Gesamtanlage und deshalb freigeräumt von allen sekundären Nutzungen und Zufahrten, die irgendwie entbehrlich sind.
Mit Hilfe verschiedener Pflanzungen, Oberflächen, Texturen, Wegen, Sitzmauern, wird die zentrale Mitte des Areals gegliedert und als Campus erlebbar. In ihn bindet als Grünband die geplante öffentliche Grünanlage vom Süden her an, über ihn hinweg erstreckt sich eine Raumachse von der Chrisophoruskirche bis nach Osten zur Robert-Koch-Straße.
Damit entsteht auch ein engerer räumlicher Zusam-menhang zwischen dem Gesamtareal und der Kirche als Bauwerk.
Wegebeziehungen werden deutlicher, Bereiche zum Aufenthalt, Spielen und verweilen ablesbarer. In der Konsequenz werden alle dienenden Funktionen wie Parken, Anlieferungen usw. in die Peripherie des Areals verlegt. Durch Pflege und Ausholzen des Baumbestandes sollten die übergeordneten Grünstrukturen gestärkt werden.

GEBÄUDE | STRUKTUR
Der Zielsetzung "Campus" folgend, hält der Neubau den nördlichen Teil des Baufeldes frei und führt die vorhandenen Gebäudefluchten des Hauses 1 fort.
Das Gebäude schließt mit einer zweigeschossigen Spange an das Haus Wiesenthal an, der transparente Zwischenbau ist gleichzeitig Eingang und Durchgang von Süden und Norden.

INNERE STRUKTUR
Sämtliche Wohnräume der beiden Wohngruppen sind nach Süden und Westen orientiert und gliedern sich leicht ablesbar in einzelne Segmente.
Direkt zugeordnet sind die Pflege- und Sanitärräume. Die Pflegebadezimmer erhalten natürliches Licht über vertikale Fensterbänder. Das kommt der Zielsetzung, hier "Wohlfühlräume" zu schaffen, entgegen.
Wohnräume ohne eigene Badezimmer liegen direkt an den gemeinschaftlichen Pflege- und Sanitärräumen der Wohngruppen, die Wohnräume mit eigenen Badezimmern und etwas größerer Eigenständigkeit der Bewohner schließen sich an.
Im Übergang zum Campus liegen die Gemeinschaftsräume mit Küche und Snoezelraum. Die Aufenthaltsräume öffnen sich auch nach Süden zu einem kleinen Atrium. So ergeben sich hier spannende Außenraumbeziehungen zu drei Himmelsrichtungen; Balkon bzw. Terrasse sind nach Westen und zum Campus orientiert. Über das Atrium werden schon vormittags die angrenzenden Bereiche besonnt. Im Erdgeschoss dient das Atrium auch als Erweiterung des Aufenthaltsbereiches.

Direkt am Eingang, der Treppe und dem Aufzug liegt jeweils das Büro mit Nebenräumen.
Von hier sind viele Bereiche innen wie außen gut einsehbar und gut zu erreichen.
Die Flure sind übersichtlich und bieten verschiedene Blick- und Lichtbeziehungen nach
draußen.

UNTERGESCHOSS
Das Untergeschoss lässt sich in der aus den Hauptgeschossen übernommenen Struktur gut für die gewünschten Nutzungen verwenden. Die vorhandene Geländesituation mit einem Gefälle von 1 bis 1,5 m ermöglicht eine ausreichende Belichtung auf der gesamten Westseite. Zur Unterbringung der Räume der Wäscherei ist eine Vollunterkellerung nicht erforderlich.
Wir sind davon ausgegangen, dass die gewünschte "Anlieferung" keine externe Anlieferung z.B. mit Fahrzeugen meint - der Raum Anlieferung liegt deshalb intern günstig am Aufzug.

FASSADE | GESTALTUNG
Die Strukturen des Gebäudes sind in seinem Erschei-nungsbild ablesbar. Einzelne Baukörper mit Ziegel-fassaden, die verbunden sind mit transparenten Fluren und Erschließungsspangen, sodass ein übersichtliches und begreifbares Ganzes entsteht.
Die Gebäudeteile, die Wohnräume beherbergen, sind mit flachen Pultdächern gedeckt - sie signalisieren damit "Wohnen". Die einzelnen Wohnräume sind in der Fassade ablesbar durch ihre individuell gesetzten Fenstern, denen jeweils ein farbiges Lüftungsfeld zugeordnet ist.
Die dienenden und allgemeinen Räume an der Ostseite nehmen dieses Fenstermotiv auf, ordnen sich aber geometrisch ein und sind farblich zurückhaltender.
Die Ziegelfassaden nehmen das vorherrschende Material der umgebenden Bestandsgebäude auf und sind ein langlebiges, nachhaltiges Material mit hohem Sympathiewert.

MATERIAL | KONSTRUKTION | ENERGIE
Das Gebäude ist in klassischer Massivbauweise mit Mauerwerkswänden und Stahlbetondecken und -dächern gedacht. Geringe Spannweiten lassen eine wirtschaftliche und einfache Bauweise erwarten. Außenwände erhalten Wärmedämmung und eine Ziegel-Vormauerschale. Verglaste Fassaden, wie an Eingangsspange und Atrium, erhalten Pfosten-Riegel-Fassaden mit differenzierten Fenster- und Türeinsätzen.
Die Fenster der Wohnräume sind mehrfach verglaste Holz- oder Leichtmetallkonstruktionen, jeweils seitlich angeord-net ist ein Lüftungsfeld, in das auch dezentrale Wärme-rückgewinnung integriert werden kann.
Sonnenschutz an den besonnten Seiten als außen-liegende, in die Fassade integrierte Jalousien (Außen-raffstores), die zentral wie dezentral gesteuert werden können.
Dachflächen in den geneigten Bereichen mit Zink-blechdeckung, in den Flachbereichen vorzugsweise als Gründächer.

Hohe Wärmedämmstandards sind aufgrund der Konstruktionen leicht zu realisieren, sie müssen hier mit entsprechenden Lüftungskonzepten verknüpft werden. Dazu sind die Gegebenheiten mit einem geringen Anteil innenliegender Räume gut geeignet.
Die Integration von Photovoltaik- und Solarthermieanlagen in den Dachbereichen ist konstruktiv kein Problem, sollte aber im Kontext eines energetischen Gesamtkonzeptes für die Diakonie Christophorus geklärt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Vorgeschlagen wird ein kompakter Baukörper, der die Sprache der Umgebung aufnimmt und in seiner Funktion als Wohnhaus auch von außen ablesbar ist. Dieser Ansatz soll auch die unterschiedlichen Funktionen innerhalb des Hauses wie Individual- und Gemeinschaftsbereich sowie die Infrastruktur nach außen transportieren. Das Spiel mit Bauteilen und Fugen führt zu einem kleinteiligen Erscheinungsbild und einer angemessenen Maßstäblichkeit. Das Materialkonzept ist stimmig, die Fassadengestaltung kann im Ganzen jedoch nicht überzeugen. Es fehlt an ein einer ganzheitlich überzeugenden Anmutung. Positiv sind die großzügige zusammenhängende Freifläche im Norden und ein ausgeprägtes Grünband im Westen des Gebäudes. Die Zugangssituation ist unklar und somit unbefriedigend. Positiv bewertet wird die funktionale Organisation, die Infrastruktur ist kompakt und die Wohnräume sind in Dreiergruppen zusammengefasst. Das leichte Schrägstellung der Fluchten innerhalb des Bewohnerbereiches schafft eine angenehme Zonierung, die aber zu schwach ausgebildet und nach außen nicht ablesbar ist. Die innere Erschließung ist gut gelöst und erlaubt ein relativ hohes Maß an Durchlässigkeit. Von Nachteil sind die minimalen Blickbeziehungen nach außen, die die Flure auf ihre Erschließungsfunktion reduzieren. Die periphere Anordnung des Gemeinschaftsbereiches wird kompensiert durch den südlich vorgelagerten Innenhof.

Die Anlieferung der Wäscherei ist ungelöst, darüber hinaus ist die Fluchtwegesituation im 1. OG zu klären. Die Kennwerte lassen eine wirtschaftliche Lösung erwarten.

Ingesamt steht ein in mehrfacher Hinsicht tragfähiges und schlüssiges Konzept, das jedoch insbesondere in der äußeren Gestaltung Mängel aufweist.