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Award / Auszeichnung | 09/2015

Westfälischer Preis für Baukultur 2015

Eingangssituation mit transparentem Atrium

Eingangssituation mit transparentem Atrium

Hans-Sachs-Haus

DE-45894 Gelsenkirchen

Auszeichnung

gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner

Architektur

WINTER Beratende Ingenieure für Gebäudetechnik

TGA-Fachplanung

Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten und Stadtplaner GmbH

Landschaftsarchitektur

Conceptlicht GmbH

Lichtplanung

Stadt Gelsenkirchen

Bauherren

emproc GmbH Kostenmanagement für Immobilien

sonstige Fachplanung

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Staatliche und kommunale Bauten

  • Projektgröße:

    23.170m² (geschätzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 09/2010
    Fertigstellung: 08/2013

Projektbeschreibung

Nach vier Jahren Bauzeit weiht die Stadt Gelsenkirchen an diesem Wochenende (31.08.2013) ihr neues Rathaus nach den Plänen der Architekten von Gerkan, Marg und Partner (gmp) ein. Neben Reden, Rundgängen und anderen Festivitäten werden gmp-Gründungspartner Volkwin Marg, Stadtplaner Kunibert Wachten und Architekturkritiker Dieter Bartetzko in einer Diskussionsrunde miteinander über diesen Neubau auf alten Fundamenten reden. Die Bauaufgabe für das neue Hans-Sachs-Haus sah vor, das bestehende Rathaus im Zentrum der Stadt abzureißen und unter Beibehaltung der denkmalgeschützten Backsteinfassade aus den 1920er Jahren ein neues Rathaus mit öffentlichem Bürgerforum zu bauen.

Der nun fertiggestellte Umbau des Baudenkmals des Essener Architekten Alfred Fischer ist eine Referenz an den Geist des gesellschaftlichen Aufbruches in der Weimarer Republik. Der in seiner äußeren Erscheinung erhaltene moderne Backsteinbau steht für eine kulturelle Epoche, die sich in ihren sozialen und demokratischen Visionen künstlerisch auch in der Architektur offenbart hat. Die ursprüngliche Idee des öffentlichen Bürgerhauses mit dem zentralen Veranstaltungssaal als Bürgerforum wurde mit Respekt vor der Vergangenheit im Innern neu interpretiert. Durch den Abriss des in den 1950er Jahren errichteten Ergänzungsbaus und dessen Rückbau an der Dreikronenstraße entstand ein dem Hans-Sachs-Haus als Rathaus zugeordneter „Bürgerplatz“, der Alfred-Fischer-Platz. Der Hotelturm wurde wieder freigestellt und so zum städtebaulichen Zeichen.

Der Alfred-Fischer-Platz wird im Erdgeschoss des neuen Hans-Sachs-Hauses als Bürgerforum fortgesetzt. Dort empfängt den Besucher das lichtdurchflutete und in alle Richtungen transparente Atrium. Das multifunktionale Bürgerforum wendet sich großzügig dem besonnten Platz zu, sodass bei Festveranstaltungen bei gutem Wetter Türen der Westfassade geöffnet werden können. Veranstaltungen und Konzerte können Innen wie Außen stattfinden. Durch diesen fließenden Übergang von Innen- und Außenbereich wird besonders der Eindruck eines „offenen Hauses“ für den Bürger gestärkt.

Das Bürgerforum und der Ratssaal, die Sitzungssäle und die Räumlichkeiten des Oberbürgermeisters werden durch die beibehaltene historische Fassade mit einer zweibündigen Raumschicht aus Büros und dienenden Funktionen gefasst. Der Bereich des Bürgerforums, der durch den Ratssaal überdeckt wird, kann durch mobile Trennwände zu einem abgeschlossenen Veranstaltungsbereich abgeteilt werden. Alle Bereiche mit großem Publikumsverkehr liegen im Erdgeschoss am Bürgerforum. Beratungsbereiche und ein Café liegen einladend an der großzügigen, historischen „Schaufensterfassade“, die in ihrer ursprünglichen Gestaltung wieder hergestellt wurde.

Die innere Atmosphäre wird hauptsächlich durch das Zusammenspiel der räumlichen Struktur mit Farbe, Struktur und Haptik der verwendeten Materialien bestimmt. Konstruktive Elemente wie Stützen und Geschossdecken sind aus hellweißem Putz. Die Saalkörper und der Bereich des Oberbürgermeisters haben eine Holzverkleidung.

Der Fußboden im Bürgerforum ist ein dunkler Steinbelag, der sich draußen auf dem Alfred-Fischer-Platz fortsetzt. Die inneren Bürofassaden zum Atrium sind transparente Glasfassaden. Die Bürobereiche erwecken so eine offene Atmosphäre. Die gestalterisch hervorgehobenen Geschossdecken des Atriums betonen die Horizontalität und zitieren das Gestaltungsprinzip der historischen Fassade.

Die westliche Gebäudeecke an der Munckelstraße wurde analog zu den Ecken an der Ebertstraße abgerundet. Die horizontalen, akzentuierten Gesimsbänder der historischen Fassade wurden um die Ecke auf der Stirnwand zum Alfred-Fischer-Platz weitergeführt und entwickeln sich im Bereich der Foyers zu schattenspendenden, plastischen Sonnenlamellen. Die südliche Hotelturmfassade wurde rekonstruiert, womit der Turm sein ursprüngliches Erscheinungsbild erhielt.


Entwurf: Volkwin Marg und Hubert Nienhoff mit Rüdiger von Helmolt und Carsten Borucki
Assoziierter Partner: Christian Hoffmann
Projektleitung: Jutta Hartmann-Pohl
Mitarbeiter Ausführung: Gesche Arns-Büsker, Stefan Greuel, Michael Haase, Vera Hendrix, Rouja König, Evelyn Martens, Angela Modemann, Franz Lensing, Simone Schröder-Ripp, Tom Siehoff, Philipp Weber




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Grundsteinlegung Hans-Sachs-Haus in Gelsenkirchen

Im Jahr 2008 entschied das Preisgericht in einem Architektenwettbewerb einstimmig zugunsten des Entwurfs der Architekten gmp – von Gerkan, Marg und Partner.

Unter Beibehaltung und Sanierung der bestehenden, denkmalgeschützten Backsteinfassaden aus den 1920er Jahren wird die innere Gebäudestruktur des Rathauses vollständig neu entwickelt und in die Gebäudehülle integriert. Im Neubau sollen Räume für die Verwaltung, die politischen Gremien, den Ratsbereich, ein Bürgercenter und weitere Verwaltungseinheiten sowie ein multifunktional nutzbarer Veranstaltungssaal am gewohnten historischen Standort in der Innenstadt entstehen.

Im Zentrum des Neuen Hans-Sachs-Hauses liegt am großen Lichthof das vielfältig nutzbare Bürgerforum. Dieses wendet sich dem besonnten Bürgerplatz zu, so dass für Festveranstaltungen bei gutem Wetter die Westfassade geöffnet werden kann. Veranstaltungen und Konzerte können innen und auch außen stattfinden. Durch den fließenden Übergang von Innen- und Außenbereich wird der Eindruck eines „offenen Hauses“ für den Bürger erweckt.

Der Entwurf integriert innovative Lösungen für ein sinnvolles, ökologisches und energetisch sparsames Gesamtkonzept für ein öffentliches Gebäude.

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Lichtplanung:

Das Neue Hans-Sachs-Haus mit seiner denkmalgeschützen Backsteinfassade erforderte als neues Rathaus mit öffentlichem Bürgerforum ein differenziertes Lichtkonzept. Das Augenmerk wird ausschließlich auf die repräsentativen Bereiche gelegt.
Die Beleuchtung in den Sonderbereichen ist stark geprägt von abgependelten Lichtschienen mit direktem und indirektem Lichtanteil. Diese laufen als markantes gestalterisches Element in allen Geschossen durch das Atrium bis kurz vor die großzügig verglaste Westfassade. Die Strahlungswinkel der Lichtschienen sind so definiert, dass ausschließlich die Deckenstreifen und der Boden beleuchtet wird. Die Breite der illuminierten Deckenunterseiten der Galerien wird auch in den Flurbereichen fortgeführt und verstärkt somit diese Raumachse.
Das weitläufige Bürgerforum, sowie der Ratsaal wird durch Medienschienen, eine Kombination aus Downlights und Langfeldleuchten samt Lamellen, erhellt. Ziel war es eine differenzierte und doch mit dem Deckenbild stimmige Beleuchtung vorzusehen. Die Medienschienen fügen sich wie selbstverständlich in die Deckenfelder zwischen den Unterzügen ein. Atmosphärisches Licht wird durch die Wandaufhellung der seitlichen Schiebetüren und Holzwänden gewährleistet.
In den repräsentativen Treppenhäusern des Neuen Hans-Sachs-Hauses, sowie in den zum Atrium hin offen gehaltenen Fluren, wurde eine Abfolge von Downlights und opalen Lichtbändern realisiert. Die Anordnung erfolgt als Punkt - Strich - Punkt, wobei diese der Achsausrichtung der Lichtschienen folgt und somit einen perspektivischen Bezug zur Architektur herstellt.
Auch im Außenraum wurde auf eine differenzierte Beleuchtung geachtet, bei der sich die Leuchten, bis auf wenige Ausnahmen stark zurücknehmen. Während sich die Leuchten an der Westfassade unscheinbar in die Sonnenschutzlamellen einfügen, wurde an der Hauptfassade die ursprüngliche Beleuchtung des Hans-Sachs-Hauses rekonstruiert. Die Gestaltung der Lichtdecke und der Kandelaber wurde bis ins kleinste Detail anhand von historischen Bilder nachempfunden.

Entwurf: Conceptlicht Helmut Angerer mit Eva Lechermann-Wollscheid
Projektleitung: Eva Lechermann-Wollscheid
Mitarbeiter Ausführung: Martin Möller, Jan Nielsen, Annette Roller

Beurteilung durch das Preisgericht

Das 1927 nach einem Wettbewerb durch den Essener Architekten Alfred Fischer in Gelsenkirchen errichtete Hans-Sachs-Haus – einer der herausragenden Bauten des Ruhrgebiets - wurde im Zweiten Weltkrieg durch mehrere Bomben zerstört und in abweichenden Formen – teils reduziert und mit geringerem Materialaufwand - wieder aufgebaut.

In den 1990er Jahren begannen die am Denkmalwert orientierten Erneuerungsarbeiten u.a. durch Abriss der in den 1950er Jahren angefügten Anbauten, durch Restaurierung der Wand- und Deckengestaltungen und durch die Rekonstruktion des Eingangsbereiches. Diese Arbeiten wurden fortgesetzt und das Gebäude nach einem 2008 durchgeführten Wettbewerb im Jahre 2013 als neues Rathaus der Stadt Gelsenkirchen nach Plänen des 1. Preisträgers, des Aachener Büros gmp - von Gerkan, Marg und Partner, in Betrieb genommen.

Das neue Rathaus orientiert sich in zweierlei Hinsicht am historischen Wert. Zum einen wurde der ursprüngliche Nutzungsansatz aus dem Baujahr 1927 eines Bürgerhauses beibehalten, das eine vielgestaltige Nutzung von Büroräumen, Gastronomie, Konzertsaal und Stadtbücherei vorsah. Das jetzt neu gestaltete Bürgerforum im EG, dessen große Glasflächen den Eindruck eines offenen Gebäudes verstärken, wurde zum Alfred-Fischer-Platz hin geöffnet.

Zum weiteren erfolgte eine Orientierung an der Bautypologie und der besonderen Baugeschichte des Gebäudes. Seinerzeit setzte der Eisenbetonrahmenbau und die durch die Lage in der Industrieregion motivierte Verwendung von Klinkern neue Maßstäbe. Trotz der durch die Konstruktion bedingten kubischen Formen entstand eine Gebäudekontur mit einer expressionistischen Gesamtform, die Anleihen an verschiedene seinerzeit aktuelle Stilrichtungen erkennen lässt. Die neuen Rückbauten und Ergänzungen – bspw. an der Munckelstraße – lassen eine sorgfältige Wertschätzung und - wo es erforderlich wurde - eine sensible Neuinterpretation sowie einen qualitätvollen Umgang mit der Bauhistorie erkennen.

Zu würdigen ist das Werk der Architekten, das Engagement der Stadt Gelsenkirchen, insbesonders aber das bürgerschaftliche Engagement, das den bereits 2005 beschlossenen Abriss stoppte und stattdessen an seiner Stelle die Rekonstruktion einer der wenigen expressionistischen Backsteinbauten im Ruhrgebiet wagte. Die Stärken dieser Rekonstruktion liegen im Respekt vor dem historischen Wert und der zeitgemäßen Neufassung für die neu gestellten Ansprüche, weshalb der Jury dieses Projekt eine der beiden Auszeichnungen wert war.
Hans-Sachs-Haus im städtebaulichen Kontext

Hans-Sachs-Haus im städtebaulichen Kontext

Denkmalgeschützte Backsteinfassade aus den 1920er Jahren

Denkmalgeschützte Backsteinfassade aus den 1920er Jahren

Denkmalgeschützte Backsteinfassade aus den 1920er Jahren

Denkmalgeschützte Backsteinfassade aus den 1920er Jahren

Im Plenarsaal

Im Plenarsaal

Mobile mit Porträts Gelsenkirchener Bürger im Atrium

Mobile mit Porträts Gelsenkirchener Bürger im Atrium

Blick in den Himmel durch das lichtdurchflutete Atrium

Blick in den Himmel durch das lichtdurchflutete Atrium