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Offener Wettbewerb | 12/2015

Neubau Krematorium Friedhof Schoren

Eingang Krematorium

Eingang Krematorium

Angelico

3. Rang / 1. Ankauf

Preisgeld: 22.000 CHF

Felgendreher Olfs Köchling

Architektur

100Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Fra Angelico war ein Dominikaner und Maler der Frührenaissance. Diese auf den ersten Blick unwichtige Bemerkung ist Ausgangspunkt eines etwas anderen Juryberichts. Denn sie verweist auf zwei, dem oben Gesagten innewohnenden Begriffe: Bescheidenheit und spirituelle Poesie. Angelico ist ein hochpoetisches Projekt, das sich dem gestellten Thema in einer Weise nähert, die sich – und das war zu erwarten – mit all den technischen Notwendigkeiten nur schwer verträgt. Diese Annäherung hat die Jury aufs Äusserste gefordert und auf grundsätzliche Diskussionen zurück geworfen.

Auf den ersten Blick ist Angelico ein banaler Industriebau, der aus vorfabrizierten, statisch hochflexiblen Betontubes besteht. Seine Komposition, seine präzise Setzung in der Mittelachse der Friedhofsanlage aber, verleihen dem bescheidenen Pavillon eine grossartige Sakralität. Die «dominikanische» Beschränkung – neben dem unsichtbaren Glas auf ein einziges Material, den Sichtbeton – verleiht dem Bau eine geheimnisvolle Eleganz und Stille. Der Besuchende sieht, kaum hat er das Auto verlassen, ein durch den beschwingten Rhythmus der Tonnendächer gebildetes öffentliches Gebäude von grosser Ausstrahlung. Auch die Spaziergänger, die vom Friedhof her kommen, sehen bald einen eingeschossigen Portico, der an die Säulengänge der alten Friedhöfe erinnert. Beide Fassaden sind eigentliche architektonische Klassiker, denen man nichts mehr hinzufügen muss, aber auch nichts mehr wegnehmen kann. Sie erinnern den Besuchenden ganz entfernt an die römische Klassik oder eben an die Renaissance.

Diese Tonart – in der Musik würde man von Moll sprechen – zieht sich durch das ganze Gebäude weiter. Die Andachtsräume sind in der oben beschriebenen Zurückhaltung gestaltet. Nur eine symbolische Sonnenellipse wandert über die karge Betonwand des kleinen Hauses, worin die Verstorbenen noch ein paar Tage wohnen dürfen. Dies wird für die Trauernden ein sehr spirituelles, versöhnliches Erlebnis, welches sie nie mehr vergessen. Leider geht die Selbstbeschränkung so weit, dass die Verfassenden sogar auf einen inneren Vorraum vor den Aufbahrungskapellen verzichten und den direkten Zusammenhang mit dem Empfang gar als unnötig betrachten. Dass dies im täglichen Gebrauch aus diversen Gründen nicht praktikabel ist, wird im Folgenden erwähnt.

Vorplatz, Parkplatz und Zufahrt bilden sachbezogen die neue Adresse des Krematoriums an der Strättligenstrasse. Eine präzis platzierte Mauer trennt räumlich die Friedhofanlage ab und definiert zugleich die Eingänge. Das neue, dicht angelegte Wegenetz verknüpft sich mit dem Bestehenden und bindet das neue Krematorium sehr geschickt und selbstverständlich mit ein. Der Baumbestand wir mit locker gestreuten Blutbuchen kontrastreich ergänzt. Mit wenigen aber gezielten gestalterischen Setzungen gelingt es den Verfassenden, einen stimmungsvollen neuen Friedhofsteil zu schaffen.

Die Konzeptidee des offen gestalteten Besucherbereiches vermag aus gestalterischer Sicht zu überzeugen. Funktional ist die Vielzahl an Zugängen ohne Hierarchie aber verwirrend. Zudem ist eine direkte Verbindung vom Aufbahrungsraum zum Aussenraum klimatisch problematisch und betrieblich unerwünscht. Die Verfassenden zeigen, dass sie sich mit dem Thema Krematorium auseinandergesetzt und die Vorgaben hinterfragt haben. Letztlich ist ANGELICO ein sensibler und stimmiger Beitrag, welcher leider zu viele betriebliche Mängel aufweist.

ANGELICO erreicht als einziges Projekt der engeren Wahl den geforderten MINERGIE-P Standard. Günstig wirken sich die Kompaktheit des Gebäudes und die daraus resultierende geringe Fläche der Gebäudehülle aus. Auch Gebäudevolumen und Fläche der Kühlr.ume innerhalb des Dämmperimeters sind tief. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass beheizte Zonen aus den Vorgaben in eine überdachte Aussenzone verschoben wurden. Die Tonnendächer sind für die vorgeschlagene Installation einer Solarstromanlage nicht geeignet. Die kuppelartigen Betonfertigteile versprechen eine sehr wirtschaftliche Ausführung. Die generell harten Oberflächen verlangen nach Schallschutzmassnahmen. Diese werden im Projekt vernachlässigt und würden sich kostenmässig noch negativ auswirken. Obschon die tonnenartigen Dachflächen nur mit einer Bitumenbahn (Nacktdach) belegt sind, wird der Unterhalt als aufwändig beurteilt. Die Entwässerung wurde nicht ausgereift dargestellt. Das statische Konzept wirkt sehr einfach und daher kann von einer
kostengünstigen Anlage ausgegangen werden.

ANGELICO ist ein grossartiges, bescheidenes Projekt, voller Poesie und malerischer Symbolik. Es hat die Qualität eines architektonischen Klassikers. Es ist ein Beispiel, mit wie wenig materiellem und formalem Brimborium eine solche Aufgabe bewältigt werden könnte. Leider hat das Projektbetriebliche Mängel, über die sich die Jury nicht hinwegsetzen kann.
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