modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Award / Auszeichnung | 10/2015

Brandenburgischer Baukulturpreis 2015

Antivilla

DE-14476 Potsdam

Sonderpreis

Preisgeld: 2.500 EUR

brandlhuber + emde, schneider

Architektur

PICHLER Ingenieure GmbH

Tragwerksplanung

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Büro-, Verwaltungsbauten, Wohnungsbau

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2010
    Fertigstellung: 01/2014

Projektbeschreibung

Beim Umbau des Stofflagers des VEB Obertrikotagen „Ernst Lück“ am Krampnitzsee, südwestlich von Berlin, sollte von einer üblichen bauphysikalischen Ertüchtigung der Außenhülle abgesehen werden. Stattdessen galt es, die hohen Baustandards in Frage zu stellen und sich experimentell mit einem Verständnis von Architektur als Umwelt auseinanderzusetzen.

Gemeinsam mit dem Ingenieurbüro Pichler entwickelten Brandlhuber+ ein Konzept, das eine Anpassung an die neuen Nutzungsanforderungen als Atelier- und Wohngebäude mittels weniger gezielter Eingriffe erlaubt. Das Satteldach aus Asbest-Wellplatten wurde abgetragen und durch ein neu konzipiertes Flachdach ersetzt, das zudem konstruktiv als Überzug ausgebildet ist, sodass bis zu fünf Meter breite Wandöffnungen in das vorhandene Mauerwerk geschlagen werden können; die groben Fensterdurchbrüche unterstreichen die materielle Präsenz des Bestands. Im Inneren wurde das Gebäude entkernt, nichttragende Wände entfernt. Zudem wurde im Obergeschoss ein Funktionskern mit Badezimmer, Küchenzeile und Sauna eingefügt. Der Saunaofen bildet den Mittelpunkt differenzierter Temperaturzonen, die von innen nach außen kühler werden und durch transparente Vorhänge aus PVC-Folien gegeneinander abgegrenzt werden können, wobei der großzügige Raumeindruck erhalten bleibt. Während im Winter die beheizte Nutzfläche auf einen Kernbereich von circa 50 Quadratmetern schrumpft, dehnt sie sich in den anderen Jahreszeiten entsprechend aus. Gegenläufig zu den Temperaturzonen bilden sich differenzierte Helligkeitszonen heraus, die den verschiedenen funktionalen Bedürfnissen gerecht werden.

Damit greifen Brandlhuber+ Reyner Banhams Konzept der „Architektur der wohltemperierten Umwelt“ (1969) auf und kombinieren die beiden von Banham unterschiedenen Prinzipien der Raumbildung miteinander, wobei die vorgefundene Hülle das Prinzip der „konstruktiven“ und die temperaturabhängige Zonierung im Inneren das der „energiegesteuerten“ Raumbildung verkörpern. (Text: Anh-Linh-Ngo & Achim Reese)






Brandlhuber+ Emde, Schneider; Elsa Beniada, Peter Behrbohm, Klara
Bindl, Romina Falk, Victoria Hlubek, Tobias Hönig, Cornelia Müller, Markus Rampl, Paul
Reinhardt, Jacob Steinfelder, Caspar Viereckl; Karin Guttmann, Robert Hartfiel, Andreas
Schulz / Pichler Ingenieure (Tragwerksplanung)

Beurteilung durch das Preisgericht

Ein Umbau der VEB Obertrikotagenfabrik am Krampnitzsee in Potsdam nutzt diese DDR-Sparkonstruktionsruine aus den 1980er Jahren nach dem Umbau als Wohnsitz und Künstleratelier. Erhalt und bewusster Umgang mit dem Bestand standen im Vordergrund. Durch wenige gezielte Eingriffe, wie die neuen groben Öffnungen – ein künstlerischer Akt mit Vorschlaghämmern von Freunden und Familie – wird der Blick auf den See und den Eichenwald auf der anderen Seite „gerahmt“: Gleichzeitig gibt das Herausbrechen aus dem Mauerwerk den Blick auf das Lehrstück der Maurerlehrlinge aus DDR-Zeiten frei. Die Geschichte des Hauses wird durch diese Vorgangsweise und den Erhalt lesbar und die Belichtung der großen Wohnfläche durch die Größe der Öffnungen möglich. Die Architekten haben durch die intelligente Auseinandersetzung mit dem Energieverbrauch einen neuen Weg aufgezeigt – statt der energetischen Standardsanierung durch Dämmung der Außenwände ist hier ein zwiebelartiger Gedanke der Wärmebereiche umgesetzt. Die innere Schale – eine Fläche von 60 qm um den offenen Kamin und die Sauna – wird durch einen dichten Vorhang zur kühleren Zone abgetrennt. Ein altes Prinzip der Bauernhäuser findet hier wieder Anwendung. Im Sommer wird der Vorhang geöffnet und die 250 qm Fläche, von Künstlern gestaltet, wird genutzt. Eine feste Ortbetonstruktur in der Mitte des multifunktionalen Raumes bildet den Kern des Gebäudes, eine Treppe führt auf das neue Dach. Hier wurde die alte Dreiecksbinderkonstruktion durch ein WU-Betonflachdach mit markant auskragendem Wasserspeier ersetzt und der Blick auf den See und die Landschaft öffnet sich. Ein spannender neuer, alter Gedankenansatz im Umgang und Erhalt von ruinösen Bauwerken, ein Neunachdenken über Verordnungen und Restriktionen ist hier entstanden und ein großartiges Experiment als Gleichnis für junge Architekten.
Südansicht

Südansicht

Nordansicht

Nordansicht

Seeblick

Seeblick

Klimazone Winter

Klimazone Winter

Funktionskern Kamin

Funktionskern Kamin

Klimazone Winter

Klimazone Winter

Klimazone Sommer

Klimazone Sommer

Klimazone Sommer

Klimazone Sommer

Klimazone Sommer

Klimazone Sommer

Aussicht Nord

Aussicht Nord

Besprechungs- und Essbereich

Besprechungs- und Essbereich

Erdgeschoss

Erdgeschoss

1. Obergeschoss

1. Obergeschoss

Schnitt

Schnitt

Nordansicht

Nordansicht

Westansicht

Westansicht

Südansicht

Südansicht

Ostansicht

Ostansicht

Bestand - Ansicht Süd

Bestand - Ansicht Süd

Bestand - Ansicht Nordost

Bestand - Ansicht Nordost