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Award / Auszeichnung | 11/2015

DGGL Hessen Garten-Oskar 2015 »Private Gärten«

Gartenhof mit Amberbäumen und Rieselbelag aus Kalksplitt

Gartenhof mit Amberbäumen und Rieselbelag aus Kalksplitt

Terroir, zeitgenössische Gartenkunst in einem alten Weinberg

DE-06132 Ober-Ingelheim

Garten Oskar 2015

Preisgeld: 2.500 EUR

AO Landschaftsarchitekten Stadtplaner + Ingenieure Mainz GmbH

Landschaftsarchitektur

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Landschaft und Freiraum

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2011
    Fertigstellung: 01/2012

Projektbeschreibung

Terroir – zeitgenössische Gartenkunst in einem alten Weinberg

Inmitten eines Weinberges eines bekannten Traditionsweingutes und dazu im alten Ortskern Oberingelheims – so liegt das neue sandsteinfarbene Wohnhaus, mit Blick auf die Streuobstwiesen des Selztales angenehm eingebettet.

Stufen und Terrassen aus hellem Beton fügen das Gebäude behutsam in die Topographie des Weinberges. Der helle Beton und der Bodenbelag aus Muschelkalk korrespondiert mit den für Ingelheim typischen Kalkmergelmauern, die auch auf dem Weinbergsgrundstück die identitätsstiftende Kulisse bilden. Die Materialien nehmen damit Bezug auf das ‚Terroir‘ Ingelheims mit seinen Weinen, die auf Muschelkalk und Kalkmergel wachsen. Diese Haltung entspricht auch der Vorliebe des Bauherrn als Connaisseur für erlesene Weine.
Ein Carree aus neun dachförmig geschnittenen Amberbäumen formt zusammen mit dem L-förmigen Gebäude ein hofartiges Ensemble. Somit wird das Thema des Hofguts aufgegriffen und neu interpretiert.

Die Architektur des Wohnhauses ist mit seiner reduzierten Gestalt der schlichten Moderne geschuldet, korrespondiert jedoch in seiner Materialität der Fassaden aus hellem Sand- und Kalkstein mit den vorhandenen Weinbergsmauern aus Kalkmergel und dem Gutshaus. Unsere Aufgabe war es zwischen der Architektur des vorhandenen Charakters, der vor allem durch die Mauern aus massiven Kalkmergelmauern geprägt ist, und der zeitgenössischen Architektur des Wohnhauses zu vermitteln.
Zum anderen war es uns wichtig, dass der Garten zwischen Historischem und Neuen eine deutliche ‚Zeitfuge‘ bildet. Damit konnten wir vermeiden, dass ein historisierende und rustikales ‚Weinbergsidyll‘ in ein kulturell gewachsenes Ensemble implantiert wird, das sich an das vorhandene respektlos anbiedert.
Erreicht wurde dies durch die Materialwahl aus hellem Beton für die Rasenterrassen und Steinbänder die das Thema der Mauern neu interpretieren.


Rasenstufen

Die Terrassierung des Gartens zu den Rändern aus hellem Rasenstufen vermittelt zwischen den angrenzenden Weinbergsmauern aus Muschelkalk und dem Garten – historischer Baukunst und der klaren Architektur des neuen Wohnhauses.
Die Rasenstufen haben eine Mindestlänge von 2,5 m, die sichtbaren Kanten sind 3-5 mm leicht angeschliffen. Die Schattenfuge an den ‚Schwellenfüßen‘ verleiht der Terrassierung Leichtigkeit. Die Besonderheit ist der vorspringende ‚Schwellenfuß‘, der dem Bauherren das Rasenmähen erleichtert. Schwelle und Fuß sind in einem Teil geformt und vermitteln Eleganz.

Mit Rabatten gestaltete Terrassen fassen den Gartenhof und inszenieren den Blick auf die Reben und das angrenzende Traditionsweingut mit seiner Kulisse aus mächtigen Bäumen und Sträuchern.


Rosen und Wein – Filigrane Rankgerüste für Ramblerrosen

Der Bauherr hat einige Jahre in England gelebt und dort ein besonderes Faible für die englische Gartenkunst entdeckt. So haben wir dieses Thema mit historischen Rosensorten aufgegriffen, den sogenannten Ramblerrosen (Kletterrosen, die häufig an alten Bäumen hochgezogen wurden). Vier Rankgerüste aus gebogenen Edelstahlstäben bilden filigrane Geflechte, an denen die Ramblerrosen gezogen werden. Die Rankgerüste markieren die Schnittstelle zwischen Garten und Weinberg - sie inszenieren den Blick auf den umgebenden Weinberg als ‚Genius Loci‘.

Gleichzeitig wird ein Bezug zu der Tradition des Weinbaus - zur besseren Bestäubung der Rebblüten Rosenstöcke in Weinbergen zu pflanzen, aufgegriffen.


Materialien

Sämtliche Belagsflächen werden mit hellen Ocker-/Beigetönen gestaltet, die zusammen mit den Fassaden aus Sandstein- und Muschelkalkverblendung einen kraftvollen Farbakkord bilden.
Muschelkalkplatten in wechselnden Formaten, beiger Kalksplitt in dem Baumcarrée sowie die Zufahrt aus mit hellem Kalksplitt beschichtetem Asphalt strahlen durch die dezenten Farbnuancen vornehme Ruhe aus.
Helle, 40 cm breite Bänder aus Weißzementbeton fassen das zentrale Geviert unter dem lichten Dach der Amberbäume.


Einfriedigung

Die vorhandene, denkmalgeschützte Natursteinmauer wird von Putz befreit, gereinigt und mit einem an die warmen Farbtöne der Muschelkalkmauer angepassten Fugenmörtel verfugt. Eine Abdeckung aus Sandstein schützt die Mauerkrone vor eindringendem Wasser. Der vorhandene Maschendrahtzaun wurde abgebrochen und durch eine neue Einfriedigung ersetzt.
Die neue Einfriedigung eröffnet den Blick auf den Weinberg. Durch die Gestaltung wird der Weinberg mit seinen rankenden Reben schon von außen als Adresse wahrgenommen.
Schlanke Rahmen aus Vierkantrohr nehmen filigrane Drahtgeflechtseile auf an denen Reben hochwachsen können. Die Rahmen sind freitragend und ‚losgelöst‘ von der Bestandsmauer an der Rückseite im Erdreich in Köcherfundamenten verankert. Dies trägt dem Respekt vor der denkmalgeschützten Bausubstanz Rechnung und ermöglicht dauerhafte Standfestigkeit ohne in das alte Mauerwerk einzugreifen.


Blaue Stunde

Die wesentlichen Gestaltungselemente des Gartens werden durch indirektes Licht in Szene gesetzt und der Garten auch in den Abendstunden räumlich wahrgenommen. Die abendliche Illuminierung bildet eine ruhige und behutsame Inszenierung der Gartenkunst.
Patio

Als begehbares Environment definiert der Patio den ‚Koordinatenursprung‘ des hofförmigen Gebäudeensembles, das als Objekt das Gebäude mit der Umgebung in Beziehung setzt. Dabei kann die Umgebung Teil des Kunstwerkes werden.
Zwei ebenerdige, monolithische Steinblöcke aus hellem Beton mit einer Grundfläche von 8,50 x 2,70 m gliedern den Patio. Diese beiden Blöcke bilden ein homogenes Geviert, das in der Mitte kaum sichtbar um ca. 3 cm aufgewölbt ist. Aus feinen Bohrungen sprudelt Wasser, das das Geviert mit einem dünnen Wasserfilm überzieht und abends den Patio durch die Reflektion der angrenzenden Wohnräume in ein seidiges und zugleich bewegtes Licht taucht.
Das Wasser kann bei Bedarf abgestellt und der Patio als Erweiterung der Wohnräume, die mit raumhohen Glasschiebefenstern versehen sind, genutzt werden.

Das Wasser wird in eine umlaufende, nicht sichtbare Entwässerungsrinne geführt (Umwälzung).
Die Entwässerungsrinne ist unter den Betonblöcken integriert. Zwischen Austritt und den Blöcken ist ausschließlich eine Fuge sichtbar, in die entwässert wird.


Dachterrasse

Die transparente Brüstung gibt den Blick frei auf die Landschaft des Selztales und den Weinberg. Die Terrassendielen haben in kurzer Zeit eine vornehme, silbergraue Patina angenommen.
Bewegliche Edelstahltröge bieten die Möglichkeit temporärer oder dauerhafter Bepflanzung.