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Award / Auszeichnung | 07/2016

TERRA Award 2016

Neubau einer Schule aus Lehm und Bambus in Jar Maulwi, Pakistan

Neubau einer Schule aus Lehm und Bambus in Jar Maulwi, Pakistan

Lehmschule Tipu Sultan Merkez

PK-72011 Jar Maulwi

Lobende Erwähnung Kategorie "Exterior Design, Art & Landscape“

ZRS Architekten Ingenieure

Architektur

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Schulen

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 03/2011
    Fertigstellung: 06/2012

Projektbeschreibung

Ausgangssituation: Strukturelle Armut, Analphabetismus und schlechte Behausungen der Menschen
Das Projekt befindet sich in Punjab, eine ländlichen Provinz im Westen von Pakistan. Genauer lokalisiert liegt die Schule in der Nähe des Dorfes Jar Maulwi im Distrikt Sheikupera, etwa 70 km von der Großstadt Lahore entfernt. Punjab gilt als bevölkerungsreichste Provinz des Landes. Die Gegend ist geprägt von einer strukturellen Armut, die insbesondere im Mangel einer Gesundheitsversorgung sowie fehlender Verdienstmöglichkeiten und Bildungseinrichtungen zum Ausdruck kommt. Zudem liegt die Analphabetenrate Pakistans bei 50% und ist damit eine der höchsten Asiens.
Die traditionelle Architektur der verschiedenen Regionen Pakistans entstand in Abhängigkeit mit den klimatischen Bedingungen, der natürlichen Ressourcen und der Lebensweise der Bevölkerung. Als wesentliche Baumaterialien sind Lehm und Holz zu nennen, die in unterschiedlichen Bautechniken und -formen zum Einsatz kommen.
Lehm als Baumaterial ist besonders in den an den Flüssen liegenden Ebenen ausreichend verfügbar. Er ist ein Produkt der Überschwemmungsflächen. Die angewandet Bautechniken variieren: So wird Lehm in Form von sonnengebrannten Lehmsteinen, als Stampflehm oder als der sogenannte Wellerlehm – geschichtet und frei modelliert – eingesetzt.
Des weiteren ist Holz ist ein wichtiges traditionelles Baumaterial. Jedoch wird es durch die Verdrängung und Abholzung der Wälder immer knapper und kostbarer. Schon immer galt Holz als eine wertvolle Handelsware und bleibt auch heute noch vor allem der Konstruktion des Daches vorbehalten.
Da die traditionelle Lehmbauweise mit hohen Instandhaltungsmaßnahmen verbunden ist und als unmodern gilt, verwenden immer mehr Menschen gebrannte Ziegel und Beton und verzichten so auf die klimatischen Vorteile des Baustoffs Lehms.
Die örtlichen Wohnhäuser sind in der Regel einfach konstruiert; sie haben kein versiegeltes Fundament und sind stark witterungsanfällig. Aufgrund der fehlenden Horizontalsperre kann Feuchtigkeit aufsteigen, die den Sockelbereich der Mauer schwächt und beschädigt. Zudem können so schneller Schädlinge in die Konstruktion eindringen.
Ein weiteres Problem ist die instabile Deckenausbildung. So ist die Konstruktion nicht für das Betreten ausgelegt. Dennoch nutzen die Bewohner das Dach insbesondere im Sommer als Aufenthaltsort und zum Schlafen. Auf diese Weise entstehen schnell Risse, die das Gebäude schädigen und somit dem mitunter starken Regen aussetzen. Da die massiven Außenwände oft nur wenige und kleine Öffnungen aufweisen, gibt es zudem einen Mangel an Tageslicht und folgend geringe Aufenthaltsqualitäten in den Innenräumen.

Situation und Lage
Der Campus Tipu Sultan Merkez befindet sich in der Nähe des Dorfes Jar Maulwi. Seit der Eröffnung im Jahr 2001 haben sich die Räumlichkeiten der Schule kontinuierlich vergrößert. Jedes Jahr kam eine neue Klasse hinzu. Die ursprünglich acht Klassenräume konnten den Bedarf bei Weitem nicht decken, so mussten sich mehrere Klassen einen Raum teilen sowie ungeeignete, ursprünglich für die Unterbringung von Lehrerinnen und Besuchern errichtete Zimmer benutzen. Für eine sinnvolle Fortführung des Schulbetriebs benötigte das TSM acht weitere Klassenräume.

Aufgabenstellung des Tipu Sultan Merkez
Das neue Gebäude soll unter Einsatz von Naturbaumaterialien, insbesondere Lehm und Bambus, gebaut werden und somit zugleich ein Vorzeigeobjekt für nachhaltige Lehmbauweise in der Umgebung sein. Mit dem Schulneubau will die Initiative zeigen, dass gut geplante „moderne“ Lehmbaukonstruktionen nicht nur eine kostengünstige und energiewirtschaftliche Alternative zu Ziegel- und Betonbauten darstellen, sondern Lehmbauten auch wesentlich weniger witterungsanfällig und deutlich nachhaltiger als die traditionellen Konstruktionen sein können.

Entwurfskonzept
Das neue Schulgebäude besteht aus den benötigten acht Klassenräumen und dazugehörigen Erschließungsflächen. Die Klassenräume befinden sich in zwei voneinander getrennten Lehmkörpern. Dazwischen und davor steht ein Bambusgerüst, das die Treppe, die Erschließungsflächen und Raum zum freien Lernen aufnimmt.
Die Klassen im Erdgeschoss sind mit Regalen ausgestattet und verfügen über ein großes Sitzfenster in Richtung Süden. Auf dem Balkon im Obergeschoss bieten Bänke aus Bambus und Lehm zusätzliche Sitzflächen an. Die Veranda an der Nordseite ist relativ offen und lehnt sich an die Arkaden der vorhandenen Bauten an.

Konstruktion
Um den zweigeschossigen Gebäudekomplex Erdbeben gerecht auszuführen, werden in zwei Bauphasen jeweils eigenständige, achsensymmetrische Bauten geschaffen. Im Erdgeschoss weisen diese einen schweren Lehmkorpus sowie im Obergeschoss eine leichte Bambuskonstruktion auf. Die dreistufig aus dem Boden ragenden Fundamente aus gebrannten Ziegeln bilden den Sockel der Schule. Dieser schützt die Bauten vor Spritzwasser und etwaigen Hochwassern. Auf dem diesem sitzen die massiven Lehmwände, die in der traditionellen Wellertechnik gebaut sind. Hierbei schützt die eingeführte horizontale Sperrschicht zwischen Wand und Sockel den Lehm vor aufsteigender Feuchtigkeit. Die Klassenräume der ersten Etage werden als Fachwerk errichtet. Diese Leichtbaukonstruktion aus Bambus wird mit Lehm ausgefacht und durch ein umlaufendes Bambusgeflecht verdeckt, welches Schutz vor Sonne und Regen bietet.
Erschlossen werden die Klassenräumen über eine zweigeschossige Bambusveranda, welche gleichzeitig als erweiterter Klassenraum dient. Zusätzlich bildet sie eine Pufferschicht zum Schutz der dahinter liegenden Lehmwände vor dem hauptsächlich von Nordwest kommenden Monsunregen.
Sowohl die Decke, als auch die klassische Flachdachkonstruktion bestehen aus einer dreischichtigen Bambusstruktur, die mit einer Lehmschicht bedeckt ist.
Durch die Feuchte regulierende Eigenschaft des Lehms in Kombination mit einer natürlicher Nachtauskühlung (Lüftung durch Fensteröffnung) kann in den sehr heißen Sommermonaten weitesgehend auf ein zusätzliche Klimatisierung verzichtet werden.
Im Winter wird das Gebäude durch seine Nord-Süd-Ausrichtung durch passive solare Gewinne aufgewärmt. Zudem ermöglichen ausreichend große zu öffnende Fenster eine gute Tageslichtnutzung. Der überdachte Verandabereich schafft einen gut durchlüfteten Außenraum und dient gemeinsam mit dem umlaufenden Bambusvorhang als Verschattungselement.

Ausbildung und nachhaltiger Techniktransfer
Die Notwendigkeit für die Entwicklung von Ausbildungs- und Fortbildungslehrgängen in der Gegend um das TSM ist offensichtlich. Sie sollen als Teil der beruflichen Bildung dienen und zur Generierung eigener Einkommen in der Region beitragen. So sollen unter Berücksichtigung der klimatischen und finanziellen Vorteile der modernen Lehm- und Bambuskonstruktionen entsprechende Ausbildungsmaßnahmen entwickelt werden. Dabei sind die Erfahrungen der letzten Monate bei dem Schulneubau ein wichtiges Element.
Die geplante Ausbildung wird theoretische und praktische Grundlagen moderner Lehm- und Bambusbauweise vermitteln. Begleitend zu einer umfassenden Ausbildung können sich die Teilnehmer in den unterschiedlichen Disziplinen spezialisieren. Angedacht sind Trainingsangebote für Handwerker im Bambus- und Lehmbau sowie für regionale Bauern im Bereich Baumbusanbau und -bearbeitung. Des Weiteren sollen auf lange Sicht die Auszubildenden bei der selbständigen Anwendung des Gelernten und der Akquise von Aufträgen unterstützt werden.
Für alle Module soll ein Curriculum inklusive Lernunterlagen – ein Manual – entwickelt werden. Vorgesehen ist die Etablierung eines Prüfungssystems, eine Zertifizierung der Ausbildung und ein ständiges Qualitätsmanagement durch die beteiligten Architekturbüros. Ziel ist es dabei, dieses im Sinne eines stetigen Techniktransfers allmählich auf pakistanische Partner vor Ort zu übertragen.
Für die Initialphase der Ausbildung soll der zweite Bauabschnitt des Schulgebäudes genutzt werden: Während des Baus werden etwa zwanzig Trainees mit den Prinzipien und Praktiken des modernen Lehm- und Bambusbaus systematisch vertraut gemacht: Der für das Jahr 2013 geplante Neubau des Kindergartens sowie die Entwicklung eines Prototyps für ein Wohnhaus sowohl im ländlichen als auch im suburbanen Kontext soll unter aktiver planerischer Beteiligung der Trainees realisiert werden. Anschließend soll eine permanente Werkstatt mit Unterrichtsräumen auf dem TSM-Campus eingerichtet und die Ausbildung in regelmäßigen Durchläufen und zusätzliche Weiterbildungsmaßnahmen angeboten werden.
Ansicht West

Ansicht West

Klassenraum EG

Klassenraum EG

Detailansicht Süd

Detailansicht Süd

Terrasse OG

Terrasse OG

Klassenraum OG, Leichtbaukonstruktion
aus Bambus mit Lehm
ausgefacht

Klassenraum OG, Leichtbaukonstruktion aus Bambus mit Lehm ausgefacht

Ansicht Süd-West

Ansicht Süd-West

Mischen des Lehms

Mischen des Lehms

Schichten und Modulieren der Lehmwände

Schichten und Modulieren der Lehmwände

Schwerer Lehmkubus im Erdgeschoss

Schwerer Lehmkubus im Erdgeschoss

Leichte Bambuskonstruktion im Obergeschoss

Leichte Bambuskonstruktion im Obergeschoss

Richten der Frontfassade

Richten der Frontfassade

Lageplan

Lageplan

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss OG

Grundriss OG

Ansichten

Ansichten

Klimaschnitt

Klimaschnitt

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