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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2016

Das Museum des 20. Jahrhunderts

1. Preis

Herzog & de Meuron

Architektur

Vogt Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Buro Happold

TGA-Fachplanung, Tragwerksplanung

Aukett + Heese GmbH

sonstige Fachplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Das vorgeschlagene Gebäude arbeitet mit dem Archetypus des »Hauses«, oder, anders formuliert, der Grundform einer Markthalle oder eines »Festzeltes«. Damit vermag es eine neue, eigenständige Position zwischen den am Kulturforum vorhandenen architektonischen Charakteren einzunehmen. Die Arbeit ist im besten Sinne irritierend, merkwürdig. Die Idee, ein Museum als »Zelt« aus Backstein anzulegen hat Esprit, provoziert und bietet die faszinierende Interpretation eines zeitgemäßen Museums. Markant ist das große Haus, weil es die vorhandene Leere des Kulturforums füllt und als Volumen gleichzeitig präzise und entschieden zu allen Nachbarn gesetzt ist. Die St.-Matthäus-Kirche wird räumlich eingebunden und erhält eine neue Rahmung, allerdings ist der geringe Abstand kritisch und müsste vergrößert werden. Der eher niedrige Baukörper steht in einem produktiven Dialog zur Höhenentwicklung d er Nationalgalerie und greift mit ihrem flachen Satteldach die in den Bauten von Scharoun angelegte Dachlandschaft des Kulturforums auf.

Die innere Erschließung erfolgt durch hallenartige »Boulevards«, die einmal im Erdgeschoss die Ost -West -Richtung aufnehmen, im Untergeschoss im rechten Winkel dazu die Nord -Süd -Achse bilden. Beide » Boulevards « führen den Außenraum nach innen weiter und ermöglichen so, die unterschiedlichen Teilbereiche des Kulturforums auf überzeugende Art in Beziehung zu setzen. Die Ausrichtung des vorgeschlagenen Gebäudes übernimmt die für das Kulturforum so wichtige Achse von Philharmonie und Neuer Nationalgalerie. Der Eingang der Staatsbibliothek und der Gemäldegalerie mit der Piazzetta werden in ähnlich starker Weise aufeinander zugeführt und beziehen dabei die St. -Matthäus- Kirche in die Wegesequenz der Haupterschließung ein.

Im Zentrum des Museumsbaus, wo sich beide Hallen kreuzen, liegt ein licht durchfluteter, zweigeschossiger Raum mit einer groß en Treppenanlage , welcher die Anbindung der Ausstellungsräume im Untergeschoss sowie den zukünftigen Zusammenschluss mit der Nationalgalerie ermöglicht . Der Besucher wird sehr gut geführt, bereits vom Foyer aus sind Einblicke in die Ausstellungsräume möglich.
Die Ausstellungsräume sind in jedem Geschoss in vier unterschiedlichen Bereiche – Quadranten – geteilt, die jeweils in sich eine große Lebendigkeit erkennen lassen und in ihrer Dimension übersichtlich bleiben. Das Zusammenspiel der verschiedenen Sammlungsthemen lässt sich in diesem Haus gut umsetzen. Die Ausstellungsräume entsprechen dem Prinzip des » White Cube « durchaus im positiven Sinne, wobei andere Raumangebote und Gestaltungsvarianzen noch hinzukommen sollten. Die Geschlossenheit der Fassade bedingt einen eingeschränkten Dialog zwischen den Innenräumen und dem öffentlichen Raum.

Das elementare Material des Backsteins, das auch von der St. -Matthäus -Kirche abgeleitet ist, führt zu einer starken Identität des Hauses. Hinter der durchlässigen Schicht der versetzt en Backsteine liegt eine Glasschicht, im Dachbereich wird diese über den Erschließungsachsen als Oberlicht ausgebildet. Mit Hilfe dieser »perforierten« Haut wird eine spannungsvolle Ambivalenz zwischen geschlossen und transparent, materiell und immateriell erzeugt, die auch nachts in den Stadtraum ausstrahlt.

Im Freiraum wird das Backsteinmaterial der Kirche als Platzbelag fortgesetzt. Die Sichtbeziehung von Kirche und Tiergarten wird durch die Gestaltung einer dichten Baumgruppe auf dem westlichen Scharounplatz gestört. Die flexibel bespielbare Gesamtanlage und die robuste, werthaltige Materialität stehen für eine langfristige, physisch und intellektuell anregende Nutzung des Museums. Die Baukosten liegen im Mittelfeld, dabei etwas über dem vorgesehenen Kostenrahmen.

Anmerkung der Denkmalpflege: Das Bauwerk nimmt in der Materialwahl und mit seinem geneigten Dach Bezug auf die Backsteinarchitektur der St. -Matthäus-Kirche, dem ältesten Gebäude im Umfeld. Die kreuzförmige Wegeführung setzt die benachbarten Baudenkmale in eine unmittelbare Verbindung. Das Projekt irritiert jedoch in seinen schieren Ausmaßen, durch die » Gassenbildung« zur St.-Matthäus-Kirche und die lange Hauptfront zur Potsdamer Straße, die gegenüber den benachbarten Kulturbauten in dieser Form weder dialogfähig noch feinkörnig genug erscheint.