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Award / Auszeichnung | 02/2007

Deutscher Naturstein-Preis 2007

Innenhof (Foto: Stefan Müller-Naumann)

Innenhof (Foto: Stefan Müller-Naumann)

Alter Hof München

Lobende Erwähnung

Auer Weber

Architektur

Erläuterungstext

Über Jahrzehnte hinweg fristete der Alte Hof, ehemalige Kaiserresidenz der Wittelsbacher, ein Schattendasein in der Münchener Innenstadt. Nach Kriegszerstörungen in den ¬¬50er-Jahren mit bescheidenen Mitteln wieder aufgebaut und größtenteils als Bürofläche für die bayerische Fi-nanzverwaltung genutzt, wurde das Ensemble trotz seiner zentralen Lage zwischen Platzl und Marienhof nur von Eingeweihten als stadtgeschichtlich bedeutsamer Ort wahrgenommen.

Im Zuge groß angelegter Sanierungsmaßnahmen wurden daraufhin die Nachkriegszweckbauten im Ostteil der Anlage wieder abgetragen und es stellte sich in der Folge eines Wettbewerbsverfahrens im Jahr 2003 Auer+Weber+Assoziierte die Aufgabe, das historische Ensemble so zu ergänzen, dass die ehemalige Burganlage wieder als besonderer Ort und räumliche Einheit im innerstädtischen Kontext erlebbar wird. Die Stärkung des eigentlichen Hofgevierts, so wie es beispielsweise in Darstellungen aus dem 18. Jahrhundert erkennbar wird, sollte hierbei zum städtebaulichen Leitbild werden.

Der Entwurfsansatz der Architekten bestand somit darin, die beiden den Burghof säumenden Gebäudeteile Pfister- und Brunnenstock hinsichtlich ihrer Volumetrie, Baukörperfügung und Fassadengliederung den flankierenden Bestandsbauten deutlich unterzuordnen, in der präzisen Ausformulierung der Detailpunkte jedoch die moderne Haltung der Neubauten unmissverständlich zu erkennen zu geben. Durchlaufende Trauflinien, ruhige Ziegeldachflächen und ein ausgewogenes Verhältnis von Wand und Öffnung in den Fassaden stärken nun die Homogenität der Gesamtanlage, während beispielsweise in der Ausgestaltung der Fenster die historischen Vorläufer modern interpretiert und variiert werden: Präzise Stahllaibungen fassen die stehenden Fensterformate und werden in den Gebäudeteilen der jeweiligen Nutzung entsprechend zu Wohnungsfenstern mit ausstellbaren Holzrollläden bzw. in den Büroetagen durch außenbündige Prallscheiben zu Kastenfenstern mit textilem Sonnenschutz ergänzt. Auch die Wandoberflächen in Sichtbeton, Putz und Naturstein zitieren die Massivität der historischen Hofbebauung, wobei beispielsweise Trauf- und Sockelanschlüsse in ihrer reduziert puristischen Ausformulierung eine deutlich moderne Architekturauffassung widerspiegeln.

Als besondere Herausforderung erwies sich für die Architekten die Behandlung der Dachflächen, die in möglichst flächiger Ausgestaltung sowie einheitlicher Materialität ein wichtiges Bindeglied zur Bestandsbebauung darstellen sollten. Im Widerspruch hierzu musste aus Gründen der Wirtschaftlichkeit eine bis zu dreigeschossige Büro- bzw. Wohnnutzung der Dachräume mit den entsprechenden Belichtungserfordernissen realisiert werden.
Der Einsatz von Gauben und Dachflächenfenstern in gestalterischer Anlehnung an die Fensterausbildungen in den Lochfassaden konnte hier nur Teil der Lösung sein. Die Architekten entwickelten somit ein System, bei dem Belichtungseinschnitte bzw. Dachflächenverglasungen mittels darüber angeordneter Ziegellamellen so in die Dachlandschaft eingebunden werden, dass trotz guter Innenraumbelichtung der Eindruck einer weitgehend geschlossenen Dachfläche erhalten bleibt.
So wurden den Dachgeschosswohnungen im Brunnenstock verglaste Loggieneinschnitte zugeordnet, welche mit einer Lamellenkonstruktion überlagert werden. In den Dachgeschossen des Pfisterstocks wird die Belichtung der Büroflächen hingegen durch vertikale zwischen Traufe und First der Norddachfläche durchlaufende Verglasungsschlitze gewährleistet. Die Ziegellamellen konstruktion erstreckt sich hier über geschlossene und offene Dachbereiche gleichermaßen, so dass für den Betrachter von außen das homogene Bild einer geschlossenen Ziegeldeckung erzeugt wird, während im Inneren angenehm gefiltertes Zenitlicht für eine hervorragende Belichtung der Büroarbeitsplätze sorgt.

Eine Sonderstellung im Ensemble nimmt ein kleinerer Gebäudeteil ein, welcher den Anschluss an das südlich benachbarte Zerwirkgewölbe aus dem 13. Jahrhundert herstellt. Die Zurücknahme des sechsgeschossigen Brunnenstocks auf das eigentliche Hofgeviert lies hier eine Baulücke entstehen, die mit einem modernen Zwischenbau geschlossen wurde. Dieser übernimmt mit deutlich niedrigerer Trauf- und Firstlinie die Volumetrie des historischen Nachbarn im Süden und sucht zugleich mit seiner metallisch leichten Fassadenkonstruktion den bewussten Kon-trast zur steinernen Massivität der „Burg“. Die Wiederbelebung des Alten Hofes als städtebauliche Einheit findet durch diese Maßnahme auch in der Ablesbarkeit von Außen ihre konsequente Fortführung.