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Award / Auszeichnung | 07/2017

DGNB Preis „Nachhaltiges Bauen" 2017

Rathaus Bissendorf

DE-49143 Bissendorf, Kirchplatz

Nominierung

blocher partners GmbH

Architektur

Gemeinde Bissendorf

Bauherren

Ingenieurbüro Dr. Ehlers - Unland

Tragwerksplanung

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Staatliche und kommunale Bauten

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Fertigstellung: 01/2015

Projektbeschreibung

blocher partners schufen für die Bürger von Bissendorf ein lebendiges Zentrum und zugleich einen soliden Rahmen für die Politik.

Das nach Plänen von blocher partners gebaute Rathaus in Bissendorf wurde mehrfach ausgezeichnet. Nach dem Gewinn des German Design Awards, des Iconic Awards, der Finalteilnahme beim Niedersächsischen Staatspreis sowie der Nominierung für den Mies-van-der-Rohe-Preis, Fritz-Höger-Preis und dem DGNB-Preis "Nachhaltiges Bauen" wurde das Projekt 2019 mit dem #BDApreis Niedersachsen ausgezeichnet.

Das Ensemble ist städtebaulich gedacht. Es bildet zwei Stadträume aus, die sich wechselseitig bedingen. Der Bürgersaal mit seinem markanten Satteldach dient dabei als Gelenk und richtet den Blick auf die Kirche. Er fasst den Kirchplatz, der so erstmals wieder als Einheit wahrgenommen werden kann. Rückwärtig, zur Wissinger Straße, liegt ein terrassierter Bürgergarten, dessen feine Bänder aus Beton den natürlichen Vorplatz bilden - eine Willkommensgeste gegenüber Besuchern.
blocher partners schufen für die Bürger von Bissendorf ein lebendiges Zentrum und zugleich einen soliden Rahmen für die Politik. Sie formulierten den Bürgersaal als Archetyp: Satteldach, offenes Tragwerk und gerade vier Materialien - Eiche, Sichtbeton, Klinker und Zinkdach. Der Bürgersaal greift die Typologie des niederdeutschen Hallenhauses auf, einer Scheune mit großen Fassadenfenstern an den Giebelseiten, die als robuster Arbeitsraum dient und offen ist für ihre Umgebung.

Zwölf Meter hoch geht der Blick, direkt unter den Dachstuhl. Die klare Gliederung des Innenraums unterstreicht den öffentlichen Charakter des Hauses; seine sorgfältig verarbeiteten Materialien, Sichtbeton und helle Eiche, ergänzen sich perfekt. Dann setzt die Wärme des Holzes ein, das den Raum umfließt: Eiche findet sich in Türblättern, Parkett, Fenstergewänden und Schrankverkleidungen. Schließlich blickt man hinaus, durch bodentiefe Fenster, die sich zum Platz öffnen. Hier wird nicht fern der Bürger entschieden, sondern mitten in der Gemeinschaft. Und so zeigt sich das Haus in seiner Doppelrolle: Transparenz und Offenheit sind selbstverständlich in einen Bau für die Demokratie eingeflossen, aber auch ein gutes Stück Solidität.

Wohlfühlen braucht Miteinander. Das neue Ensemble schafft genau das - die Basis für vielfältige Aktivitäten. Es strahlt Wertigkeit aus, die über den Tag hinausgeht. Und plötzlich ist er wieder da, der funktionierende Ortskern, mitten in Bissendorf.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt „Bauen für die Gemeinschaft“ gibt dem Ort Bissendorf in der Landschaft rund um Osnabrück, dessen Ortskern bislang allein durch den spitzen Turm der St.-Dionysius-Kirche markiert wurde, ein Gesicht.

Mit nur zwei neuen Gebäuden – dem langgestreckten Riegel des Rathauses und einem Bürgersaal – ist es gelungen, dem Ort eine tatsächliche, lebendige Mitte zu geben. Die präzise gesetzten Volumina formulieren einen schönen neuen Platz vor der Kirche, dessen Sitzbänke zum Verweilen einladen. Auch der nördlich gelegene Bürgergarten und der Platz zwischen den beiden historischen Gebäuden, die das Rathaus flankieren, stützen das Konzept der Verflechtung von räumlichen Bezügen und neuer Aufenthaltsqualität in der Ortsmitte. Die schlichte und zugleich elegante Architektur bildet ein würdevolles Ensemble mit der Kirche und den historischen Gebäuden und bezieht selbst eine gestalterisch nicht besonders gelungene Häuserzeile aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts selbstverständlich mit ein. Selbstbewusst schiebt sich der Bürgersaal in den Kirchplatz. Sein steiler Giebel zitiert die Eigenart niederdeutscher Hallenhäuser, archetypisch in der Gestalt von Bauernhäusern der Umgebung noch präsent, ohne dass es als platte Kopie erscheint. Der luftige, hohe Saal mit seinem sichtbaren Holztragwerk und akustisch wirksamer Holzbekleidung, dient nicht nur den Ratssitzungen, sondern bietet Raum für vielfältige Veranstaltungen, bis hin zu Konzerten und fördert somit Kommunikation und den sozialen Zusammenhalt in der Gemeinde.

So überzeugend schlicht wie das städtebaulich-architektonische Konzept sind die ökologischen Aspekte durchdacht. Dauerhafte, wertige Materialien aus überwiegend regionaler Produktion sichern Langlebigkeit. Die Klinker für die Ziegelfassade wurden in einer Manufaktur der Umgebung gefertigt. Eine klimatisch günstige Gebäudehülle gepaart mit einfacher Anlagentechnik sichert einen geringen Primärenergiebedarf und überschaubare Unterhaltungskosten. Mit geringem Flächenverbrauch und einem kompakten Volumen wurde Wert auf ressourcensparendes Bauen gelegt. Diesem Anliegen ist wohl auch die straff gegliederte, zweibündige Anlage der Büroetagen des Rathauses geschuldet. Hier hätte man sich etwas mehr von der Offenheit und Kommunikationsfreude, die das neue Rathaus nach außen ausstrahlt, gewünscht.

Das Wesentliche aber ist: Die neue Ortsmitte von Bissendorf ist ein sehr gelungenes Beispiel für die Stärkung von Ortszentren im ländlichen Raum. Vitale ländliche Gemeinden, mit eigenen kulturellen Angeboten, einer eigenen Identität und eigener Wirtschaftskraft, die nicht zu reinen Vororten von größeren Städten verkommen, sind ein wertvoller Beitrag zu einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung. So werden vorhandene Infrastrukturen stabilisiert, Pendlerverkehre und der Wachstumsdruck auf Metropolen verringert und eine polyzentrische, vernetzte Raumentwicklung gefördert. Daher wählt die DGNB Jury das Projekt „Bauen für die Gemeinschaft“ unter die Nominierten für den diesjährigen DGNB Preis „Nachhaltiges Bauen“.