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Award / Auszeichnung | 09/2017

ARCHITEKTURPREIS DER STADT LEIPZIG ZUR FÖRDERUNG DER BAUKULTUR

Innenraum

Innenraum

Judohalle Holzhausen

DE-04288 Leipzig

Preis

Schoener und Panzer Architekten BDA

Architektur

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Sport und Freizeit

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 07/2016
    Fertigstellung: 10/2016

Projektbeschreibung

Der Judo Holzhausen e.V. konnte 2015 eine ursprünglich als Heizhaus genutzte Lagerhalle erwerben, die Ende der 60er Jahre in DDR-Typenbauweise im Osten Leipzigs errichtet wurde. Die ungedämmte und in Betonbauweise errichtete Halle wurde unter engen wirtschaftlichen Zwängen energetisch ertüchtigt und für den Trainingsbetrieb des Judovereins ausgebaut.

Die dreiseitig anschließende Nachbarbebauung der Halle forderte eine Innendämmung der Wände, lediglich das Dach konnte von außen gedämmt werden. Aus dieser Rahmenbedingung entstand die Chance, das äußere Erscheinungsbild der Halle unverändert beizubehalten und im Gebäudeinneren einen spannungsvollen Dialog zwischen der bestehenden Struktur und dem neuen Einbau entstehen zu lassen.

Für den Ausbau der Halle kamen fast ausschließlich Komponenten aus Holz oder Holzwerkstoffen zum Einsatz. Damit wurde einerseits das Ziel einer ökologischen und umweltschonenden Bauweise auch an der Oberfläche sichtbar gemacht, andererseits konnten damit die äußerst engen Budgetgrenzen eingehalten werden.

Die Dämmebene wurde auf der Innenseite der Betonfertigteilfassade durch eine Zelluloseflockung projektiert, die zwischen Außenwand und Dampfsperre eingeblasen wurde. Die Gefache wurden durch Universalfassadenexpander erstellt, die die verwendeten Holzquerschnitte auf ein notwendiges Minimum reduzieren und Unebenheiten der bestehenden Betonkonstruktion nivellieren.

Die raumhoch ausgeführte Verkleidung mit einfachen, weiß lasierten Fichtensperrholzplatten, die weitgehend in ihren werkseitigen Maßen eingebauten wurden, konnte im unteren Bereich durch das Hinterlegen mit Filzstreifen als Prallwandkonstruktion ausgeführt werden. Das von oben gedämmte und zur natürlichen Belichtung und Belüftung mit Lichtkuppeln ertüchtigte Dach lässt die bestehende Kassettendecke und die Hauptträger im Raum wirken, lediglich die äußere Kassette wurde, um eine Flankenwirkung zu erzielen, ebenfalls von innen gedämmt.

Der Sportboden besteht aus einem auf Wärmedämmung gelagerten Holzschwingboden und einer 20 mm starken Eichenparkettschicht. Der komplette Bodenaufbau wurde in einer anderen Leipziger Sporthalle nicht mehr für sanierungsfähig befunden, unter Mithilfe der Architekten und Bauherren ausgebaut, aufgearbeitet und in der Judohalle wieder eingebaut. Der äußerst hochwertige und dennoch preiswerte Sportboden steht damit symbolhaft für die Rezyklierbarkeit und Langlebigkeit des Werkstoffes Holz.

Für das Wandbild, das den Gründer des Judosports, Kano Jigoro, darstellt, wurden die Sperrholzplatten partiell mit einer Lochfräsung ausgeführt. Das Bild wurde von den Architekten entwickelt und in der Werkstatt für behinderte Menschen der Leipziger Lebenshilfe hergestellt.

Insgesamt wurde das Projekt innerhalb des Budgets von 125.000,- EUR brutto umgesetzt, 2017 wird die Halle mit einem Erweiterungsbau ergänzt, der als Funktionsgebäude Umkleide- und Sanitärbereiche sowie einen Kraftraum umfasst.

Beurteilung durch das Preisgericht

Was erwarten wir, wenn wir in ein Gewerbegebiet in der Peripherie fahren, das sich als etwas desolat herausstellt, ohne übergeordneten Plan immer weiter gebaut, so wie es die Bedarfe eben forderten? Wir werden unsere Erwartungshaltungen revidieren müssen, denn nach längerem Suchen fanden wir in Leipzig Holzhausen ein Kleinod.

Den Architekten ist es gelungen, in sehr enger Zusammenarbeit mit einem Judoverein als Auftraggeber und mit einem noch engeren Kostenkorsett einen Raum zu schaffen, der Kokon für die Kinder und Jugendlichen ist, die ihn nutzen, Attraktor für das Umfeld und damit Vorbild für so viele desolate Orte, denen ähnliche Entwicklungen bisher versagt blieben.

In einer dreiseitig eingebauten Halle, die Ende der 1960er Jahre als Typenbau errichtet wurde und als Heizhaus diente, entdeckten die Architekten und Bauherren Potenzial und schufen einen Raum, der aus dem Spannungsfeld des rohen Bestands und einfacher, reduzierter, aber im Detail liebevoll gestalteter Einbauten seine Kraft schöpft. Aus der Not, nicht außen dämmen zu können, wurde eine Tugend gemacht, indem innen eine gedämmte Schicht aus lasierten Sperrholzplatten eine zweite Haut schafft. Eingearbeitet in diese Haut ist als feine Perforation das Konterfei des Judo-Begründers Kano Jigoro. Hergestellt wurde diese Fräsung von einer Werkstatt für Behinderte. Der Fußboden wurde in einer anderen Leipziger Sporthalle als nicht mehr sanierungsfähig ausgebaut und hier
aufgearbeitet wieder eingebaut. Upcycling von Materialien und Kooperationen mit anderen Trägern trugen so maßgeblich zum Gelingen des Projekts bei. Mit reduzierteren Mitteln lässt sich Identifikation mit einem Raum kaum schaffen.

Das Projekt hat Vorbildcharakter, wie mit wenig Mitteln und umso mehr Wille und Engagement aller Beteiligten im Verborgenen Architektur entstehen kann. Architektur wird hier als Technik des Sozialen, als Technik der Gesellschaft greifbar.
Innenraum

Innenraum

Innenraum

Innenraum

Innenraum

Innenraum

Detail Tor

Detail Tor

Innenraum Bestand

Innenraum Bestand

Grundriss und Klappansichten

Grundriss und Klappansichten

Detail Lochfräsung

Detail Lochfräsung