Award / Auszeichnung | 09/2017
ARCHITEKTURPREIS DER STADT LEIPZIG ZUR FÖRDERUNG DER BAUKULTUR
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Grundschule und Hort forum thomanum - Blick Schreberstraße
Grundschule und Hort in Leipzig - Neue Bausteine im Campus forum thomanum
DE-04109 Leipzig, Schreberstraße 5-7
Preis
Architektur
Mathes Beratende Ingenieure GmbH
Tragwerksplanung
Projektdaten
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Gebäudetyp:
Schulen
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Projektgröße:
4.055m² (geschätzt)
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Status:
Realisiert
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Termine:
Baubeginn: 01/2016
Fertigstellung: 01/2017
Projektbeschreibung
Der neue Stadtbaustein Schule ist als kompaktes, minimales Volumen auf dem städtebaulichen Abdruck der ehemaligen anglikanischen Kirche platziert. Die erdgeschossige Transparenz der Komposition aus Schulneubau und Verbindungshalle wird als eine Geste gelesen, welche diese Bauteile vom Erdboden enthebt. Es werden verschieden artikulierte Höfe generiert, Schulhof und Schulgarten, die der Maßstäblichkeit des Campusgeländes angemessen sind. Der Hauptzugang zum Schulgelände erfolgt über den Schulhof durch die verbliebene Außenwand des im Krieg zerstörten Pfarrhauses.
Das um eine Etage aufgestockte ehemalige Gemeindehaus der Lutherkirche beherbergt die Horträume. Formensprache und Ornamentik der Gründerzeit sind direkte Nachbarn der klaren Struktur und der zeitgenössischen, regional inspirierten Materialität des einfachen Schultypus, während Farbigkeit und klassische Eleganz beider Gebäude die gestaltete Einheit verkörpern.
Wenige Materialien in ortsgerechter, handwerkertauglicher Konstruktion, prägen die Oberflächen. Die vertikal gebürstete Putzstruktur der Fassaden steigert als ‚Ge-Wand‘ die Plastizität der Gebäudegruppe. Umlaufende Glasfassaden als Pfosten-Riegel-Konstruktion im Erdgeschoss des Neubaus stellen in sämtlichen Räumen den Bezug zur Umgebung her. Sie ermöglichen über ihr Reflexionsvermögen die Abbildung des angrenzenden Straßenbildes.
Die konsequente Grundrissgliederung erhöht im Zusammenspiel mit dem einfachen Farbkonzept die Identifizierbarkeit der Räume. Dadurch wird eine Erleichterung der Orientierung erreicht, mit Blickbezügen in den Campus. In der Schule sind flexibel nutzbare Lernräume in U-Form entlang der Gebäudehülle um die mehrgeschossige Halle mit großer zentraler Freitreppe angeordnet. Alle Räume sind miteinander verbunden.
Als eine Art „leere Leinwand“ sind sämtliche Innenräume und Ausstattungen der Gebäude hochwertig und zurückhaltend gestaltet. Wie ein Werkzeug bieten die Gebäude den Kindern in ihrer Unaufdringlichkeit Raum zur Selbstverwirklichung. Die Farben beschränken sich in der Schule weitgehend auf schwarz und weiß. Im Gegensatz zu dieser ruhigen Atmosphäre stellt das differenzierte Raumangebot des Hortgebäudes mit dezent eingesetzten Pastellfarben den Kindern in der schulfreien Zeit unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten bereit.
Beurteilung durch das Preisgericht
Der Neubau wahrt mit seinen klassisch-modernen Formen dagegen Eigenständigkeit gegenüber seinem Nachbarn, bildet aber mit ihm zugleich ein Ensemble. Der mit einem gläsernen Gang angeschlossene Dreigeschosser mit Flachdach verzichtet auf vordergründige Analogien in der Gliederung, bleibt aber maßstäblich und unaufdringlich. Die handwerkliche Bürstung des Putzes verleiht ihm Lebendigkeit und Plastizität, umlaufende schwarze Glaspaneele akzentuieren die Sockelzone. Mit dem einheitlichen, hellbeigen Putzton wird die Zusammengehörigkeit der beiden Bauten betont.
Der Neubau kommt ohne die vermeintlich kindergerechten knalligen Farben aus, wie sie an den Schulen der letzten Jahre verbreitet sind. Für Farbe sorgen hier die Kinder, die die Paneele auf der Hofseite bemalen dürfen. Zurückhaltung bestimmt auch die in Weißtönen gehaltenen Innenräume, die u-förmig um eine großzügige Halle mit Freitreppe angeordnet sind. An deren Gestaltung haben die Schüler mit eigenhändigen Beschriftungen und Piktogrammen mitgewirkt.
Wegweisend ist auch die Baukonstruktion. Während andere Schulneubauten fast ausnahmslos mit Styroporpaketen verpackt sind, die kaum einen Fußtritt aushalten und wahrscheinlich bald als Sondermüll entsorgt werden müssen, kam hier zweischaliges Ziegelmauerwerk von 70 cm Stärke zum Einsatz, das für Haltbarkeit, gesundes Raumklima und zugleich hervorragende Energiewerte sorgt. Große Schiebefenster ermöglichen regelmäßige Lüftung, auf störanfällige Anlagentechnik wurde verzichtet. Ein Zeichen der Nachhaltigkeit setzt auch der Erhalt der Außenmauer des im Krieg zerstörten Pfarrhauses, die den Schulhof einfasst.
Das in einem überschaubaren Kostenrahmen verwirklichte Projekt setzt Qualitätsmaßstäbe für neue Schulen und Kindertagesstätten – und damit für eine der
wichtigsten Bauaufgaben in der wachsenden Stadt Leipzig.
©W&V Architekten
Grundschule und Hort forum thomanum - Schulhof
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Grundschule und Hort forum thomanum - Blick Schreberstraße
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Grundschule und Hort forum thomanum - Hinterhof
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Grundschule und Hort forum thomanum - Eingang Grundschule
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Grundschule und Hort forum thomanum - Halle Grundschule
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Grundschule und Hort forum thomanum - Halle Grundschule
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Grundschule und Hort forum thomanum - Werkraum Grundschule
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Grundschule und Hort forum thomanum - Halle Grundschule
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Grundschule und Hort forum thomanum - Lore-Kirchhoff-Saal Hort
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Gemeindehaus Lutherkirche - vor Umbau