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Award / Auszeichnung | 04/2017

umsicht – regards – sguardi 2017

Wohn- und Gewerbesiedlung Kalkbreite

CH-8003 Zürich, Kalkbreite 6

Engere Wahl

Müller Sigrist Architekten

Architektur

Baugenossenschaft Kalkbreite

Bauherren

Stadt Zürich

Bauherren

Dr. Lüchinger + Meyer Bauingenieure AG

Bauingenieurwesen

IBG Engineering

TGA-Fachplanung

Sertis engineering

Bauingenieurwesen

3-Plan Haustechnik AG

TGA-Fachplanung

Makiol Wiederkehr AG

Bauingenieurwesen

BWS Bauphysik AG

Bauphysik

freiraumarchitektur gmbh

Landschaftsarchitektur

b+p baurealisation ag

Projektsteuerung

pkag Paul Keller Ingenieure AG

Bauingenieurwesen

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Wohnungsbau

  • Projektgröße:

    25.950m² (geschätzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2012
    Fertigstellung: 01/2014

Projektbeschreibung

Mikrokosmos über dem Tramdepot
Eine Wohn- und Gewerbesiedlung über einem Tramdepot wäre schon einzigartig genug. Doch das Bauwerk löst weitere besondere Forderungen des Bauprogramms ein.

Lebendiger Wohn- und Gewerbemix
Mit einer Überdeckelung der zentral gelegenen Tram-Abstellanlage wurde schon 1975 geliebäugelt. Doch erst 2007 bekam die neu gegründete Genossenschaft Kalkbreite das Baurecht dafür. Sie wollte auf dem Areal unterschiedliche Wohnformen mit einem lebendigen Gewerbemix verbinden. Entstehen sollte ein neuer städtischer Knotenpunkt nach hohen ökologischen und sozialen Massstäben.

Schillerndes Farbspektrum
Wir haben rund um die Tramanlage eine vieleckige, abgetreppte Blockrandbebauung entworfen. Der Innenhof auf dem Dach der neuen Tramhalle ist öffentlich zugänglich. Weitere unterschiedlich gestaltete Dachgärten sind den Genossenschaftern vorbehalten. Der Fassadenputz schillert in einem Farbspektrum von Orange bis Türkis.

Innere Ringstrasse
Das Raumprogramm hatte es auch in sich: 88 Wohnungen mit bis zu 9,5 Zimmern, 10 zumietbare Jokerräume, diverse Gemeinschaftsflächen sowie 20 Kultur-, Gastronomie-, Detailhandel und Dienstleistungsräume für 230 Bewohner und 200 Arbeitsplätze. Die Kleinwohnungen und die geminschaftlichen Räume haben wir entlang eines Mittelgangs angeordnet, der «Rue intérieure», die ringartig durch das Gebäude verläuft.







Bauherrschaft
Wohn- und Gewerbebau : Genossenschaft Kalkbreite
Tramhalle: Stadt Zürich

Architektur: Müller Sigrist Architekten, Zürich;
Mitarbeit: Pascal Müller, Grit Jugel, Johannes Maier (PL), Lea Berger, Gisella Chacon, Sabine Scheler

Baumanagement: B&P Baurealisation, Zürich
Bauingenieur: Dr. Lüchinger und Meyer, Zürich
Elektroplanung: IBG Graf Engineering, Winterthur
Sanitärplanung: Sertis Engineering, Zürich
HLK-Planung: 3-Plan Haustechnik, Winterthur
Holzbauplanung: Makiol und Wiederkehr, Beinwil am See
Bauphysik: BWS Bauphysik AG, Winterthur
Landschaftsarchitekt: Freiraumarchitektur, Luzern
Farbgestaltung: Jörg Niederberger, Niederrickenbach

Anlagekosten total (inkl. MWSt.)
Wohn- und Gewerbebau: CHF 63.5 Mio.
Tramhalle CHF 11.5 Mio

Gebäudevolumen (SIA 416)
Wohn- und Gewerbebau: 76'230 m3 (ohne UG: 66'620 m3)
Tramhalle: 25'859 m3

Geschossfläche (SIA 416):
Wohn- und Gewerbebau: 22'900 m2
Tramhalle: 3'050 m2

Energie-Standard / Label: Minergie-P-Eco
Wärmeerzeugung: Zentrale Grundwasser-Wärmepumpe mit Fernleitung zu den einzelnen Unterstationen.
Termine: Wettbewerb 2009, Planung 2009-11, Bau 2012-14, Bezug Frühjahr 2014

Beurteilung durch das Preisgericht

Auf der gegenüberliegenden Strassenseite des Haupteingangs des Wohn- und
Gewerbebaus Kalkbreite in Zürich befindet sich ein anonymes Bürogebäude aus
den 1970er Jahren, dessen Erdgeschoss keine öffentlich zugänglichen Nutzungen aufweist – ein von der Strasse abgewandtes Gebäude, das es in keiner
Weise schafft, einen Beitrag zur Qualität des urbanen Raums zu leisten. «So
dürfe man es nicht machen», erläutern die Architekten des Wohn- und Gewerbebaus Kalkbreite in Zürich, denen es mit ihrem Projekt gelungen ist, dieses seit Jahrzehnten verlassene Teilstück der Badenerstrasse wieder zu beleben. Mit einem kräftigen urbanen Block konnte ein Nicht-Ort in einen lebendigen Ort verwandelt werden, mit einem Bau, dessen Erdgeschoss, einschliesslich Mezzanin und den darüber liegenden Gewerberäumen, eine ganze Palette publikumsorientierter Nutzungen aufzunehmen vermag (Bioladen, Restaurant, Kino, wie auch eine Geburts- und Ärzteklinik).

Doch das neue Gebäude leistet vieles mehr. Zum einen befinden sich auf Strassenniveau, gewissermassen im Kern der Anlage, ein Tramdepot der Zürcher Verkehrsbetriebe wie auch eine in ihren Ausmassen beträchtliche Transformatorenstation des Elektrizitätswerks der Stadt Zürich – namentlich zentrale Bestandteile der städtischen Infrastruktur. Zum anderen nehmen die fünf oberen Geschosse, die einen öffentlich zugänglichen Hof umspannen, Wohnungen unterschiedlicher Grösse und Typologie auf, wie auch eine Reihe von Einrichtungen für den kollektiven Gebrauch: Waschküche, Bibliothek, Pension, Saal, Werkstatt, Gemüsegarten, etc.

Während normalerweise Infrastruktur und Architektur als voneinander getrennte Bereiche behandelt werden, zeigt das Projekt eine mögliche Lösung auf, wie diese miteinander verknüpft werden können, wohl die anspruchsvollste technische Herausforderung des Vorhabens, dem es gelingt, mit einer Tragstruktur aus Beton die Lasten auf geschickte Art abzutragen und dies ohne die gesetzlich vorgeschriebenen Vibrations- und Schallgrenzwerte zu überschreiten.

Als ob das nicht genug wäre, leistet das Projekt einen Beitrag zum gemeinnützigen, genossenschaftlich organisierten Wohnungsbau. Die Anlage umfasst 100 Wohnungen für 250 Bewohner/Innen und bietet Arbeitsplätze für weitere 200 Personen. Eine Reihe von baulichen und organisatorischen Massnahmen wurden eingeführt, um das gemeinschaftliche Leben zu fördern, wobei insbesondere das Erschliessungssystem, dessen Rückgrat als «Rue intérieure» konzipiert wurde, alle Klein- und Grosswohnungen miteinander verbindet.
Zusätzlich werden so genannte «Joker-Zimmer», nämlich Räume ohne vorbestimmte Funktion, angeboten, die allen Bewohnerinnen und Bewohnern zur Verfügung stehen. Eine zentrale Funktion im Leben der Bewohner/Innen nimmt zudem der sogenannte «Gemeinderat» ein – eine wichtige Kommunikations-Plattform zur Förderung des sozialen Zusammenhalts.

Nur teilweise bewährt hat sich dagegen die Konzeption des höherliegenden Hofbereichs als durchlässige Erweiterung des öffentlichen Raums. Anders als zunächst angestrebt
kann auf die Abschliessbarkeit des Hofs nicht verzichtet werden. Dies entspricht zwar seinem Charakter als halböffentliche Gemeinschaftsfläche. Zugleich werden die Widersprüche in der Adressbildung der Wohnanlage offengelegt.

Der Wohn- und Gewerbebau Kalkbreite stellt insgesamt einen Versuch dar, vielfältige Ansprüche und Widersprüche der heutigen Gesellschaft miteinander zu verbinden, allen Widerständen zum Trotz. Den Verfassern und Bauträgerschaften gelingt es, gesellschaftliche, ökonomische und technologische Anforderungen in einer robusten und von Qualitäten geprägten Architektur räumlich und tektonisch umzusetzen.