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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2018

Stadtquartier Jettenhauser Esch in Friedrichshafen

Lageplan M 1:500

Lageplan M 1:500

Anerkennung

Preisgeld: 9.000 EUR

GIES ARCHITEKTEN BDA

Architektur

Erläuterungstext

LEITIDEE
Leitbild für das Bebauungskonzept ist die Verknüpfung von baulicher Dichte und einer hohen Wohn- und Freiraumqualität.
Das städtebauliche Ordnungsprinzip orientiert sich am klassischen Muster von Block und Straße. Dieses einfache Grundgefüge gibt dem neuen Quartier seine eigene Identität. Es erlaubt eine Vielfalt von Differenzierungen im Detail und Anpassungen an spezifische Situationen und funktionale Erfordernisse.

BEBAUUNGSTRUKTUR
Zu Blöcken gruppierter Geschosswohnungsbau bildet den wesentlichen urbanistischen Baustein des neuen Quartiers. Jeder dieser Blöcke steht auf einem eigenen Sockel, der Tiefgaragen und Abstellräume aufnimmt. Die Gebäude umschließen Wohnhöfe, die von der Nordseite ebenerdig an den Straßenraum anschließen. Da das Gelände des Baugebiets ein Gefälle nach Süden aufweist, ergeben sich Terrassierungen und auf der Südseite der Blöcke Höhenversätze zur Straße, in die TG-Einfahrten, Fahrrad-Stellplätze und andere Nebenräume eingelassen sind. So entstehen dort, wo der Blockrand sich am weitesten öffnet, um die Besonnung der Höfe zu optimieren, auf Straßenebene durchgängige räumliche Fassungen, die die Raumkanten der Blöcke unterstreichen.
Die Höfe sind halböffentliche, thematisch differenzierte Freiräume zur gemeinschaftlichen Nutzung der Anwohner. Auch die Kleinkinderspielplätze können hier in Sichtweite der Wohnungen angelegt werden.
Nord-Süd- und Ost-West-Zeilen mit Eigentumswohnungen und viergeschossige Punkthäuser mit geförderten Mietwohnungen sind die Bautypologien, die in jedem der Blöcke vorzufinden sind. Es entsteht so eine typologische und soziale Durchmischung auf Blockebene.
Parzelle-Block-Straße-Platz: Das neue Quartier ist in seiner räumlichen Struktur hierarchisch gegliedert durch ein einfaches Ordnungsgerüst, das Orientierung vermittelt und zur Verstehbarkeit von Architektur und Freiraum beträgt.
Für die Schallschutzbebauung am Südrand wird das „Hofthema“ aufgegriffen und variiert.
Reihen- und Doppelhäuser sind auf einem Bebauungstreifen im Westen platziert. Die städtebauliche Dichte an der Nahtstelle zur angrenzenden Bestandsbebauung bleibt moderat, die Übergänge zwischen den verschiedenen Bauformen sind fließend.

ERSCHLIESSUNG UND FREIRÄUME
Die Erschließung des Quartiers für den motorisierten Verkehr erfolgt über eine als C-förmige Schlaufe ausgebildete und an die Susostraße angebundene Quartiersstraße. Da alle Tiefgaragen von dort aus anfahrbar sind, kann der überwiegende Teil des Wegenetzes frei bleiben von Autoverkehr.
Alle Hauseingänge sind zum öffentlichen Raum hin orientiert, so dass die Adressbildung unterstützt wird. Die Erschließungskerne der Geschosswohnbauten sind ausnahmslos über Tiefgaragen von überschaubarer Größe erreichbar. Alle Wohnungen sind barrierefrei erschlossen.
Das Wegenetz verzahnt das Quartier in alle Richtungen mit der Umgebung. Wegeachsen werden von Baumreihen und Retentionsflächen für Regenwasser begleitet.
Eine besondere Rolle kommt dabei einer Achse zu, die als Promenade von Nord nach Süd mittig durch das neue Quartier läuft und nicht nur das Wettbewerbsgebiet selbst, sondern auch das nördlich angrenzende alte Jettenhausen an den überörtlichen Grünzug im Süden anbindet. Die Promenadenachse ist das Rückgrat des neuen Quartiers: Vom geplanten Lebensmittelmarkt im Norden über den Platz bis zum trapezförmig aufgeweiteten Übergang zum Park mit den dort eingestreuten Sportflächen und dem Radschnellweg sind hier wichtige und attraktive Funktionen aufgereiht.

QUARTIERSPLATZ
An der Schnittstelle der Promenade mit der Straßenschlaufe ist der Quartiersplatz als urbaner Mittelpunkt und zentraler Treff- und Begegnungsort für alle Generationen angelegt. Die Bushaltestelle an der Susostraße ist auf kurzem Weg zu erreichen.
Der Platz wird allseitig von Gebäuden gefasst. Auf der Ostseite steht als markanter Solitär ein sechsgeschossiges Punkthaus, das im Erdgeschoss die geforderten Sondernutzungen TigeR-Gruppe und Clubraum aufnimmt. Der Freisitz des Clubraums geht auf den Platz, die Freispielfläche der TigeR geschützt nach Osten. Die Wohngruppe liegt im 1. OG mit Blickbezügen auf Platz, Straße und Kinderspielbereich.

WOHNEN
Das Gros der Wohnungen ist zwei- oder dreiseitig orientiert und gut besonnt. Lediglich einige wenige kleinere Wohnungen, die in 3-Spännern liegen, sind einseitig nach Süden orientiert. Natürliche Belüftung und Belichtung wird generell ermöglicht, auch für Küchen und Bäder. Die Zuschnitte der Grundrisse erlauben Varianten in der Möblierung und sind damit auf Veränderungen in der Belegung vorbereitet.
Den EG-Wohnungen sind Gärten zugeordnet. Die Flachdächer können bei Bedarf als Dachgärten der Hausgemeinschaft zugänglich gemacht werden.
Das städtebauliche Konzept erhebt den Anspruch sich in allen Bautypologien für spezifische Konzepte, Organisationsformen und Trägerschaften (Mehrgenerationenhäuser, Baugruppen, Genossenschaftsmodelle und andere Wohnprojekte) zu eignen. Diese Offenheit gehört zu den elementaren Prinzipien des Entwurfs, zum einen weil eine Durchmischung zur Lebendigkeit des neuen Quartiers beiträgt, zum anderen damit beim Vertrieb der Immobilien flexibel auf die Nachfrage reagiert werden kann.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Quartier entwickelt sich um einen mittig und zentral gelegenen Quartiersplatz, der mit einem schattenspendenden Baumdach ausgestattet ist und eine gute Dimension aufweist.
Durch kleine Treppenanlagen im Süden wird gewährleistet, dass der Platz in die Horizontale gehoben werden kann und vielfältigen Nutzungen offen steht. Der Blick auf ein kleines Wasserspiel verspricht eine Attraktion für Bewohner und Besucher. Zusätzlich werden hier eine Bäckerei und ein Tagescafé angeboten. Der zentrale Quartiersplatz ist richtig gesetzt und gut proportioniert. Er verleiht dem Quartier Identität und Ausstrahlung. Die Vorschläge der Verfasser lassen einen öffentlichen Raum mit guter Aufenthaltsqualität erwarten.
Der Quartiersplatz wird nur im Norden von der Erschließung tangiert. Zwei Grünzüge treffen mit einer Fuß‐ und Radwegerschließung von Norden und Süden auf den Platz. Eine grüne Promenade führt stringent durch das Quartier und verbindet das alte Jettenhausen in angemessener Weise mit dem geplanten Grün auf dem Deckel der B 31 neu.
Die Dimensionierung und Anordnung der Freiräume lässt eine qualitätsvolle Freiraumentwicklung erwarten. Die in einigen Wohnhöfen fehlenden privaten Gartenflächen schränken die Wohnqualität im Erdgeschoss ein, da die Privatbereiche hier ungeschützt der Einsehbarkeit preisgegeben sind.

Die städtebauliche Anlage wird durch ein 6‐geschossiges Punkthaus östlich des Quartiersplatzes akzentuiert. Im EG liegen Clubraum/Tagescafé, TigeR‐Gruppe und Spielmöglichkeiten. Dieses Angebot wird als logisch und richtig bewertet.
Gut erschlossene und angemessen dimensionierte Gebäude umschließen eben gestaltete Wohnhöfe, wodurch nach Süden ein Sockel entsteht, der geschickt für TG‐Zufahrt und Nebenräume für Müll und Fahrradstellplätze genutzt wird. Sämtliche TG‐Zufahrten sind zur Erschließungsstraße orientiert. Teilweise findet man sie in den Sockeln. Die Fuß‐ und Radwege sind gut an das bestehende Wegenetz angebunden.

Die Wohngrundrisse sind im Wesentlichen gut gelungen und lassen sich noch leicht modifizieren bzw. bei den im Süden gelegenen Schallschutzgebäuden anpassen.

Obwohl die Körnung der Bebauung nach Westen hin richtig gewählt wurde, erscheint die Anordnung der Doppel‐ und Reihenhäuser eher zufällig. Die Erschließung mit stichförmigen Wohnwegen ist wenig übersichtlich. Hier wäre eine klarere Struktur zur besseren Orientierung wünschenswert.
Der an der Südostecke vorgeschlagene Gebäuderiegel wird kritisch gesehen. An dieser Stelle wäre eine stärkere Ausprägung des Quartierseingangs wünschenswert. Insgesamt ergibt sich aber durch klar strukturierte Erschließung aber eine gute und eindeutige Adressbildung.

Für die Planung des Nahversorgers ziehen die Verfasser teilweise Grundstücke außerhalb des Plangebiets heran. Die Parkierung erfolgt im Norden zur Pacellistraße. Das im Osten angeordnete Kopfgebäude wertet die Struktur des Bestandsgebäudes nicht auf.

Von den westlichen und nördlichen Frischluftströmen dürfte nur das westliche Quartier mit der Doppelhaus‐ und Reihenhausbebauung gut durchdrungen werden. Die verdichte Bebauung im mittleren und östlichen Quartier mir ihren gefangenen Höfen behindert hingegen die Durchlüftung und dürfte sich an strahlungsreichen Tagen zudem stark aufwärmen. Von Süden kann an solchen Tagen die emissionsbelastete Luft von der B31 gut in das Wohnquartier eindringen.
Allgemein gilt, dass durch eine wirksame Durchgrünung des neuen Wohngebiets mit ausreichenden Verdunstungsflächen eine sommerliche Aufheizung vermieden werden muss – auch, um die Verkehrsemissionen nicht in das Baugebiet zu leiten.

Die geplanten Retentionsanlagen liegen mitten im Plangebiet. Damit wäre lediglich der nordwestliche Abschnitt zu entwässern. Außerdem entsprechen Größe und Anordnung der Anlagen nicht den Anforderungen an eine Retention. Im südöstlichen Teil kann keine Retentionsfläche angeordnet werden. Die vorgesehene Bebauung lässt dies nicht zu. Die Schmutzwasserentwässerung in Richtung Süd scheint grundsätzlich möglich.

Die Gebäudeteile der 1. Bebauungsreihe werden durch Glaswände geschlossen und ermöglichen dadurch ruhige Innenhöfe. Die Seitenfassaden und die Gebäude in der zweiten Reihe erfahren einen nicht unerheblichen Schalleintrag durch die nicht geschlossenen „Schneisen“. Die notwendigen Lärmschutzwände, um den vorgesehenen mittigen Spielbereich zu schützen, fehlen im Entwurf. Für das östliche Eingangsgebäude ist kein Schallschutz vorgesehen – es ist bisher nicht in das Konzept eingebunden.

Insgesamt legen die Verfasser einen interessanten städtebaulichen Entwurf vor, der hochwertiges Wohnen in einem maßstäblichen Quartier ermöglicht.
Quartiersplatz M 1:200

Quartiersplatz M 1:200

Schnitt M 1:200

Schnitt M 1:200

Perspektive Quartiersplatz

Perspektive Quartiersplatz