Es ist ein trauriger historischer Rekord: Knapp 500.000 Betriebe meldeten im März 2020 Bedarf an staatlicher Unterstützung für die Lohnzahlung. Soviel Anträge auf Kurzarbeit gab es in Deutschland noch nie. Betroffen sind kleine, mittlere und große Unternehmen, die wegen der massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens ihre Arbeit reduzieren oder ganz einstellen mussten. Erste Schätzungen gehen von gut 12 Millionen Arbeitskräften in Kurzarbeit aus, ein sichtbarer Anstieg der Arbeitslosigkeit scheint vor diesem Hintergrund nur noch eine Frage der Zeit zu sein.

Gibt es in solchen Zeiten überhaupt noch Neueinstellungen? Und was geschieht mit den HR-Strategien in der Planerbranche, die seit Jahren mit dem Fachkräftemangel ringt?

Viele Büros hätten das Thema Personalgewinnung tatsächlich erst einmal auf Eis gelegt, berichtet die HR-Beraterin Desiree Behrens, die schwerpunktmäßig in Süddeutschland tätig ist. Sie registrierten gerade entsetzt, wie schnell selbst so solide Auftraggeber wie Bosch und Trumpf in die Kurzarbeit gegangen sind. Dass man von einem derartigen Schock als Auftragnehmer unbetroffen bleiben werde, sei nicht zu erhoffen. Statt Einstellungen stehe in einigen Büros tatsächlich gerade das Thema Personalabbau auf der Tagesordnung. „Aber wenn es zu solch schwierigen Schritten kommt, achten Sie unbedingt auf eine positive interne Kommunikation“ warnt Behrens, „die die bleiben, müssen sich sicher und bestätigt fühlen, um mit Ihnen gemeinsam zu kämpfen. Kündigungen senden immer ein massives Signal der Verunsicherung an die gesamte Belegschaft.“

Kurzarbeit sei sicher nicht ideal und bedeute ja auch für die Mitarbeiter*innen weniger Gehalt. „Aber sie ermöglicht, dass Teams, die gut miteinander arbeiten, zusammenbleiben und direkt durchstarten können, wenn die Auftragslage wieder anzieht. „Arbeitgeber sollten nicht vergessen, dass die durchschnittliche Zeit für das Finden einer Fachkraft sechs Monate beträgt.“

Zurückhaltend mit Neueinstellungen reagiert etwa die Sweco GmbH. „Haben wir vor einigen Wochen noch Fachkräfte gesucht, die wir mittel- und langfristig in neuen Projekten einsetzen können, fahren wir nunmehr auf Sicht“, berichtet Geschäftsführerin Ina Brandes. „Wenn wir aber eine interessante Bewerbung bekommen und die gründliche Einarbeitung und Auslastung sicherstellen können, stellen wir weiter ein.“

Während ein Großteil der Planer*innen das Thema Neueinstellungen derzeit auf die Zeit nach der Krise verschieben will, nutzen einige in der Branche diese Wochen ganz gezielt, um auf Suche zu gehen. Sei es, weil man nun mehr Zeit hat, um über zukünftige Ausrichtung und personelle Aufstellung seines Unternehmens nachzudenken. Sei es, weil sie durch die Freistellungen in einigen Büros nun die Gelegenheit sehen, interessante Kandidat*innen erfolgreicher als bisher anzusprechen.

Zudem bietet das derzeitige Innehalten auch für Arbeitnehmer*innen eine Gelegenheit, über ihre berufliche Zukunt nachzudenken und sich gegebenenfalls neu zu orientieren. Das können Arbeitgeber*innen nutzen, die ihre Zukunft angesichts der in Aussicht stehenden Konkunkturprogramme nicht zu pessimistisch sehen.

Was sich sonst noch tut

  • Die Sanierung der Stuttgarter Oper wird aufgrund der Corona-Krise verschoben – darauf verständigten sich die Stadt Stuttgart und das baden-württembergische Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Die erforderliche Grundsatzentscheidung des Stuttgarter Gemeinderats wird nun erst im kommenden Jahr getroffen.
  • Der Messgerätehersteller Testo lässt wegen der Corona-Krise seine Pläne für einen Business-Hotelbau am Titisee in Baden-Wüttemberg vorerst ruhen. Geplant war eine Anlage mit 107 Zimmern, Tagungsräumen und 200 Restaurantplätzen, die Investitionssumme wurde mit 11 Mio. Euro beziffert.
  • Die Stiftung des BDA Bayern zeigt ab sofort alle Architekturphilosophischen Spaziergänge der Reihe „Flanier mit mir!“, die 2016 bis 2019 in München und Augsburg in Echtzeit stattfanden, als Filme für zu Hause: zum Download unter www.bda-bayern.de

Auch auf dem Jobmarkt von competitionline wird trotz Corona weiter geschaltet: zum einen von öffentliche Stellen, große Bürostrukturen und Akteuren im Gesundheitsbau, die gerade dringend Unterstützung brauchen. Aber auch von antizyklischen Akteuren wie dem kleinen Dresdner Architekturbüro, das ganz bewusst gerade jetzt eine Anzeige geschaltet habe. „Wir wünschen uns schon länger einen erfahrenenen Projektleiter im Team und denken, dass wir in der aktuellen Lage bessere Chancen haben, ihn nun auch zu finden“, berichtet der Büroleiter. Die Aufragslage sei bei ihnen noch auf längere Sicht stabil und auch der Bewerbungsprozess selbst mache ihnen keine Kopfzerbrechen. „Das funktioniert ja über weite Strecken schon digital.“

Stärker digitalisierte Bewerbungsprozesse und weniger Konkurrenz im Werben um Fachkräfte werden den Personalmarkt und die HR-Strategie der nächsten Monate prägen. Wir halten Sie darüber auf dem Laufenden.

Bleiben Sie auf Empfang und gesund,

Ihr competitionline-Team