Seit den 1990er Jahren setzt sich die Erkenntnis durch, dass für den Heilungserfolg mehr notwendig ist als die optimale medizinische Behandlung. „Healing Environment“ ist das Wort der Stunde. Frische Luft, Tageslicht und der Ausblick in die Natur tragen wesentlich zur schnellen Genesung bei. Aus diesem Grund entschied man sich, für den Neubau des Bettenhauses der Waldkliniken Eisenberg im Thüringer Wald, einer kommunalen Fachklinik für Orthopädie, neue Wege zu gehen. Sowohl in den Prozessen als auch in der Gestaltung. So führte die Leitidee aus der Feder von Matteo Thun & Partners und HDR Architekten, sich am Wohlbefinden des Patienten als Gast zu orientieren, zu einer typologischen Neuentwicklung.

Die diagonal versetzten Betten zonieren die Patientenzimmer, ohne den Raumfluss zu beeinträchtigen, und erlauben von allen Seiten einen Blick in die Veranda.

Die diagonal versetzten Betten zonieren die Patientenzimmer, ohne den Raumfluss zu beeinträchtigen, und erlauben von allen Seiten einen Blick in die Veranda.

Der Mensch im Mittelpunkt
Der Fokus des Projekts liegt auf der Entwicklung der Patientenzimmer. Als kommunales Haus in öffentlicher Hand sind nur Zweibettzimmer als Mindestbelegung möglich. Durch einen gestalterischen Kniff, die Betten nicht parallel, sondern diagonal zueinander versetzt aufzustellen, entstehen verschiedene Raumzonen, die je nach Bedarf geöffnet oder über einen Vorhang voneinander separiert werden können. Jeweils zwei Patientenzimmer gruppieren sich um eine verglaste Veranda, die als Aufenthalts- und Kommunikationsort genutzt werden kann. Durch die großen Fensteröffnungen entsteht eine starke Verbindung zum Wald mit seinen Wetterverhältnissen und Jahreszeiten.

Das Ambiente der Cafeteria erinnert eher an ein Hotel als an ein Krankenhaus.

Das Ambiente der Cafeteria erinnert eher an ein Hotel als an ein Krankenhaus.

Neben dem unverstellten Ausblick in die Natur orientiert sich die Gestaltung und Farbwahl der Ausstattung an der Hotellerie. Die Atmosphäre ist angenehm und freundlich, von der Ablage bis zum Lichtschalter, funktional jedoch höchst durchdacht. Doch nicht nur der Patient steht im Fokus. Auch die Arbeitsatmosphäre der Mitarbeiter soll positiv beeinflusst werden: durch eine offene, transparente Raumgestaltung und damit die Sichtbarkeit und Ansprechbarkeit des Personals.

Im gesamten Haus kommt der Designklassiker LS 990 zum Einsatz, in Alpinweiß und Messing Antik.

Im gesamten Haus kommt der Designklassiker LS 990 zum Einsatz, in Alpinweiß und Messing Antik.

Nachhaltige Gestaltung
Das Bettenhaus ist geprägt von kurzen Wegen und der Orientierung im Gebäude. Die Kreisform erlaubt eine Anordnung aller Zimmer mit Blick ins Grüne, während die dienenden Funktionen sich zum introvertierten Innenhof ausrichten. Auch im Sinne der Verortung und des Materialeinsatzes gehen die Architekten neue Wege. Das Holz der Region wird buchstäblich ins Haus geholt – über die Oberflächen der Einbauten und der Böden –, aber auch konstruktiv erhält das Holz eine tragende Rolle in Form einer Holz-Beton-Hybridbauweise. Dadurch können ökologische Vorteile wie die Verwendung nachwachsender Rohstoffe, Verbesserung der C02-Bilanz, aber auch ökonomische Vorteile wie Lebenszykluskosten und kürzere Bauzeiten durch Vorfertigung erreicht werden. Sicht- und erlebbar wird die Holzkonstruktion auch über die horizontale Holzlattung vor der Glasfassade, die sich mit der Zeit silbergrau verfärben wird.

Dass Nachhaltigkeit und ein Sinn für Ästhetik kein Widerspruch sein müssen, zeigt sich an der Ausstattung der Räume bis ins Detail. So kommt im gesamten Haus der Designklassiker LS 990 zum Einsatz, in Alpinweiß und Messing Antik. Die klassische Ausführung des Lichtschalters mit seinem schmalen Rahmen bietet dank seines großen Funktionsspektrums vielseitige Anwendungen in Materialien von Duroplast bis Echtmetall. In ausgewählten Räumen wurden die Schalter mit einer Gravur des eigens von Matteo Thun entworfenen Logos für die Waldkliniken versehen.

Podcast
Über dieses Leuchtturmprojekt und weitere Ansätze sprechen wir in diesem Podcast mit Stefan Opitz und Katja Schober von HDR, die als Architekten dieses außergewöhnliche Projekt begleitet haben.
Link zum Podcast: jung.de/podcast-hdr

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