Jetzt sind Sie gefragt!

“Die Lage in der Ukraine ist mehr als erschütternd”, schreibt die Bundesarchitektenkammer (BAK) am 1. März in einer Meldung. “Als Gemeinschaft der Architektenkammern versuchen wir, über Solidaritätsbekundungen hinausgehend, konkrete Hilfe anzubieten.” Bereits einen Tag nach dem Überfall der russischen Truppen hatte BAK-Präsidentin Andrea Gebhard ein Unterstützungsschreiben an den Präsidenten der Verbandes der ukrainischen Architekt*innen, Alexander Pawlowitsch Chizhevsky, gesandt. Darin kündigt sie Hilfe bei der Unterbringung von Flüchtlingen sowie bei Bedarf Online-Unterricht für ukrainische Universitäten und Architekturfakultäten an.

Was nun voraussichtlich gebraucht werde, seien Schlafplätze für die geflüchteten Menschen, schreibt die BAK auf ihrer Webseite. Angebote und Gesuche sollen über die BAK und die 16 Länderkammern vermittelt werden. Wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser, also eine oder mehrere Unterkünfte für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine anbieten oder vermitteln können, schreiben Sie am besten direkt Ihrer Länderkammer oder der BAK an info@bak.de.

Belius-Stiftung organisiert “Allianz der Willigen”

Neben den Kammern engagieren sich mittlerweile auch Privatinitiativen. Die im Auftrag der 2018 verstorbenen Architekturfotografin Sigrid Neubert gegründete Belius-Stiftung organisiert einen “Koordinierungs- und Aktions-Hub” privater Initiativen und Hilfsangebote. Menschen, Firmen oder Organisationen, die helfen möchten, können sich per E-Mail (info@beliusstiftung.de) bei der Belius-Stiftung melden. Dort können sie ihre eigenen Initiativen oder Ressourcen einbringen, werden an Hilfsaktionen beteiligt oder können deren Kosten übernehmen – etwa für die Bereitstellung von Hilfsgütern oder für einen Personentransport von Flüchtenden nach Berlin. 

Entstanden sei die Initiative mit dem Arbeitstitel “Mir-Brigaden” laut Stiftungsgründer und -vorstand Andreas Krüger dank der Impulse aus dem Umfeld der auf Beratung und Moderation von Stadt- und Quartiersentwicklungsprozessen spezialisierten Belius GmbH. “Viele Leute, mit denen wir arbeiten oder die wir kennen, haben persönliche Verbindungen in die Ukraine oder nach Russland und möchten irgendetwas unternehmen”, sagt der Stadt- und Regionalplaner. Krüger selber wurde als Standortentwickler des Aufbauhauses am Berliner Moritzplatz sowie Berater für die Konzeptverfahren Kreativquartier am ehemaligen Berliner Blumengroßmarkt oder das Kreativquartier Potsdam bekannt. Er berichtet von sehr persönlichen Geschichten, von besorgten Bekannten und verzweifelten Familienangehörigen, “neben denen jetzt die Granaten runter knallen”. Sein Kollege Lennart Siebert fahre in den nächsten Tagen selbst an die ukrainisch-rumänische Grenze und hole die Mutter und Kinder einer ukrainischen Bekannten ab, die dort festsäßen, berichtet Krüger. 

©Daniela Haug

Andreas Krüger, Geschäftsführung & Managing Partner der Belius GmbH

“In unserem Umfeld aus Stadtplanung, Beratung, Stadtaktivisten, Kunst-, Club- und Kulturszene gibt es viele gut vernetzte Menschen mit dem notwendigen Know-how, um spontane Hilfe zu organisieren und zu leisten.” Krüger und seinen Kolleg*innen bei Belius fällt dabei die Rolle der Möglichmacher zu. So hat etwa ein Immobilienbesitzer ein 90 Quadratmeter großes Ladenlokal kurzfristig zur Verfügung gestellt. Krüger und Kollegen geben es “für null Cent Miete” an die Initiative eines Club-Betreibers weiter. Der habe während der Corona-Pandemie die Logistik für Berliner Testzentren organisiert hat und möchte dort nun ein “Logistikzentrum” für Spenden und Hilfslieferungen in die Ukraine einrichten. Er selbst, sagt Krüger, setze sich kommenden Sonntag hinters Steuerrad eines Transporters und fahre zur ukrainischen Grenze.

Interessierte können sich mit ihren Ideen und Hilfsangeboten direkt an info@beliusstiftung.de wenden. Dort bekommen sie weitere Informationen, ihre Angebote werden registriert und bei Gelegenheit weitergeleitet bzw. abgerufen. Auch competitionline engagiert sich und übernimmt kurzfristig die Kosten für zwei Transporte mit Geflüchteten mit jeweils neun Personen von der ukrainischen Grenze nach Berlin. Belius mietet den Wagen, organisiert Fahrer, Benzin und Verpflegung, competitionline bekommt die Rechnung – “alles total easy und zweckgerichtet”, sagt Krüger, “für circa 500 Euro mit allem Drum und Dran pro Transport.” Auch etwaig anfallende Hotelrechnungen oder andere spontane bedarfsorientierte Hilfeleistungen können bürokratiefrei von competitionline oder anderen Unternehmen übernommen werden.

“Die Idee ist: Du kannst auf den Knopf drücken und schon läuft die Hilfe an”, sagt Krüger. “Im besten Fall ist bereits ein Wagen irgendwo zwischen Berlin und der Ukraine auf der Strecke und kann noch schnell dringend benötigte Hilfsgüter besorgen oder Flüchtende mit zurücknehmen.” 

Schon jetzt lägen die zugesagten Unterstützungsleistungen bei einem hohen fünfstelligen Betrag und entwickelten sich in einen sechsstelligen Bereich. “Wenn man nur etwas anbietet, ist so viel Unterstützung da”, freut sich Krüger. Dahinter erkennt er “diese typische Berliner Art, Freiheit zu leben. “Seht her: Das ist möglich. Gebt einfach dem Wunsch Eurer Herzen statt und macht mit!”