Die Meldung kommt scheinbar unspektakulär daher: Das Unternehmen JUNG hat einen ersten Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. Ohne Zwang oder gesetzliche Vorgabe. Auf freiwilliger Basis und trotzdem nach GRI-Standard. Dies bedeutet, dass sich der Schalterhersteller in 33 Standardmodulen mit rund 120 Indikatoren vollkommen transparent hinter die Kulissen blicken lässt. Und das ist durchaus keine Selbstverständlichkeit, denn auch bei viel Engagement und positivem Willen für umweltfreundliche Produkte unterliegen Hersteller Zwängen, die es erst einmal zu überwinden gilt.

Insgesamt wurden in den JUNG Werken in Schalksmühle und Lünen im Jahr 2021 etwa 28,5 Mio. Produkte hergestellt. Bei der Materialbeschaffung nehmen dabei die Innenkomponenten den größten Anteil ein, und diese bestehen – auch bei Kunststoffprodukten – hauptsächlich aus Metallen, darunter Stahl mit Zink-Magnesium-Beschichtung, Messing, Edelstahl und Silberdraht.

Gegenüber konventionellen Zink-Überzügen bietet die Zink-Magnesium-Beschichtung der Tragringkonstruktionen ein deutlich verbessertes Korrosionsverhalten. Durch seine gute Umformbarkeit führt das Material während der Verarbeitung zu geringerem Werkzeugverschleiß und weniger Stillstand der Anlagen, was zu einer Effizienzsteigerung und somit Energieersparnis während der Produktion führt. Der Werkstoff lässt sich beliebig oft recyceln, sodass alle Produktionsabfälle wiederverwertet werden können. Bei den technischen Bauteilen wie Erdungsbügeln, Kontaktfedern oder Erdschienen wird verzinntes Messing statt wertvollem Kupfer verwendet. Bei einigen innenliegenden Komponenten kommt Edelstahl zum Einsatz. Beide Metalle sind vollständig recycelbar. Die Schaltkontakte werden aufgrund der sehr guten elektrischen Leitfähigkeit aus Silberdraht gefertigt.

Sichtbare Rahmen und Einsätze der Kunststoffschalter werden bei JUNG hauptsächlich aus Duroplast gefertigt. Die Option, Gebäudetechnik mit Komponenten aus Duroplast zu erwerben, bieten dabei nicht viele Hersteller, obwohl das Material entscheidende Vorteile hat: Duroplaste sind Kunststoffe, die sich nach dem Aushärten nicht mehr verformen lassen und dadurch besonders robust sind. Die Kratzfestigkeit ist so gut, dass Transportschutzverpackungen reduziert werden oder sogar entfallen können.

Zur Herstellung von Duroplast werden überwiegend Harnstoffharz (UF), Formaldehyd auf Erdgasbasis sowie Harnstoff, Methanol und Zellulose eingesetzt. Das erfordert keine erdölbasierten Rohstoffe, und das benötigte Formaldehyd wird während des Herstellungsprozesses nahezu vollständig gebunden. Duroplast ist ein idealer Isolierstoff, schwer entflammbar und selbstverlöschend, sodass keine zusätzlichen Flammschutzmittel erforderlich sind. Im Vergleich zu Thermoplasten werden bei der Herstellung weniger CO2 und flüchtige Bestandteile (VOC) emittiert sowie weniger Energie und Wasser verbraucht. Am Ende seines Lebenszyklus kann Duroplast in granulierter Form als Füllstoff oder Strahlmittel verwendet werden. Bei der thermischen Verwertung oder Deponierung werden keine toxischen Stoffe freigesetzt. Bei der Zersetzung entsteht kein Mikroplastik.

Aufgrund ihrer Bruchfestigkeit werden zudem auch Produkte aus Thermoplasten angeboten, die bevorzugt in öffentlichen Gebäuden eingesetzt werden, wo eine erhöhte Schlagfestigkeit gefordert ist. Thermoplaste sind Kunststoffe, die wieder aufgeschmolzen werden können. Sie werden aus erdöl-, erdgas- oder kohlebasierten Derivaten hergestellt. Bei JUNG kommen hauptsächlich Polycarbonat (PC) und Polyamid (PA) zum Einsatz. Polycarbonat (PC) wird teilweise mit Mahlgutanteilen aus post-industriellen Abfällen verwendet. Thermoplastische Altkunststoffe können durch einfache mechanische Zerkleinerung vollständig als Wertstoff recycelt werden.

Der Klima- und Ressourcenschutz gehört zu den größten Herausforderungen unserer Zeit. Deshalb muss sich jeder Hersteller – aber auch jede/r Planer/-in – fragen, wie er/sie zu einer nachhaltigen Architektur beitragen kann. Da Architektur die Summe vieler Einzelteile ist, betreffen diese Fragen auch scheinbar kleine Entscheidungen wie die Wahl des richtigen Lichtschalters.

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