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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2015

Neubau Naturhistorisches Museum Basel und Staatsarchiv Basel-Stadt

5. Rang / 1. Ankauf

Preisgeld: 25.000 CHF

O&O Baukunst

Architektur

Caretta+Weidmann Baumanagement AG

Projektsteuerung

Gruner AG, GebÀudetechnik

Bauingenieurwesen

Gruner AG

Brandschutzplanung

Architekturmodellbau Shortcut - Modellbau, FrÀsservice, Laserservice

Modellbau

ErlÀuterungstext

Das neue GebĂ€ude des Naturhistorischen Museums Basel und des Staatsarchivs Basel-Stadt muss ein wichtiges KernstĂŒck des Stadtquartiers St. Johann werden.
Von seiner Funktion, GrĂ¶ĂŸe und LĂ€nge zwischen Quartier und Bahnareal muss es als großes GebĂ€ude diverse Defizite beheben und einem Motor gleich das Leben im Quartier ankurbeln. Seine stĂ€dtebauliche Funktion als großer Riegel erfĂŒllt das GebĂ€ude in RĂŒcksichtnahme auf das sich neu entwickelnde Stadtquartier St. Johann mit grĂ¶ĂŸtmöglicher Offenheit und Transparenz.

Eine große verzweigte Tragstruktur umspannt die unterschiedlichen und vielfĂ€ltigen Nutzungen des neuen NMB und des zukĂŒnftigen StABS und fasst die beiden Institutionen zu einem Ganzen, zu einer großen Figur. Kultur und Natur treten innerhalb dieser gemeinsamen Ordnung in eine symbiotische Beziehung. Das konstruktive Betonskelett trĂ€gt -einer Arche gleich- wesentliche Inhalte in unterschiedlichen RĂ€umen sortiert in das 21. Jahrhundert. Aus entgegen gesetzten Richtungen fließt der Stadtraum ĂŒber zwei
EingĂ€nge in das Haus und mĂŒndet in ein gemeinsames großzĂŒgiges und offenes Foyer fĂŒr die ĂŒbergeordneten Nutzungen. Das publikumswirksame NMB orientiert sich dabei zum nördlich gelegenen Vogesenplatz und den dortigen Haltestellen des öffentlichen Nahverkehrs am alten Bahnhof von St Johann.
Die RĂ€umlichkeiten des StABS finden sich entfernter vom Stadtplatz in Richtung der stadteinwĂ€rts verlaufenden Entenweidstraße.

Struktur und Erschließung

Eine einfache, in Abschnitte gegliederte GebĂ€udestruktur aus bedienten und dienenden RĂ€umen bildet das effiziente GrundgerĂŒst fĂŒr ein rĂ€umlich flexibles und atmosphĂ€risch vielfĂ€ltiges Raumkonzept.
Dieses liefert zum einen optimale Voraussetzungen fĂŒr die sich stets verĂ€ndernden Bedingungen der wissenschaftlichen Forschung und Dokumentation sowie sicheren Raum fĂŒr Sammlung und Archivierung. Zum anderen entstehen starke ErlebnisrĂ€ume fĂŒr die Vermittlung der Sammlung und die Interaktion mit den Besuchern.
Diesen bietet sich ein abwechslungsreicher Weg durch das Haus, der konsequent durch das Innere der Sammlung fĂŒhrt.
Das HerzstĂŒck des NMB - ein 24m hoher vertikaler Raum erschließt alle AusstellungsflĂ€chen von ganz unten bis ganz oben und gewĂ€hrt ĂŒber glĂ€serne Vitrinen vielfĂ€ltige Einblicke in die nicht zugĂ€nglichen Bereiche der Sammlung.
Eine thematische und bauliche Vernetzung der DauerausstellungsrÀume
wird durch die Ebenen ĂŒbergreifende rĂ€umliche Verschachtelung und die Ausbildung von Galerien auf den Zwischenebenen ermöglicht. Innerhalb des Museums und auch den öffentlichen Bereichen des Staatsarchivs entstehen auf diese Weise öffnende Durchblicke und vielseitige BezĂŒge.
In den ZwischenrĂ€umen von Tragstruktur und eingestelltem Volumina finden sich grĂŒne RĂ€ume in Form von Terrassen und DachgĂ€rten - FreirĂ€ume fĂŒr Mensch und belebte Natur.

Konstruktion und Materialisierung

Die Reduzierung auf das Wesentliche prÀgt die Wahl der Konstruktion wie auch der Materialien: Beton, Glas, Stein, Estrich, Bronze, Holz.
Das Rohe und vermeintlich Einfache und Authentische wirkt als zeitloser Hintergrund fĂŒr die Kategorisierung der universellen Vielfalt und schlichten Schönheit zunehmend bedeutsamer Exponate.
Über die Materialeigenschaften hinausgehende Farbigkeit wird vermieden.
Das Spektrum der Farbigkeit wird auf Graustufen reduziert und reicht von Schwarz bis Weiß.

Beurteilung durch das Preisgericht

StÀdtebau und Architektur
Die Verbindung von Archiv und Museum geschieht durch eine grosszĂŒgige Betontragstruktur, welche die Raume, in der Intention der Verfasser, wie eine â‰ȘArche≫ als eingestellte Volumen umfasst. Die Trennung zwischen Tragstruktur und â‰ȘInhalt≫ wird durch GrĂŒnbereiche und Dachterrassen unterstrichen. Das HerzstĂŒck bildet eine eindrucksvolle Sammlungshalle, welche den Besuchern ein atmosphĂ€risches Raumerlebnis verspricht. Das Projekt ĂŒberzeugt durch die Vielfalt von rĂ€umlichen BezĂŒgen im Inneren sowie die Art, wie Innen und Aussen miteinander verschrĂ€nkt sind. Auf der Ebene des StĂ€dtebaus gelingt es dem Projekt, zwischen den Stadtquartieren zu vermitteln und gleichzeitig einen markanten Schwerpunkt zu setzen. Trotz der grossen Volumina produziert der Bau einen Eindruck von Leichtigkeit. Die Spezifik des Ortes – entlang den Geleisen – kommt zur Geltung, und zugleich betont der Bau die Autonomie der darin enthaltenen Institutionen.

Naturhistorisches Museum
Zu den zentralen Identifikationspunkten des Museums zahlt eine spektakulĂ€re Sammlungshalle, welche sĂ€mtliche Ausstellungsgeschosse erschliesst und mittels glĂ€serner Vitrinen die Schnittstelle zu den dahinterliegenden Sammlungsraumen schafft. Die Besucher werden auf den Museumsrundgang eingestimmt und mit einem Panorama an PhĂ€nomenen konfrontiert. Es wird jenes Bild von KohĂ€renz erzeugt, welches in den einzelnen Ausstellungsraumen wiederum dekonstruiert werden wird. Die zahlreichen Vitrinen als trennendes Element zwischen Erschliessung und Sammlungsraumen sind jedoch in Erstellung und Betrieb sowie in Bezug auf die Anforderungen an die Objektkonservierung und den Brandschutz als problematisch einzustufen. Ausserdem wird die fĂŒr den Betrieb zwingend notwendige Trennung von interner und externer Horizontalerschliessung durch die Ausdehnung der Halle verunmöglicht. Interne Verkehrswege können nicht wie gezeigt durch Sammlungsraume fuhren, da diese höchsten klimatischen und sicherheitstechnischen AnsprĂŒchen genĂŒgen mĂŒssen. Die Raume fĂŒr die Dauerausstellungen sind uber zwei Stockwerke gruppiert. Durch die Sammlungshalle und ein weiteres Besuchertreppenhaus werden sie zu einem Rundgang verbunden, dem die drei AusstellungsrĂ€ume im 2. Obergeschoss eine Mitte verleihen. Durch die Durchgangserschliessung ergibt sich jedoch eine eher spannungslose Dramaturgie, die ausserdem eine separate Bespielung der Raume verunmöglicht. Die Verteilung der Werkstatten und PrĂ€paratorien sowie der ihnen zugeordneten Bereiche uber acht Geschosse im Turm verunmöglicht effiziente und sichere Arbeitsablaufe. Auch werden den Besuchern keine Einblicke in diese Bereiche gewahrt. Die Anlieferungssituation mittels LKW-Lift unter der Luzernerring-BrĂŒcke wird als Ă€usserst problematisch und fehleranfĂ€llig eingeschĂ€tzt. Der Verkehrsfluss auf der Strassenebene ist nicht konfliktfrei und die interne Verteilung aus dem 2. Untergeschoss in die Lager und zu beliefernden Raume umstĂ€ndlich.

Staatsarchiv
Die Anforderungen des Staatsarchivs werden durch das Projekt ARCHE NOVA sehr gut erfĂŒllt. Die klare vertikale Trennung der beiden Institutionen, insbesondere die getrennte Anlieferung, bringt dem Archiv funktionale Vorteile. Das Staatsarchiv zeigt sich mit dem zur Entenweidstrasse gerichteten Archivfenster gut sichtbar als einladende, öffentlich zugangliche Institution. Es wird ĂŒber einen nach SĂŒden gerichteten Eingang erschlossen, der ĂŒber einen eigenen Eingangsbereich mit dem gemeinsamen Foyer verbunden ist. Hier befinden sich die publikumsintensive Bauplanausgabe und der Zugang zum Archivfenster. Der Lesesaalbereich erstreckt sich attraktiv ĂŒber zwei rĂ€umlich miteinander verbundene Ebenen. Der rĂ€umlichen QualitĂ€t steht ein betrieblicher Mehraufwand fĂŒr einen zweiten Desk gegenĂŒber. Die Anordnung der Arbeitsbereiche fur Verwaltung und Werkstatten im 2. bis 4. Obergeschoss wird positiv beurteilt. Sie entspricht der Prozesskette der Arbeitsablaufe.

Tragwerk
Das Tragwerk ist grösstenteils als Massivbau konzipiert, wobei die tragenden Achsen weitgehend in Stutzen aufgelöst werden. Der kritische Punkt der Tragstruktur ist das aussen liegende, thermisch getrennte Fachwerk aus gleichmassigen und ungleichmassigen Dreiecken. In verglasten Bereichen werden die steil geneigten Diagonalelemente als lastabtragende Stutzen genutzt. FĂŒr exponierte stutzenfreie Bereiche wird die Fassade als FachwerktrĂ€ger herangezogen. Einwirkungen aus Temperatur oder Erdbeben erfordern bei der gewĂ€hlten Tragstruktur komplizierte Detaillösungen. Ausserdem fuhren die vielen Durchdringungen zu bauphysikalischen Problemen, die aufwendig gelöst werden mĂŒssen.

Energie, GebÀudetechnik
Die Kompaktheit des GebÀudevolumens ergibt grundsÀtzlich gute Kennwerte, die sich positiv auf die energetischen Anspruche auswirken konnten. Das aufwendige und wÀrmetechnisch problematische Konstruktionskonzept der Fassade und der hohe Glasanteil machen diese Vorteile jedoch weitestgehend zunichte.

Der umfassende Konzeptbeschrieb zur GebÀudetechnik bietet diverse innovative Ideen, die jedoch wenig aufeinander abgestimmt sind.

Wirtschaftlichkeit
Das Projekt liegt deutlich ĂŒber der Vorgabe fĂŒr die Erstellungskosten. Auch in Bezug auf die Lebenszykluskosten sticht das Projekt aufgrund seiner Grosse und des hohen GlasflĂ€chenanteils heraus. Mit einer weit ĂŒberdurchschnittlichen GeschossflĂ€che ist es eines der grössten Projekte.

WĂŒrdigung Projekt
ARCHE NOVA stellt einen stĂ€dtebaulich markanten Vorschlag dar. Die Rohheit des Industriequartiers einerseits, die Differenziertheit des Archivs und der naturhistorischen Sammlungen andererseits scheinen im Entwurf, welcher auf einer Spannung zwischen der Robustheit des Tragwerks und der FragilitĂ€t des Inneren setzt, eine neue, unerwartete Verbindung einzugehen. Die Herausforderung, die das schmale, lĂ€ngliche Grundstuck und die Lage an den Geleisen fĂŒr den Entwurf bietet, wird von den Verfassern als Anlass genommen, eine eigenstĂ€ndige, unverwechselbare GebĂ€udeform zu entwickeln.

WĂ€hrend die stĂ€dtebauliche Platzierung zu ĂŒberzeugen vermag und auch die architektonische Form durch ihre Stringenz beeindruckt, stellen die Konstruktion und auch der hohe Glasanteil grosse Anforderungen im Hinblick auf Realisierung und Unterhalt.
Das spektakulĂ€re Bild der Sammlungshalle kann nicht darĂŒber hinwegtauschen, dass die betrieblichen Anforderungen des Naturhistorischen Museums an entscheidenden Stellen nicht gelöst werden konnten.
Die Sammlungshalle zeigt auf, wie sich das Museum typologisch von anderen Museen, namentlich Kunstmuseen, unterscheidet. Sie hatte das Potenzial eines stÀdtischen Wahrzeichens, stunden ihrer Erstellung nicht konzeptionelle, funktionale und betriebliche EinschrÀnkungen entgegen.