modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Mehrfachbeauftragung | 10/2017

Umgestaltung des Marktplatzes

Perspektive - Blick auf St. Johanniskirche

Perspektive - Blick auf St. Johanniskirche

Teilnahme

Kortemeier Brokmann Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Der Marktplatz – nicht nur mit seinem Markt - ist wesentlicher Bestandteil der Identität der Stadt Oelde. Übergeordnetes Ziel der Umgestaltung soll es sein, diese Identität nicht nur zu erhalten, sondern vielmehr zu stärken.

Relevante Begriffe, die sich aus der Oelder Dachmarkenarchitektur ableiten, sind in diesem Fall Bodenständigkeit, Heimat „deluxe“, Treffpunkt mit Flair, (Ent-) Spannung für Entdecker und Hightech auf westfälisch.

Für unseren Entwurf bedeutet dies, dass dieser einen starken Ortsbezug aufweisen, gestalte-risch wie auch technisch hochwertig, zu Aufenthalt und Flanieren einladend sein sollte und schlussendlich auch Neugier auf Neues wecken soll.Die vorhandenen Einbauten und Beläge werden aufgenommen, abgängige Pflanzungen entfernt.

Der Marktplatz war ursprünglich Kirchplatz. Obwohl die Kirche den Platz alleine durch ihre Grö-ße prägt, ist dieser Bezug durch die im letzten Jahrhundert vorgenommene, richtungslose Platzgestaltung verloren gegangen. Die Kirche erhält nunmehr eine steinerne Unterlage. Der historisch so wichtige Bezug Gebäude-Platz wird somit wieder lesbar. Gleichzeitig verkleinert diese Gestaltung über den Materialwechsel den Platz optisch und trennt subtil zwischen den Nutzungsbereichen Außengastronomie und Markt.
Der Marktplatz bildet zudem ein wichtiges, innerstädtisches Scharnier. Sowohl über das grüne Band in W-O Richtung, als auch über das steinerne Band in N-S Richtung. Durch die auf den Bereich der Platzmitte reduzierte Lage der vorzugsweise aus Sandsteinplatten bestehenden steinernen Unterlage kann an den Platzrändern, im Passepartout, das rote Klinkerpflaster wie-derverwendet werden. Somit kann der Platz sich wie selbstverständlich an die ebenfalls mit rotem Klinkerpflaster befestigten Nachbarstraßen andocken. Selbst wenn die geplante Umge-staltung der Lange Straße, bzw. Oberen Bahnhofstraße erst langfristig erfolgen sollte, so ist dennoch kein deutlicher Bruch sichtbar. Den vielfältigen, auf dem Markt stattfindenden, Aktivi-täten wird mit den zuvor beschriebenen Belägen nunmehr eine homogene, allseits barrierefrei zu begehende, Unterlage bereitet.

Ein wichtiges Ziel ist es, den Marktplatz auch zukünftig mit vielfältigen, flächenextensiven Nutzungen wie Markt und Konzerten bespielen zu können. Dies verlangt nach möglichst großen zusammenhängenden, einbaufreien Flächen. Dem gegenüber steht jedoch der Wunsch nach mehr Flair und Aufenthaltsqualität. Der Marktplatz ist für die Bestückung mit Marktständen ausreichend dimensioniert, jedoch von seinen Raumproportionen her überdimensioniert. Abseits der Marktzeiten kann trotz Bestückung mit Außenmobiliar der Gastronomiebetriebe ein Gefühl von Leere entstehen. Diesem Gefühl setzen wir Baumpflanzungen an seinem südwestlichen Platzrand entgegen. Die als Pendant zu den am nördlichen Platzrand stehenden Bäume verkleinern den Raum optisch, ohne jedoch die Nutzung für Veranstaltungen zu sehr einzuschränken. Zusätzlich sorgen die Bäume auch für den Lückenschluß des Grünen Bandes zwischen Herrenstraße im Westen und Konrad-Adenauer-Allee im Osten. Im Schatten der Bäume – sowohl auf der Nord- als auch der Südseite – laden großzügige Sitzmöbel zur Inbesitznahme des Platzes ein.

Über den Kirch-, bzw. Marktplatz floss in früheren Zeiten der Rathausbach. Nunmehr wird er durch ein Bauwerk anonym unter dem Platz hindurchgeführt. Nach Prüfung der Situation, die sich durch eine große Tiefenlage sowie einen zu weiten Zeiten des Jahres geringen Wasser-durchfluss des Baches auszeichnet, haben wir auf eine Offenlegung verzichtet. Das Wasser hätte nur sehr schwer nutzbar gemacht werden können. Stattdessen zitieren wir den Bachlauf über ein – insbesondere von Kindern – über weite Zeit des Jahres nutzbares Wasserspiel, wel-ches sich über dem gedeckelten Bachlauf befindet. Dieses stark durchströmte Wasserbecken macht neugierig, es verweist auf das, was darunterliegt. Ggf. könnte der Boden des Wasser-spiels ein Relief aus z.B. historischen Karten o.ä. erhalten. Hier könnte gemeinsam mit dem Heimatverein eine gemeinsame Lösung entwickelt werden. Kinder können den Bachlauf spielerisch nicht nur anstauen oder innerhalb des Beckens umleiten, sondern auch Papierboote o.ä. auf ihm fahren lassen. An den wenigen heißen westfälischen Tagen, oder in den Abendstunden können zudem vertikale Wasserspiele zugschaltet werden. Die flache Ausbildung des Gerinnes erlaubt zudem ein temporäres Überstellen zu Veranstaltungen.
Der bestehende Marien-Brunnen wird vor die südwestliche Gebäudekante der Kirche versetzt und somit sein Bezug zur Kirche gestärkt. Zudem befindet er sich am neuen Standort in der Blickachse aus der Lange Straße heraus und macht somit schon von weitem auf sich und den Marktplatz aufmerksam.

Beleuchtung - Die Beleuchtung des Platzes wie auch bedeutender Fassaden erfolgt über Licht-stelen. Diese können bei Bedarf z.B. mit WLAN-Spots oder Versorgungseinheiten für die Markt- und Eventnutzung bestückt werden.

Bepflanzung – Als Neupflanzungen schlagen wir klimafeste Bäume wie z.B. Gleditschie vor.

Mobiliar - Das Mobiliar nimmt sich gestalterisch zurück. Es kann reversibel eingebaut werden, so dass bei Stadtfesten eine möglichst große Flexibilität der Nutzungen gegeben ist. Die Sitze-lemente sind mit verschiedenen Sitzhöhen vorgesehen und können in den niedrigeren Berei-chen auch Möglichkeiten zum Kinderspiel (z.B. Malen auf Schieferplatten) beinhalten.

Materialitäten - Als Pflastermaterial für das Passepartout schlagen wir die ressourcenscho-nende Wiederverwendung des derzeitigen Klinkerpflasters vor. Aus Gründen nicht nur der Bar-rierefreiheit (verbesserte Rutschfestigkeit) oder Belastbarkeit (Widerstand gegenüber Schwer-kräften), sondern auch der Identität stiftenden Individualität (auf den Fertigungsprozess ver-weisende Strukturen auf den Stirnseiten der Steine) wird das Pflaster hochkant eingebaut. In der Platzmitte sehen wir idealerweise einen Belag aus gesägten und geflammten Hartsand-stein-Großformatplatten vor, welcher in einem 60 cm breiten Reihenverband mit variablen Längen gelegt wird. Das derzeitige Budget erlaubt dies jedoch nicht. Alternativ kann ein Beton-werkstein in identischen Abmessungen mit hochwertigem Natursteinvorsatz eingesetzt wer-den.

Entwässerung - Die zentrale Platzfläche wird mit einem durchgehenden Gefälle in Richtung Westen verlegt und an den Platzkanten entwässert.

Barrierefreiheit - Durch allseits flächenbündigen Pflasteranschlüsse werden Stolperfallen vermieden. Der Kontrast zwischen Platzfläche und Passepartout erleichtert Sehbehinderten die Orientierung im heterogenen Stadtraum. Zusätzlich sollte – in Verbindung mit der Ausge-staltung der steinernen Achse über den Einsatz eines zusätzlichen Blindenleitsystems nachge-dacht werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Grundidee des Entwurfs des Büros Kortemeier Brokmann wird sehr systematisch hergeleitet. Sowohl der Bezug zum historischen Stadtgrundriss wie auch zur Identität der Stadt Oelde werden zur Ausgangslage des Entwurfs gemacht. Die Kirche als Mittelpunkt erhält eine markante steinerne Unterlage aus einem sandsteinfarbenen Material. Die Seitenbereiche werden aus dem Bestandsklinker, hochkant verlegt, hergestellt und binden so geschickt und ressourcenschonend an die Fußgängerzone an. Der Farbkontrast zwischen rotem Klinker in den Seitenbereichen und hellen sandsteinfarbenen Platten in der Mitte sollte etwas milder ausfallen. Die Größe der Mittelfläche wird kritisch hinterfragt, es ist darauf zu achten, dass die Gastronomie nicht zu stark eingeschränkt wirkt. Eine Realisierung des Entwurfs auf der Ostseite, wie vorgeschlagen, ist zunächst nicht um-setzbar. Das Grüne Band wird über eine dichte Reihung an Bäumen begleitet, was als richtig erachtet wird. Die Stellung der Bäume in der Herrenstraße auf der Nordseite ist ungünstig, weil dadurch der ungehinderte Blick auf die Kirche verloren geht.

Der Entwurf zeichnet sich einerseits dadurch aus, dass die Elemente für Nutzung und Aufenthalt an die Ränder des Platzes gelegt werden und somit viel Raum für Veranstaltungen in der Mitte entsteht. Andererseits entsteht aber dadurch auch eine Leere die zu bedenken ist. Das Wasserspiel im Boden ist ein attraktives Angebot, das zugleich den Rathausbach zitiert. Der neue Standort des Marienbrunnens südlich des Hauptportals der Kirche ist gut gewählt. Die vorgeschlagenen 15 m langen Bänke unter den Platanen und am Wasserspiel bieten unterschiedliche generationengerechte Sitzangebote auf verschiedenen Höhen und sind starke Elemente, die der große Platz sicherlich vertragen kann. Gleichwohl begrenzen sie die Möglichkeiten für den Markt und für Veranstaltungen. Die vorgeschlagenen Spielelemente zum Hüpfen werden kritisch hinterfragt, da sie möglicherweise stark witterungsanfällig sind und einen großen Fallschutz erfordern.

Das Lichtkonzept ist schlicht und modern. Die vorgeschlagenen LED-Leuchten sind aber auch in der gegebenen historischen Kulisse gut vorstellbar, das Licht darf jedoch nicht zu grell und kalt ausfallen.
Perspektive - Blick auf Marktplatz

Perspektive - Blick auf Marktplatz

Lageplan

Lageplan