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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2018

Neugestaltung Südallee Koblenz

Lageplan 1:500

Lageplan 1:500

Anerkennung

Preisgeld: 5.000 EUR

SINAI Gesellschaft von Landschaftsarchitekten mbH

Landschaftsarchitektur

SHP Ingenieure GbR

Verkehrsplanung

Erläuterungstext

Südallee und Sankt-Josef-Platz in Koblenz
Wieviel Stadtqualität erobern wir zurück, wenn wir unsere Mobilität neu organisieren?
Mit der Neuordnung des Parkens und der Minimierung der Fahrverkehre entsteht Platz für die gleichberechtigte Nutzung durch Fußgänger und Radfahrer, für mehr Grün, für Aufenthalt und Begegnung.

Wir haben aber auch Gelegenheit, die festliche Folge aus Avenuen und Platz als Raumerlebnis neu zu inszenieren. Wir wollen dabei einen Raum schaffen, der historisches Erbe und zeitgemäße Anforderungen an den Stadtraum glaubwürdig zu etwas Neuem und Eigenem verbindet.

Avenuen und Plätze: Neuinterpretation der Raumfolge

Die charakteristischen Profilwechsel der Südallee und das Wechselspiel aus dem Platz um Sankt Josef und der Allee mit ihrer zentralperspektivischen Ausrichtung bestimmt die Struktur des stadträumlichen Entwurfs. Er wird im Hinblick auf eine funktionale und räumliche Optimierung neu interpretiert.

Sektion 1_Avenue mit Mittelpromenade: Friedrich-Ebert-Ring bis Roonstraße
Das Profil umfasst die Mittelpromenade mit dem Neuaufbau der Alleen, den beiden minimierten Fahrstreifen im Einrichtungsverkehr für Kraftfahrzeuge und Fahrräder sowie dem Seitenraum mit Längsparkstreifen und Gehweg. Die seitlichen Stellplätze sind eingebunden in geschnittenen Pflanzkörpern mit schlankwachsenden Bäumen. Sektion 1 wird damit zur vierreihigen Allee.
Die Mittelpromenade reiht entlang der zentralen Fußgängerachse eine Abfolge von Offenbereichen und Heckenräumen. Die Räume werden durch symmetrische Heckenklammern formuliert. Innerhalb der Räume entstehen Spielorte und Sitzplätze, Pflanzungen und Gefäßgärten für urbanes Gärtnern.
Stufe 1 (2020): An der Mittelpromenade werden seitlich Längsstellplätze eingeordnet, die durch Heckenköpfe eingebunden sind.
Stufe 2 (2040): Mit Entfall der Längsstellplätze entsteht seitlich ein Heckenband, dass die Räume fasst.
Sektion 2_ Der Promenadenplatz: Markenbildchenweg bis Johannes-Müller-Straße
Im Übergang zwischen Mittelpromenade und dem geweiteten Alleenprofil entsteht ein urbanes Gelenk als Alltagstreffpunkt der Nachbarschaft. Die Gliederung der Mittelpromenade wird mit Heckenintarsien um einen Mehrgenerationenplatz noch angespielt. Sie wird jedoch ebenengleich platzartig interpretiert. Die stadträumlich Ausklinkung an der Johannes-Müller-Straße wird durchgängig gepflastert und mit einem Wasserbecken klimatisiert. In der Platznische in Verbindung zur südlichen Promenadenachse wird mit Blick auf Sankt Josef eine Aussengastronomie angesiedelt, optional mit einem Pavillon, längerfristig aus den Gebäuden heraus.
Stufe 1 (2020) entspricht Stufe 2 (2040).
Sektion 3_ Avenue mit Seitenpromenaden: Johannes-Müller-Straße bis Sankt-Josef-Platz
Das Profil orientiert sich stark am historischen Bestand: Die Zwei-Richtungs-Fahrbahn mit grünem Längsparkstreifen liegt in Mittellage, der Gehweg ist durch einen baumbestandenen Heckenstreifen davon abgesetzt, den Gebäuden sind sehr tiefe, übergreifend gestaltete Vorgartenzonen vorgelagert. Die Gebäudeerschließung erfolgt über einen höherliegenden zweiten Gehweg.
Stufe 1 (2020): Entlang der Fahrbahn sind seitlich Längsstellplätze eingeordnet, eingebunden durch Heckenköpfe.
Stufe 2 (2040): Die Heckenstrukturen werden mit Entfall der Stellplätze schrittweise ergänzt.
Sektion 4_ Sankt-Josef-Platz_Der Kirchplatz
Mit der Aufgabe der Stellplätze und der Entwicklung als Mischverkehrsfläche ergeben sich die Spielräume für eine deutlich grünere Anmutung des Platzes. Die Insel um die Kirche wird vergrößert. Den Gebäuden wird wie in der Schenkendorfstraße eine repräsentative Vorgartenzone zugeordnet. Der Platz wird ebenengleich ausgebildet und unter den rahmenden Baumreihen entstehen neue Sitzplätze mit Blick auf die Kirche.
Sektion 5_ Die Prachtpromenade: Sankt-Josef-Platz bis Schenkendorfstraße
Die Mittelinsel des historischen Profils wird erhalten. Gestaltet als Heckenkörper mit geschnittenen Eibensolitären bildet sie einen Prolog für die Südansicht und die Apsis von Sankt Josef. Auf die letztlich immer den Blick verstellenden Bäume in der Mittelachse wird verzichtet, sie wandern in die Randlage. Wie auf dem Platz werden heckengesäumte Vorgartenzonen angelegt.

Geometrische Struktur und Phasierung
Die stufenweise Reduzierung der Stellplätze wird durch die Entwicklung hochflexibler Profile begünstigt: In der vorgeschlagenen Raumaufteilung werden mit einem Minimum an baulichem Aufwand jeweils Stellplätze durch Pflanzstrukturen und unbefestigte Flächen ersetzt. In welcher Geschwindigkeit und in welcher räumlichen Verteilung kann dabei fließend festgelegt werden.

Material
Historisches und neues Material machen das Wechselspiel von Vergangenheit und Zukunft sinnlich erfahrbar: Die achsialen Fahrbahnen werden mit aufgearbeitetem Altpflaster (Granit) aus dem Bestand hergestellt. Die Fahrradbereiche werden mit gesägten Köpfen ausreichend eben hergestellt. Die seitlichen Gehwegbereiche werden mit Pflasterplatten aus demselben Material als die komfortablen Alltagszonen für Fußgänger ausgebildet. Für die Mittelpromenaden werden wassergebundene Decken mit einer Abstreu aus Perlkies vorgeschlagen. Für die begehbaren und beparkbaren Seitenbereiche der Mittelinsel werden für Koblenz Profilplatten aus hochwertigem Betonwerkstein (Rasenliner) entwickelt. In deren wasserdurchlässigen Fugen wachsen Rasen oder Kräuter aus einer Perlkiesstreu heraus. Sogenannte Trampelpfade werden nicht als Mangel wahrgenommen, sondern zum situativen Teil der Gestaltung. Die Flächenversiegelung wird minimiert.

Pflanze
Die Alleen der Sektionen 1 und 2 zwischen Friedrich-Ebert-Straße und Johannes-Müller-Straße werden weitgehend neu aufgebaut. Für die Mittelpromenaden wird eine breitwüchsige, lichtkronige Gleditsie vorgeschlagen, für die Gehwege die locker-säulenförmige Stieleiche. Die Platanen an den Promenadenköpfen können bis zum Ende ihrer Standzeit erhalten werden, werden als solche dann aber nicht mehr ersetzt. Die Krim- und Silberlinden in Sektion 3 werden erhalten und ergänzt, wie auch die holländischen Linden an Sankt Josef. Zur Akzentuierung der Eingänge werden Apfeldorne gepflanzt. Der Fassung des Blicks von der Schenkendorfstraße zur Kirche dienen schlankwüchsige Amberbäume.

Raumgliederung durch Hecken ist ein kennzeichnendes Thema der Südallee. Die Vorgarten- und Gehwegehecken der Sektion 3 bestehen aus dem historisch belegten Liguster. Demgegenüber wechseln die Arten im Bereich der Mittelpromenade von Querung zu Querung: Verwendet werden hier blühende und fruchtende Hecken wie Chaenomeles spec. , Cornus mas, Crataegus prunifolia und Aronia melanocarpa. Maximale Schnitthöhen liegen bei 80 bis 120 cm. Rund um Sankt Josef dominieren Hecken und Formgehölze mit vornehmen Eiben den Stadtraum. Vorgartenzonen werden je nach Größe mit Stauden (Sankt Josef) oder auch blühenden Saaten (Sektion 3) gestaltet. (Satzungen erforderlich).

Licht
Im Hinblick auf die allgegenwärtige Lichtverschmutzung wird im Hinblick auf die Beleuchtung Zurückhaltung vorgeschlagen. Die Mittelpromenaden sind bis auf die Querungsstellen nicht beleuchtet. Fahrbahnen und Gehwege mit asymmetrisch nach unten strahlenden Mastleuchten versorgt. Bei insgesamt eher geringer Lichtintensität modelliert die Objektbeleuchtung die Fassaden von Sankt Josef eindrucksvoll heraus.

Neue Mobilität
Durch die ambitionierte, vollständig barrierefreie Gestaltung kann die Südallee zu einem Leuchtturm der Mobilitätswende in Koblenz werden. Dabei hilft die MIV-Beschränkung auf die Anliegerverkehre und die Gliederung in voneinander abgehängten Erschließungsbereichen ohne übergreifende Durchlässigkeiten.

Kfz-, Fuß- und Radverkehr
Die Südallee wird als Fahrradstraße (Tempo 30) beschildert, die Benutzung durch den Kfz-Verkehr wird zugelassen. Dadurch ist sichergestellt, dass der Radverkehr gegenüber dem Kfz-Verkehr gleichrangig betrachtet wird, der Fußverkehr aber in den Seitenräumen und in der Promenade nicht durch den Radverkehr dominiert wird. Fahrradabstellmöglich-keiten sind bedarfsgerecht vorgesehen. In der 2. Phase können Kfz-Stellplätze, die zurückgebaut werden, im Einzelfall als Fahrradabstellmöglichkeiten umgenutzt werden. Die Fahrradstraße ist in das Alltagsnetz des Radverkehrs in Koblenz eingebunden. Die Qualität und die Breite der Anlagen für den Fußverkehr werden der Bedeutung des Fußverkehrs im Umfeld der Schulen gerecht.

Parken und Car-Sharing
Die Anzahl der Stellplätze wird im oben beschriebenen Ausmaß reduziert. An den Einmündungen sind die Stellplätze des Car-Sharings positioniert, um die Auffindbarkeit der Fahrzeuge zu erleichtern. Die Parkmöglichkeiten können bedarfsgerecht mit E-Ladesäulen ausgestattet werden. Allerdings ist zu beachten, dass das Laden über Ladesäulen eine Übergangstechnologie ist und langfristig entfallen wird. Einzelne Parkpositionen werden als Lieferzonen für KEP-Dienste ausgewiesen.

Querschnitte und Materialität
Die gewählten Querschnitte sind Ausdruck der Hierarchie der künftigen Mobilität: Erst kommen der Fuß- und Radverkehr, dann der Kfz-Verkehr. Die Fahrgassen für den Mischverkehr aus Kfz- und Radverkehr sind 3,25 m (Einrichtungsverkehr) bzw. 5,50m (Zweirichtungsverkehr) breit. Durch die rauer ausgebildeten Randbereiche entstehen Sicherheitstrennstreifen zum Parken (aufschlagende Türen). Die Materialisierung der Promenade signalisiert dem Radverkehr, dass er dort nicht fahren soll. Intuitiv ergibt sich somit die gewünschte Nutzung der Teilräume.

Beurteilung durch das Preisgericht

Auf den ersten Blick ist die Allee dem historischen Vorbild folgend klar rhythmisiert, allerdings wird die kleinteilige Untergliederung in der Nordhälfte vom Denkmalschutz kritisch gesehen. Die Haltung, nur die großen Platanen zu erhalten, ist gut nachvollziehbar. Die einzelnen Abschnitte sind mit glaubhaft nutzbaren, offenen Platzflächen verbunden.

Im nördlichen Teil entspricht die mittig geführte Promenade mit den angelagerten Nutzungsbuchten zuerst einmal den Erwartungen für eine öffentliche Nutzung. Leider ist der mittige Weg mit ca. 2,00-2,50m für eine Promenade zu schmal und die angedachten Angebote für die Buchten wiederholen sich. Die Anordnung der Parker entlang der Gehwege ist grundsätzlich denkbar. Die Säuleneichen zwischen den Längsparkern verunklaren die Wirkung der Allee und geben eine Struktur im Parkstreifen vor, die eine Folgenutzung nach der Reduzierung der Parkplätze erschwert. Es entstehen Nebenflächen. Gelungen ist die Verbindung der beiden Alleeabschnitte mit dem Platz zwischen dem Markenbildchenweg und der JohannesMüller-Straße und die angedachte Nutzung ist glaubhaft. Die Führung des Kraftverkehrs ist mit der Gestaltung der Platzfläche vereinbar. Am Markenbildchenweg hätte die Fahrbahn zugunsten einer Platzfläche unterbrochen werden sollen.

Im südlichen Teil ist die Herstellung einer historisierenden Situation überzogen. Die Planung ist zu kleinteilig und es gibt zu viele Hecken. Insbesondere um die Kirche, wo es auch in der Vergangenheit keine Hecken gab. Auf der Platzfläche um die Kirche würde man eher eine städtische Großzügigkeit als kleinteilige Grünflächen erwarten, wobei das Freihalten des Kirchplatzes von Parkern sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung ist. Auch im Südteil sind die Parker so angeordnet, dass die Flächen nach der Reduzierung schwer für anderes nutzbar sind. Deshalb hat diese Arbeit auch einen Überhang an Parkern in der zweiten Stufe. Der vorgeschlagene Fahrbahnbelag aus historischem Pflaster wird von der Denkmalpflege begrüßt, ist aber für den Kraftverkehr aus Lärmschutzgründen und für die Radfahrer wegen der fehlenden Ebenheit ungeeignet. Vermisst werden Vorschläge für die Anordnung von Wertstoffcontainern usw., die oft den Straßenraum stören.

Die Arbeit liefert insgesamt wertvolle Beiträge, hat aber Schwächen im Detail.
Pflanzkonzept

Pflanzkonzept

Detail 1:50

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