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Einladungswettbewerb

Ideen gesucht für Lücken an der Schwentinemündung

Teilnahme

BSP Architekten BDA

Architektur

kessler.krämer Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die Schwentinemündung war und ist über mehr als 200 Jahre in großen Teilen industriell und gewerblich geprägt worden und entwickelt gerade dadurch ihren ganz eigenen Reiz. Die einst sehr dichte Uferbebauung östlich der alten Schwentinebrücke hat durch die erheblichen Verluste an ortbildprägender Substanz seit dem Krieg zwar viel von ihrer Kraft eingebüßt, der starke Kontrast zum Naturraum westlich der Brücke ist aber immer noch erlebbar. Die Schwentinebrücke trennt zwei vollkommen unterschiedliche Räume und markiert damit eine starke städtebauliche Zäsur.
Den "Stadtraum Schwentine" wiederherzustellen und damit die Dualität von Stadtraum und Landschaftsraum wieder herauszuarbeiten, ist das eine zentrale Thema unserer Arbeit.
Zudem ist die Schwentinemündung das attraktivste Naherholungsgebiet für die angrenzenden Stadtteile Wellingdorf und Dietrichsdorf. An kaum einem anderen Abschnitt der Kieler Wasserkante finden sich auf so engem Raum so unterschiedliche und vielfältige Nutzungen, die direkt oder indirekt mit dem Wasser zu tun haben.
Diese Nutzungen zu intensivieren und insbesondere den Fußweg um die Schwentinemündung herum als spannende Abfolge unterschiedlicher, auf die jeweils dahinter liegende Nutzung abgestimmter Etappen neu zu inszenieren, ist das zweite zentrale Thema.

Zwei Bereiche werden besonders baulich betont: An der Engstelle am Fähranleger Dietrichsdorf (Teilgebiet 1) soll zukünftig der Baukörper der neuen Mensa nicht nur eine bauliche Visitenkarte der Fachhochschule ans Wasser bringen, sondern gleichzeitig den fördeseitigen Eingang in den Stadtraum Schwentine markieren. Die Mensa erhält aufgrund ihrer großen städtebaulichen Bedeutung als einziger Baukörper eine Sonderform, die ihre herausgehobene Stellung verdeutlicht. Als Entree zur FH werden die wasserseitigen und die Obergeschoss-Fassaden transparent ausgebildet; das nach Norden ansteigende Gelände wird um den Baukörper abgegraben, sodass die im Sockelgeschoss im Norden angeordneten geschlossenen Technik- und Nebenräume zur Straße fast nicht in Erscheinung treten. Dieser abgesenkten Freibereich nimmt auch die Anlieferung und die Personalstellplätze auf. Besucherstellplätze werden hier nicht ausgewiesen, da davon auszugehen ist, dass die Nutzer der Mensa die auf dem FH-Gelände vorhandenen Stellplätze nutzen.
Den östlichen Abschluss des Stadtraums Schwentine bildete bis zu ihrer Zerstörung im zweiten Weltkrieg die Baltische Mühle, deren Grundmauern, Gewölbe und Reste der Turbinen noch erhalten sind (Teilgebiet 5). Das Fehlen des Baukörpers der Mühle bedeutet nicht nur historisch, sondern auch räumlich einen großen Verlust, da dadurch der ehemals klare Abschluss des Stadtraums Schwentine zum östlich anschließenden Landschaftsraum abhanden gekommen ist.
Im Zuge der Neudefinition der Räume halten wir es für unverzichtbar, diesen Abschluss an der Schwentinebrücke wieder herzustellen. Da die einstmals große bauliche Dichte an dieser Stelle aber spätestens mit dem Abriss der Holsatiamühle nicht wieder in der historischen Form herstellbar ist, schlagen wir abweichend von der früheren Gestaltung am Ort der Baltischen Mühle einen vergleichbar hohen, aber vom Baukörper des Restaurants Alte Mühle abgesetzten kürzeren Baukörper vor. Dieser schließt die weitgehend geschlossene Bebauung des Südufers ab und leitet auf die lockerere Bebauung des Nordufers über, die vielfältige Durchblicke auf den grünen Dietrichsdorfer Südhang zulässt. Diese Durchlässigkeit ist eine neue Qualität, die früher nicht vorhanden war und die es zu stärken gilt.
Zwischen diesem Baukörper und dem Restaurant "Alte Mühle" wird der Bereich der ehemaligen Turbinen von Bebauung freigehalten; auf den historischen Gewölben entsteht eine Aussichtsplattform. Die vorhandenen Turbinengewölbe werden reaktiviert und teilweise von oben geöffnet. Wir schlagen vor, in zwei der alten Gewölbeabschnitte bewegliche Skulpturen einzubauen, sodass die Nutzung der Wasserkraft auch im Vorbeilaufen visuell erfahrbar wird.
Der Baukörper für den wir eine Nutzung als Hotel vorsehen, der aber ohne Änderung der städtebaulichen Parameter auch eine Büronutzung aufnehmen könnte, erhält anders als der Großteil der historischen Gebäude keine Fassade aus Ziegelmauerwerk. Seine immense städtebauliche Bedeutung wird durch eine Fassade aus grünlichen Profilglaselementen mit geschosshohen schmalen Fenstern unterstrichen, die im Zusammenhang mit dem Wasser der Schwentine ein intensives Lichtspiel erwarten lässt. Das Erdgeschoss wird weitgehend transparent gehalten und nimmt die öffentlichen Nutzungen Restaurant, Lobby und Bar auf.

Zwischen diesen beiden wichtigsten baulichen Protagonisten werden auf beiden Schwentineufern unterschiedliche Bau- und Uferformen entwickelt. So werden auf der Südseite (Teilgebiet 5) die dichte, drei- bis fünfgeschossige Bebauung am Seefischmarkt nach Osten mit einem Büro- und Gewerbebau ("Schwentinehöfe") und die Uferlinie als harte Kaikante fortgeführt. Der Kai erhält ab der Dampferanlegestelle Welingdorf eine untere Ebene mit ca. 1 m ü. NN., um die Wasserlinie für Flaneure erreichbar zu machen und eine bessere Zugänglichkeit der Liegeplätze zu gewährleisten. Der vorhandene Steg wird als Schwimmsteg erneuert und nach Westen verlängert.
Der dahinter liegende Baukörper führt an seiner Nordseite die strenge Baulinie des IfM-Geomar weiter, seine Südseite wird, dem Grundstücksverlauf angepasst, gestaffelt. Während die beiden westlichen Bauabschnitte des Gebäudes aus Lärmschutzgründen gewerbliche Nutzungen erhalten, sind im östlichen Teil in den Obergeschossen auch Wohnungen denkbar.
Hinter dem Gebäude wird die Zufahrtstraße zum Seefischmarkt nach Osten verlängert. Sie dient als Zufahrt zu den Schwentinehöfen und wird danach als Fußweg bis zum Lunapark fortgesetzt. Die Stellplätze des Gebäudes liegen unter den Innenhöfen und werden um weitere Plätze auf der breiten Kaifläche ergänzt.
Am östlichen Ende des Gebäudes wird die Kaifläche nach Süden als steinerner Platz aufgeweitet. Dieser Platz bildet als Gelenk des Wanderweges einen großzügigen Übergang zwischen Lunapark und Kai und nimmt die Skulpturen auf, die zurzeit auf der Kaifläche nordöstlich des IfM-Geomar stehen. Wir halten es für sehr wichtig, dass die Wasserkante vollständig öffentlich begehbar wird. Um das zu ermöglichen, schlagen wir vor, den Anglerverein vom Kai auf einen Schwimmponton vor die östliche Kaikante zu verlegen.

Am Nordufer der Schwentine wird ein anders Bebauungskonzept verfolgt. Der harten Kante des Seefischmarktes antwortet hier ein heterogenes und der natürlichen Topographie folgendes Ensemble. Durch den Verlust der Holsatiamühle und ihrer früheren Nebengebäude ist heute eine Blickbeziehung von der Schwentine zum Dietrichsdorfer Südhang gegeben, die unbedingt erhaltenswert ist. Die neue Bebauung orientiert sich daran und lässt Durchblicke und Sichtachsen zu.
In östlicher Verlängerung der um ein Staffelgeschoss aufgestockten Kompassklinik (Teilgebiet 3) sehen wir eine Kette kleinerer Büro- und Gewerbebauten vor, die auf einem gemeinsamen Sockelgeschoss stehen. Dieses nutzt den Höhenversprung zwischen der unteren, grünen Naturebene und der um ein Geschoss erhöhten Straßenebene zur Unterbringung der erforderlichen Stellplätze.
Diese Gebäude, die etwas niedriger als die Kompassklinik bleiben und dadurch der Klinik sowie dem Albert-Einstein-Haus ihren dominanten Status belassen, können eine Erweiterung der Klinik aufnehmen oder für eine unabhängige Nutzung entwickelt werden. Bei diesen Gebäuden ist ergänzend eine Wohnnutzung in den oberen Geschossen denkbar, da ihr außerordentlich hoher Wohnwert mit Südhang und Wasserblick den Nachteil einer temporären Schallbelastung bei weitem aufwiegt.
Die Häuser werden über ein System aus Vorplätzen von der Straße "An der Holsatiamühle" erschlossen. Teil der Gestaltung dieser Vorplätze werden Hochbeete mit Oberlichtern für die darunterliegende Tiefgarage, die so natürlich belichtet und belüftet wird. Die Stellplätze der Kompassklinik behalten ihren Standort nördlich des Gebäudes und werden neu geordnet.
Im Süden ist den Gebäuden eine schmale private Gartenzone vorgelagert, die zum öffentlichen Grün des Wanderweges vermittelt. Der vorhandene Wanderweg wird über eine Rampe rollstuhlgerecht an das Straßennetz angebunden und öffnet sich hier zu einer breiten naturnahen Streuobstfläche mit eingestreuten Blumenwiesen, die mit verschiedenen Aktivitäten wie Boule, Grillen, Federball etc. bespielt wird. Die Felder werden lediglich in der Fläche markiert, so dass der Bereich auch gestalterisch eine Ruhezone bleibt - die eigentliche Attraktion ist und bleibt die Schwentine.

Der Bereich des jetzigen Parkplatzes des Albert-Einstein-Hauses (Teilgebiet 4) muss dauerhaft eine große Anzahl von Stellplätzen aufnehmen. Da allerdings ein reines Parkhaus an dieser Stelle städtebaulich sehr unbefriedigend wäre, sehen wir unter Ausnutzung des großen Höhenunterschieds zum Heikendorfer Weg ein hybrides Gebäude vor: Die vier Parkebenen werden terrassenförmig mit Wohnungen in Form von gestapelten Einfamilienhäusern überbaut. Diese werden ausschließlich nach Süden ausgerichtet; sie wenden dem stark befahrenen Heikendorfer Weg ihre geschlossene Rückseite zu und erhalten nach Süden ausgerichtete Dachterrassen, die genauso groß sind wie die zugehörigen Grundrisse. Ihre Typologie als Hofhäuser sorgt trotz der vergleichsweise dichten Anordnung für größtmögliche Privatheit der Freibereiche; selbst vom benachbarte Wohnturm sind diese Privatbereiche nicht einsehbar. Dafür gewährleistet die Terrassierung für jede Wohnung Ausblicke auf die Schwentine.
Das Parkhaus ist denkbar wirtschaftlich organisiert, da die Ebenen von drei Erschließungsniveaus angefahren werden können. Die oberste Ebene wird vom Heikendorfer Weg erschlossen und nimmt die Stellplätze der Wohnungen auf. Die darunterliegende Ebene wird über eine dem natürlichen Hang folgenden Rampe östlich des Hauses erreicht und fasst die Stellplätze des Hotels und des Restaurants. Die unterste Zufahrt liegt gegenüber dem Eingang des Albert-Einstein-Hauses auf Straßenniveau und erschließt die Stellplätze dieses Hauses auf den unteren beiden Ebenen, die als einzige über interne Rampen verbunden sind.
Vor dem Terrassenhaus entwickelt sich ein schmaler Platz, über den ebenerdig sowohl die hier angeordneten Gewerbeflächen, das Albert-Einstein-Haus und das östlich benachbarte Haus angebunden sind. Gleichzeitig verläuft über diesen Platz und durch das Terrassenhaus hindurch eine Freitreppe, die den Heikendorfer Weg mit der Schwentine an der Alten Mühle verknüpft.
Wenn das vorhandene Mensagebäude nicht mehr benötigt wird, wird sein jetziger Standort (Teilgebiet 2) für eine Erweiterung des Freibereichs am Segelhafens genutzt. Der Hafen wird dann ebenfalls erweitert und um einige Pavillonbauten ergänzt, die Servicedienste für die Sportboothäfen aufnehmen. Oberhalb der neuen Freifläche schließen sich im Maßstab der qualitätvollen vorhandenen Bebauung kleinere Baukörper an, die dem Straßenverlauf folgen und die langfristig ergänzende Nutzungen zur FH aufnehmen können.
Der Wanderweg verläuft wie bisher über einen Steg übers Wasser zur neuen Mensa, vor der großzügige Freitreppen bis ins Wasser führen. Dieser Bereich wäre für einen Tretbootverleih oder als Anlaufpunkt für Wassertaxis ideal.
Der Weg um die Schwentine ist damit durchgängig vom Marinearsenal bis zum Ostuferhafen; er durchläuft sehr unterschiedliche räumliche Situationen und an zahlreichen Stellen wird die Wasserkante bespielbar ausgebildet. Die eigentliche Inszenierung des Wassers leisten aber die Häfen, der Betrieb auf der Schwentine und die zahlreichen unterschiedlichen Nutzungen im Rücken des Weges.