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Offener Wettbewerb | 07/2018

Haus der Statistik in Berlin - Fassade und städtebauliche Arrondierung

Haus der Statistik - Berlin

Haus der Statistik - Berlin

2. Rundgang

ATELIER . SCHMELZER . WEBER Architekten PartGmbB

Architektur

Erläuterungstext

Leitidee des Entwurfes ist es die Geschichte spürbar zu bewahren und zugleich ein zukunftsweisendes „grünes“ Zeichen im Kontext einer notwendigen nachhaltigen Stadtentwicklung zu setzten.

_Fassadengestaltung

Das „Haus der Statistik“ befindet sich in zentraler und exponierter Lage am Alexanderplatz und steht im Fokus der aktuellen Berliner Stadtdiskussion. Zudem bildet es gemeinsam mit dem „Haus des Lehrers“ den Auftakt zur prominenten Karl-Marx-Allee.
Daher wird vorgeschlagen den elfgeschossigen Kopfbau (Gebäudeteil A) mit seiner plastisch gestalten Fassade in seiner Erscheinungsform zu erhalten und weiterhin mit dem „Haus des Lehrers“, sowie dem „Haus des Reisens“ in einen geschichtsrelevanten Dialog treten zu lassen. Dieser Ansatz entspricht auch den Bestrebungen, die Karl-Marx-Allee in die Welterbeliste der UNESCO eintragen zu lassen. Die Fassadenbauteile weisen jedoch erhebliche Schäden auf und entsprechen nicht mehr den heutigen Anforderungen, wodurch gegebenenfalls eine Neuerstellung der Fassade in bauzeitlicher Anmutung erfolgen muss.
Die Otto-Braun-Straße wird von einer neungeschossigen 120m langen Hochhausscheibe (Gebäudeteile B u. C) flankiert. Den Abschluss des Ensembles bildet das nach hinten versetzte zwölfgeschossige Gebäudeteil D. Für alle drei Gebäudeteile wird der vollständige Rückbau der Bestandsfassaden vorgeschlagen. Um den ursprünglichen Geist des Ortes und den Charakter des Hauses in seiner Gesamtheit zu wahren wird für diese Gebäudeteile eine zeitgemäße Fassade konzipiert, welche sich aber in Materialität, Modularität und Maßstäblichkeit an der historischen Fassade orientiert. In einem regelmäßigen Duktus werden zwei unterschiedliche Vorhangelemente angeordnet, welche sich in Höhe und Tiefe differenzieren. Sie verleihen den Gebäudeteilen B bis D eine gleichmäßige reliefartige Plastizität und kommunizieren gestalterisch mit dem prägnanten Kopfbau entlang der Karl-Marx-Allee.

_Brandschutz

Unter Einhaltung der Hochhausrichtlinien werden ausschließlich nicht brennbare Baustoffe verwendet. Zwischen den Geschossen wird ein Feuerüberschlagsweg von min. 1m eingehalten. Die geforderten 3m öffnungsfreien Wandzonen im Bereich der Innenecken zwischen den Gebäudeteilen sowie der Treppenhäuser werden berücksichtigt und durch geschlossene Wandbereiche in den Fassaden realisiert. Die Treppenhäuser der Gebäudeteile B und C werden in ihrer gestalterischen Gliederung erhalten. Zusätzliche öffenbare Fenster sowie Rauchabzugsanalgen an oberster Stelle erfüllen die brandschutztechnischen Anforderungen.

_Pflanzmodule

Die Regelfassade wird durch Pflanzmodule ergänzt, welche zu einer individuellen Ausformulierung der einzelnen Fassadenflächen und einer weiteren Gliederung der Gebäudevolumina beitragen. Die Integration der vertikal ausgerichteten ganzjährig „grünen“ Pflanzmodule mit Bäumen, Gräsern und Stauden verleihen den Gebäuden einen besonderen Charakter und ein neues angemessenes Gesicht. Die vertikale Gesamtstruktur der Pflanzmodule orientiert sich dabei gestalterisch an der ursprünglichen Gliederung der Bestandsfassaden durch vorgehangene Ornamentstreifen.
Die Pflanzbalkone werden in einer mehrschichtigen Bauweise mit Schüttgutdränage und Wasserleitsystem vorgesehen. Das Pflanzsubstratwird über dem mineralischen Untersubstrat aufgebracht. Ein darunterliegendes Filtervlies schützt Drän- und Wasserspeicherelemente vor Substrateintritt. Darunter trennt ein Schutz,- und Speichervlies die Dränelemente vor dem Untergrund. Bei Starkregen, leitet ein Ablaufschacht überschüssiges Regenwasser von den Balkonen ab. Durch die Speichersysteme wird Regenwasser optimal zur Bewässerung genutzt. Darüber hinaus werden die Planzungen mittels eines mechanischen, wasserdruckgesteuerten Bewässerungsautomates optimal mit Wasser versorgt.
Für die Pflanzungen werden kleinkronige Gehölze sowie pflegearme Stauden und Gräser ausgewählt, welche sich durch eine abwechslungsreiche Blüh- und Laubabfolge auszeichnet. Auf der Südfassade dominieren zwei Pflanzthemen. Mehrstämmige Birken (Betula utilis Doorenbos) und der französische Ahorn (Acer monspessulanum) werden mit Gräsern und Farnen unterpflanzt und bieten dadurch einen besonders schönen Hebst- und Winteraspekt. Blühende Zierkirschen in verschiedenen Varietäten in Kombination mit weißblühenden Deutzien (Deutzia gracilis) und Schneeball (Viburnum opulus) bieten einen besonderen Blickfang im Frühling. Dazu werden abwechslungsreiche Staudenunterpflanzungen vorgesehen. Winterjasmin (Jasminum nudiflorum) bereichert das Bild mit ihren überhängenden Trieben. An der Nordfassade werden schattenverträgliche Gehölze gewählt. Feldahorn (Acer campestre), Hartriegel (Cornus sanguinea) und Eunonymus euopaeus bestechen durch farbige Ast- und Laubfärbung. Unterpflanzungen mit Farnen, Gräsern und schattenliebenden Stauden, werden abgestimmt auf den Standort ausgewählt. Wintergrüne Arten wie der Kirschlorbeer (Prunus laurocerasus) oder Mahonia bereichern auch im Winter das Fassadenbild.
Die vielseitigen Pflanzungen lassen die Fassade in einem abwechslungsreichen und angenehmen Bild erscheinen. Darüber hinaus bieten sie Tieren wie Insekten und Vögeln Lebensraum und sorgen für eine angenehme Arbeitsatmosphäre für die Nutzer des Gebäudes. Sie leisten einen wertvollen Beitrag zur klimatischen Verbesserung und der Reduktion des Schadstoffgehalts in der Luft.
Im Rahmen aktueller Debatten um die besonders belastete Luft in Städten, bietet sich hier die Chance einen Impuls für eine saubere grüne Stadt in prominenter und verkehrlich stark frequentierter Lage zu setzen. Die neue Fassade könnte als Katalysator für weitere Projekte dienen und als Pilotprojekt für eine zukunftsorientierte Stadt verstanden werden. Dass eine wirtschaftliche Erstellung und praktikable Betriebsweise umsetzbar sind beweisen bereits realisierte Projekte (z.B. Bosco Verticale, Mailand).

_Konstruktion

Die Tragkonstruktion ist Teil des Gestaltungskonzeptes. Die Balkonanlagen stehen als eigenständiges Tragwerk vor der Fassade des Hauses. Die Anschlüsse an die bestehende Rohbaukonstruktion dienen lediglich der horizontalen Aussteifung.
Die Böden und Brüstungen der Balkone sind aus Stahlbeton konzipiert und bilden zum Großteil die Pflanztröge. Neben den horizontalen Brüstungslasten, ist der Erddruck der Pflanzerde von der Konstruktion somit ohne weiteres aufnehmbar. Die Vertikalkräfte aus den Balkoneigen- und Nutzlasten übernehmen Stahlrohrstützen mit 152,4 mm Durchmesser. Je nach erforderlicher Tragfähigkeit werden die Wandungsdicken der Stahlrohre etagenweise nach unten erhöht. Über den Hohlraum einiger Stützen erfolgt die notwendige Bewässerung der Bepflanzung. Besonders hoch belastete Stützen sind ebenfalls als Verbundstützen mit Betonfüllung möglich. Die Bemessung der Stützen erfolgt unter Ansatz der vertikalen Lasten sowie aus horizontaler Beanspruchung aus den Stabilisierungslasten der Bäume unter Windbeanspruchung.
Die Balkone enden mit ihren Stützungen auf die bewusst massiv in Erscheinung tretenden Kolonnaden im Erdgeschoss der Häuser. In die Stahlbetondecke dieses Vorbaus sind konstruktive Maßnahmen gegen das Durchstanzen der Balkonstützungen inbegriffen. Die massiven Pfeiler nehmen die Vertikalkräfte auf. Die Balkonanlagen erhalten eine eigenständige Gründungen, deren Tiefe und konstruktive Ausbildung auf die Bodenverhältnisse und die Bestandsgründung des Hauses abgestimmt werden.
Auf Grund der Verwendung von einheitlichen Fassadenelementen und -modulen kann eine sehr hohe Vorfertigung, unkomplizierte Montage und wirtschaftliche Erstellung gewährleistet werden. Die hellen Betonelemente stehen im Kontrast zu den umlaufenden Fensterbändern, welche sich auf Grund der differenzierten Plattenformate ebenfalls wechselnd in der Höhe unterscheiden und die Plastizität der Fassade unterstreichen. Der ausgewogene Fensterflächenanteil erlaubt lichtdurchflutete Innenräume sowie optimale Arbeitsbedingungen. Die Fensterteilung erfolgt im 1,20m Raster, wodurch die notwendigen Anschlussmöglichkeiten für Trennwände und eine damit verbundene hohe Grundrissflexibilität sichergestellt wird. Regelmäßig angeordnete öffenbare Fensterflügel erlauben eine natürliche Belüftung aller Bereiche. Auf Grund der starken Verkehrsbelastung der angrenzenden Straßen werden zusätzliche schallreflektierende Prallscheiben vorgesehen. Zur Einhaltung des sommerlichen Wärmeschutzes verfügen alle sonnenexponierten Seiten über einen außenliegenden, individuell steuerbaren Sonnenschutz, welcher windunabhängig hinter der Prallscheibe geführt wird.

_Städtebauliche Arrondierung

In einem zweiten Realisierungsabschnitt erfolgt die Neugestaltung der Freibereiche sowie eine bauliche Erweiterung entlang der Otto-Braun-Straße. Es wird ein eingeschossiger Riegel vorgeschlagen, welcher parallel zur Straße verortet wird. Dieser stärkt die städtebaulichen Kanten und gliedert den öffentlichen Raum. Fassade und Grundrissstruktur orientieren sich dabei am neu gestalten Haus der Statistik, wodurch nicht nur ein zusammenhängendes Ensemble generier wird sondern auch in sich tragbares Nutzungskonzept der Erdgeschosszonen. Zwischen Alt- und Neubau entsteht eine ruhige aber gut wahrnehmbare verkehrsfreie Gasse mit besonderer Aufenthaltsqualität. Es werden überwiegend Flächen für eine gewerbliche Nutzung wie Shops, Restaurants oder Galerien vorgesehen. Die vorgeschlagene Grundrissstruktur sowie das konzipierte Tragwerk des Erweiterungsbaus erlauben eine maximale Flexibilität der Flächengestaltung.
Die Baumreihe entlang der Otto-Braun-Straße wird erhalten und weitergeführt. Vor dem Gebäudeteil D wird eine Platzfläche mit Baumfeld ausgebildet, welche besonders im Kontext einer potentiellen gastronomischen Einrichtung zum Verweilen einlädt. Das markante Zugangsbauwerk mit dem geschwungenen Dach bleibt als typisches historisches Fragment erhalten. Eine zeitversersetzte Realisierung des zweiten Bauabschnittes ist problemlos möglich. Barrierefreie Zugänge und Übergänge zwischen Alt- und Neubau werden sichergestellt.
Haus der Statistik - Berlin

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