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2. Rang 3 / 3

Einladungswettbewerb | 04/2016

Neues Alterszentrum St. Anna

Emilie

3. Rang

ro.ma. röösli & maeder GmbH Architekturbüro

Architektur

koepflipartner

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Kontext

Die bestehende Gesamtanlage der Schwesterngemeinschaft St. Anna ist ein über die Zeit gewachsenes und entsprechend heterogenes Konglomerat von Bauten. Sie wurde in der letzten Etappe um die Kapelle St. Anna erweitert, welche trotz ihrer, im Verhältnis zu den angrenzenden Bauten bescheidenen Grösse, das räumliche und spirituelle Zentrum der Anlage bildet. Die geplanten Ersatzneubauten und Umbauten bieten die Chance, einen beachtlichen Teil der Bausubstanz neu zu formieren und die Bauten konzeptionell stärker miteinander in Beziehung zu setzen.


Städtebauliches Konzept Volumetrie

Während das Quartier südlich der Rigistrasse primär von punktförmigen Bauten und einer angemessenen Durchgrünung geprägt ist, vollzieht der Komplex der Klinik St. Anna mit seiner plastisch ausgebildeten, 180m langen Fassadenabwicklung einen markanten Massstabssprung. Vor diesem Hintergrund erscheint es legitim, dass die Volumen der Schwesterngemeinschaft den quartierüblichen Charakter etwas strapazieren. Trotzdem versucht das Neubauprojekt sich in Bezug auf die Körnung an seinem kleinmassstäblicheren Umfeld zu orientieren und formt entsprechend gegliederte Körper. Dieser respektvolle Umgang mit der Nachbarschaft kommt auch der Kapelle St. Anna mit ihren verhältnismässig bescheidenen Dimensionen zu gute, welche andernfalls von den Neubauten zu stark bedrängt würde.

Über dem zum Sockelgeschoss verlängerten GMT erstreckt sich parallel zur Rigistrasse der vier- bis fünfgeschossige, längliche Pflegetrakt, mit einer maximalen Fassadenhöhe von 20m im Westen und ca. 17m im Osten. Er flankiert die Kapelle analog dem in seinen Proportionen verwandten Haus Rosenhalde, setzt aber als Abschluss zur Geländekante des Tales mit seinem Dachgeschoss einen Akzent.

Im Sinne einer Stärkung der Idee eines Alterszentrums halten wir es für adäquat, dass auch die Adressierung der Wohnnutzung auf dem Niveau der Tivolistrasse erfolgt. Der Neubau für das begleitete Wohnen wird entsprechend als punktförmiges Volumen auf der Ostseite des heutigen GMT, diagonal gegenüber der Kapelle positioniert und spannt mit seinem Gegenüber einen Platz auf. Während die Setzung im Umfeld der vorgefunden Körnung als selbstverständlich erscheint, muss dazu ein Teilabbruch bzw. ein radikaler Umbau des östlichen GMT-Bereiches in Betracht gezogen werden. Im Gegensatz zu einer Aufstockung, welche aufgrund der Statik und der „unebenen“ Dachlandschaft des GMT ebenfalls mit einer grossen Eingriffstiefe verbunden wäre, resultiert aus dem Teilabbruch entlang einer klaren Schnittlinie eine Ausgangslage, die einen effizienten Bau mit altersgerechten Wohnungen erlaubt.


Städtebauliches Konzept Freiräume

Der Vorplatz der Kapelle bildet heute am Ende der Tivolistrasse den Auftakt zur Gesamtanlage. Er liegt konzeptionell in der Mitte eines Kreuzes von qualitätsstiftenden, „halböffentlichen“ Aussen- und Innenräumen, gebildet aus der kleinen Parkanlage im Süden, der erhöhten Terrasse mit Pergola im Osten, der Kapelle im Norden und dem dreiseitig umschlossenen Hofraum im Westen. Diesem Hofraum kommt in der neuen Konzeption eine grosse Bedeutung zu. Während der Raum sich heute kontinuierlich verjüngt und mit verschiedenen Elementen sehr kleinteilig strukturiert ist, wird er im Neubauprojekt ausgeweitet, aber zurückhaltend und grosszügig gestaltet. Er bildet somit einen klaren, räumlichen Schlusspunkt am Ende der Tivolistrasse und einen angemessene Eingangssituation für das Alterszentrum. Da der Pflegeneubau gegenüber der bestehenden Südfassade des St. Raphael zurückspringt, partizipiert auch die Kapelle mitsamt dem vorgelagerten Podest am Hofraum und wird dadurch in ihrer Bedeutung für die Gesamtanlage gestärkt. Eine raumbildende Arkadenreihe etabliert einen partiell gedeckten Weg vom Pflegezentrum zur Kapelle und integriert gleichzeitig eine Rampe zum überwinden des Höhenunterschiedes.


Innere Organisation Pflegeheim

Das Ankunftsgeschoss bildet volumetrisch einen flächigen Sockel, der die verschiedenen Volumen miteinander verbindet. Das überhohe Geschoss beherbergt, ausgehend vom Foyer mit der Reception, die Dienstleistungen mit einem gewissen Gemeinschaftsanspruch innerhalb der Anlage: Esswohnraum und Bistro mit Zugang zur Tivoli-Dachterrasse, Speise- und Getränkelogistik, Mehrzecksaal, Bibliothek, Spitex, Arzt, Coiffeur, Podologie, Post. Die innere Erschliessung dieser Eingangsebene entwickelt sich als Rundlauf um einen Innenhof. Die Anordnung und Priorisierung ermöglicht eine Differenzierung von Besucherwegen und internen Versorgungswegen, beispielsweise von der Satelitenküche bis zum Verbindungstunnel zur Klinik.

Ausgehend von dieser Verteilebene erschliessen die neuen Treppen- und Liftkerne parallel zur Rigistrasse und das Treppenhaus im GMZ die Unter- und Obergeschosse. Im ersten Obergeschoss des länglichen Neubaukörpers ist die interne Büronutzung auf einer flexibel unterteilbaren Fläche konzentriert und begünstigt eine effiziente Verwaltung.

Über der Büronutzung sind drei Geschosse mit je einer Pflegebetriebseinheit vorgesehen. Das Teambüro , der Multifunktionsraum und die zwei Zugänge zu den Wohngruppen werden direkt an die vertikale Erschliessung angegliedert. Während die individuellen Zimmer der Wohngruppe alle gegen Süden orientiert sind, bilden Korridor, Wohn-Essraum und Küche einen Rundlauf um die innenliegenden Nebenräume. Die einfach verständliche Anordnung nimmt Rücksicht auf die Wahrnehmung und die Bedürfnisse dementer Bewohner.

Das Dachgeschoss, welches sich nur über eine begrenzte Fläche des Volumens erstreckt, beherbergt Räume, die dem seelischen Ausgleich, der Ruhe und der Entspannung für Bewohner und Personal dienen. Neben dem Aktivierungsraum, dem Meditationsraum und dem Pflegebad befinden sich an dieser privilegierten Lage auch die Aufenthalts- und Ruheräume des Personals. Ein im Volumen integrierter, introvertierter Dachgarten komplettiert das Angebot auf diesem Geschoss.
Im ersten Untergeschoss sind Infrastruktur-, Lager-, Technik- und Personalräume untergebracht. Die innere Erschliessungsstruktur in Form eines Rundlaufes zeichnet das darüberliegende Eingangsgeschoss nach und profitiert teilweise ebenfalls von einer natürlichen Belichtung über den Innenhof.

Im zweiten und dritten Untergeschoss befindet sich die neue Einstellhalle, welche dank einer Schnittausbildung mit Split-Level die Rampen effizient in die Parkingstruktur integrieren kann und über eine tunnelartige Verbindung direkt ab der Tivolistrasse bei der vordefinierten Einfahrt erschlossen wird.


Innere Organisation begleitetes Wohnen

Beim begleiteten Wohnen wird grossen Wert auf eine eine separate Erschliessung mit entsprechender Adressbildung gelegt. Der Hauptzugang für das begleitete Wohnen erfolgt wie beim Pflegeheim ebenfalls über den von den Neubauvolumen aufgespannten Platz. Die zentralen Dienstleitungen im Erdgeschoss des Pflegeheimes sowie die St. Anna Kapelle, sind daher auch für diese Bewohner mit kurzen Wegen erreichbar. Auch der interne Gemeinschaftsraum mit Küche sowie die Veloabstellraum liegend ebenerdig, unmittelbar neben dem Eingang.

Die Innere Organisation des talseitig sechsgeschossigen Baukörpers sieht eine windmühlenartige Anordnung der Wohneinheiten um ein zentrales, zenital belichtetes Treppenhaus vor. Es resultieren kurze, altersgerechte interne Wege und kompakte Wohnungen die übereck organisiert sind. Service- und Waschräume sind über alle Geschosse verteilt, die Lagerräume liegen im Untergeschoss. Da der Wohnungsbau unmittelbar an das GMZ anschliesst, bestehen interne Verbindungsmöglichkeiten auf dem Niveau der Einstellhalle, sowie im Erdgeschoss.


Fassadengestaltung, Materialisierung

Um den Idee eines Alterszentrums zu stärken und mittels konstruktiver Homogenität eine optische Beruhigung der Gesamtanlage zu erreichen wird in der formalen Ausgestaltung der Neubauten bewusst eine Anlehnung an die schlichte Kapelle St. Anna gesucht.
Die Südfassade der Kapelle zeichnet sich durch eine reduzierte, rasterartige Gliederung Durch die subtile Situierung der neuen Bauten in den bestehenden Kontext, kann die Zuordnung der verschiedenen Bereiche und Flächen im Zentrum verbessert und präzisiert werden. Das Herzstück des Freiraumes bildet der hofartige Eingangsbereich, in welchem eine Baumgruppe aus Celtis australis (Zürgelbaum) einen poetischen Akzent bildet. Die gesamte Platzabfolge wird im Kontrast zum hellen Kapellensockel mit einem homogenen Asphaltbelag mit leichter Glimmereinstreuung zusammengefasst. Der kleine, südlich der Erschliessungsachse gelegene bestehende Park wird erhalten, aber von seinen kleinteiligen Einbauten und Pflanzungen befreit. Neu bieten drei Gartenzimmer, welche in die Topografie der Oertlichkeit integriert werden, Möglichkeiten zum verweilen. Eine Symphonie von frei angeordneten, weiss blühenden Amelanchien (Felsenbirnen), verzaubert den Ort mit der grandiosen Aussicht. Der naturhafte Aspekt der Hangsituation westlich des Neubaus wird belassen und mit neu zu pflanzenden einheimischen Gehölzen betont. Diese gehen fliessend über in den Stützenraster unter dem vorspringenden Gebäudeteil.
Die nicht begehbaren Flachdächer werden, in Anlehnung an das bestehenden Kapellendach, intensiv begrünt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der städtebauliche Vorschlag des Projekts Emilie zeigt, dass die Verfass er den Wettbewerb als Chance verstehen, die Heterogenität der bisherigen Situation in eine beruhigte neue Ordnung zu bringen. In seiner Körnigkeit nimmt das Projekt Mass an seiner Umgebung. Seine volumetrische Disposition hängt unmittelbar mit einem funk ionalen Grundsatzentscheid zusammen: Der Trennung von begleitetem Wohnen und Pflegewohnen. Diese Trennung, die auch Wert auf getrennte Adressbildungen legt, ermöglicht den Projektverfassern, die einzelnen Gebäude städtebaulich differenziert in die Umgebung zu integrieren. Die respektgebietend vorspringende Kapelle, der zweiseitige, das Entrée begleitende Portikus des neu formulierten Sockelgeschosses mit Eingangshalle, der neue Wohnbaukörper und der südlich liegende Garten bilden zusammen eine grosszügige räumliche Willkommens - und Empfangsgeste, akzentuiert mit einer mittigen Baumgruppe und gedecktem Zugang. Auch die Volumetrie des an der Rigistrasse gelegenen Pflegetrakts reagiert mit einer differenzierten Schnittfigur auf ihre Umgebung: Mit einer Fassadenhöhe von rund 20 m ist sie im Westteil um ein Geschoss höher und setzt somit nicht nur einen Akzent zur schroffen Geländekante im Westen, sondern beherbergt in ihrem obersten Geschoss auch alle jene Nutzungen, die dem Wohlbefinden von Bewohnern und Personal dienen: Meditations - und Aktivierungsraum, Pflegebad, Aufenthalts - und Ruheräume mit integriertem Dachgarten und optimaler Aussicht. Gegen die Kapelle auf der Ostseite ist das Gebäude um ein Geschoss reduziert. Das als flacher Sockel ausgebildete neue Eingangsgeschoss verbindet die einzelnen Volumina im Innern und ist mit den öffentlich zugänglichen Funktionen und Räumen ausgestattet: Foyer, Reception, Esswohnraum und Satellitenküche, Bistro, Bibliothek, Arzt - und Spitex - Räume, Coiffeur usw. Im Sockelgeschoss befinden sich auch die separaten Erschliessungskerne der beiden Wohnbereiche und den zugeordneten Untergeschossen. Doch trotz eines mittig gesetzten Hofgartens mit Sicht auf die Baumkronen und einer angrenzenden inneren Promenade, entlang d er sich einige Räume im EG und UG belichten lassen, überzeugen die innenräumlichen Qualitäten nicht im gewünschten Ausmass: Die Reception ist in keiner Weise repräsentativ, die Aufenthaltszonen gleichen mehr verbreiterten Gängen als nutzbaren Räumen, die Verbindung zum Bistro mit Aussicht bleibt räumlich ungenutzt und eher versteckt. Zwischen Sockel - und dreigeschossigem Pflegewohntrakt liegt die Ebene mit den administrativen Nutzungen. Sowohl die Büroebene sowie die drei Geschosse des Pfelegewohnheimes fallen durch ihre rigide Organisation der Funktionen und Räume auf: Alle Zimmer haben zwar Aussicht. Doch ihre straffe Aufreihung entlang eines langen Ganges führt dazu, dass die Aufenthaltszonen mit Aussenräumen praktisch auschliesslich nordseitig orientiert sind. Da bleibt kein Platz für irgendein räumlich verführerisches Surplus. Der Wohnbaukörper steht anstelle des dafür abgerissenen Ost - Teils des GMZ und ist als 4 - Spänner mit je zweiseitig orientierten Wohnungen organisiert. In seinem Erdgeschoss sind zur Platzseite hin allgemeine Nutzungen, zur Südseite hin bereits Wohnungen untergebracht. Über eine Split - Level Lösung fügt sich die Tiefgarage auf dem zweiten und dritten Untergeschoss rationell in die bauliche Struktur ein. Die Anlieferung erfolgt einerseits über die Rigistrasse, andererseits über die Einstellhalle. Die Fassadengestaltung der neuen Baukörper dialogisiert mit dem Erscheinungsbild der Kapelle. Auch sie setzt auf ein Zusammenspiel zwischen Betonraster und Füllelementen aus Holz und Glas, jedoch in anderer Massstäblichkeit und in zurücknehmender Farbigkeit, so dass zur Kapelle keine Konkurrenz entsteht.

Landschaftsarchitektur

Das Neubauvolumen ist in drei Körper aufgeteilt: ein 5 - 6 geschossiger Rücken in Fortsetzung der Bauten entlang der Rigistrasse, ein eingeschossiger, grossflächiger Zwischenbau und ein im Sockel eingebundene r, vorgelagerte r, würfelförmiger Punktbau. Es entsteht eine durchlässige Volumenstruktur , welche Durchblicke parallel und senkrecht zum Hang ermöglicht. Die Kapelle wird mit einem grosszügigen Platzraum respektvoll in die Zugangssituation eingebunden. D er Zugangshof mit angegliederter, abgetreppter Gartenebene wird zum Herz der Anlage. Auf dem eingeschossigen Sockelbau entsteht eine grosse intensiv begrünte Dachfläche, welche leider nicht von Bewohnern als halbprivater Gartenraum genutzt werden kann. Der halbgeschossig versenkte , baumbestandene , nicht benutzbare Innenhof im Sockelbau überzeugt einzig als Lichtfänger, nicht aber als Aussenraum.

Schlusswürdigung

Insgesamt zeigt das Projekt Emilie einen spannenden städtebaulichen Beitrag – jedoch mit einer gewissen Beeinträchtigung der Aussichtslage und Besonnung für den Hofplatz und den nördlichen Teil der Anlage. Der Entscheid, die beiden Wohnformen zu trennen, ja sie sogar in zwei unterschiedlichen Gebäuden unterzubringen, hat den Nachteil, dass eine wünschenswerte funktionale Langzeitflexibilität nicht gegeben ist. Auch wird mit der Rigidität der Grundr isse die Assoziation Pflegeheim stärker bedient als die Vorstellung einer Wohnform, die die zentralen Werte der St. Anna Gemeinschaft „Leben Spiritualität Herzlichkeit“ auch räumlich auszudrücken vermag.
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