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Offenes Verfahren | 12/2020

Neubau des Werkhofs in Amriswil (CH)

Modell Projekt: tatemono

Modell Projekt: tatemono

6. Rang / 6. Preis

streiff architekten gmbh

Architektur

SJB Kempter Fitze

Bauingenieurwesen

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt tatemono besticht durch eine grosse Simplizität, welche aber die Grenze zur Banalität gerade nicht tangiert. Als Grundform erinnert der einfach Baukörper mit seinem flach geneigten Dach an landwirtschaftliche Nutzbauten ebenso wie an Industriebauten der Umgebung – mit einigen kleinen Variationen und Motiven wird jedoch ein architektonischer Mehrwert gegenüber reiner Nutzbauten erreicht.

Alle Nutzungen werden in einem einzigen, grossen und äusserst einfachen Volumen zusammengefasst. Der Baukörper wird mit dem Ort zur Strasse orientiert und schafft so – mit der typischen Giebelfassade und der Befensterung der Büros – ein minimal formuliertes «Gesicht» gegenüber der Öffentlichkeit. Mit der Inszenierung der Silos wird eine architektonische Aussage auch für den Blick aus der Distanz gemacht. Hier wird Funktion zu Architektur – vermag aber eine gewisse, unangemessene Überinstrumentalisierung nicht zu vermeiden. Während die Interpretation des Zweckbaus «Silo» – der durch seine Grundform unvermeidlich zu einer Art Landmark wird – als Teil der architektonischen Baumasse noch nachvollziehbar, angemessen und sogar raffiniert wirkt, ist seine nächtliche Inszenierung als buntes Leuchtelement weder seiner Funktion noch seiner Wichtigkeit angemessen. Ein Salzsilo bleibt ein Salzsilo – und ein dramatisches, nächtliches Lichtspektakel ist für einen Werkhof weder städtebaulich, noch architektonisch, noch betrieblich wünschenswert.

Die aus architektonischer Sicht gelungene Integration des Silos ins Gebäude führt zu einer betrieblich problematischen Durchfahrt beim Befüllen der Fahrzeuge und beansprucht eine grosse Fläche des Gebäudes. Zudem ist es für den Betrieb im Störungsfall problematisch, dass das geforderte Salzvolumen in einem einzigen Silo zusammengefasst wird.

Die räumliche Grundorganisation ist so simpel wie einleuchtend. Das Zusammenfassen der verlangten Hallen zu einer grossen, mittig mit einer Stützenreihe unterbrochenen Halle, ist konstruktiv, räumlich und funktional angemessen. Allerdings entstehen dadurch wenig der vom Betrieb geschätzten Wandflächen. Die Anordnung der Büro- und Garderobenräume ist selbstverständlich und logisch, ebenso die Halle für den Winterdienst.

Bei der Ausbildung der Statik und Konstruktion zeigen sich exemplarisch die Stärken des Projektes: Die Holzkonstruktion ist einfach und zweckdienlich. Die lineare Anordnung und die Regelmässigkeit der Tragstruktur erlauben eine wirtschaftliche Umsetzung. Das allseitig ausladende Vordach wirkt sich positiv auf den Unterhalt und die Langlebigkeit der Gebäudehülle aus. Es ist also eine so simple wie angemessene Wahl der Mittel, die vorgeschlagen wird – und die im Bereich der Vordächer doch geschickt dazu genutzt wird, dem Gebäude eine verfeinerte Motivik zu verleihen. Dazu werden die beiden Längsträger und die Stützen leicht aus der Fassadenebene geschoben, sodass sie von Aussen sichtbar werden und dem Gebäude mit der Fügung von Stützen, Querträgern und Sparren eine ausgeprägte, sicht- und spürbare Tektonik verleihen. Eine minimale wie wirkungsvolle Massnahme, die so fast kostenfrei zu einem gestalterischen Mehrwert führt. Kontrastierend dazu wird eine grün gestrichene Hochtief-Schalung vorgeschlagen, welche die Statik in Sichtholz zusätzlich inszeniert. Es sind solche Massnahmen, die den Bau vor Banalität und Gewöhnlichkeit bewahren und seinen architektonischen Ausdruck mit einfachen Mitteln nobilitieren. Die vorgeschlagenen Faltläden allerdings wirken übertrieben und betrieblich nicht praktikabel.

Die Umgebungsgestaltung ist so logisch und simpel, wie das gesamte Projekt. Zufahrt, Umfahrbarkeit und die Anordnung der Parkplätze und Aussenlager sind folgerichtig angeordnet, auch wenn an diversen Stellen die Radien und Abstände zu knapp sind. Einzig die vorgeschlagene Bepflanzung des Areals mit fast 100 Bäumen und anderen Gehölzen scheint übertrieben. Das Gebäude muss sich nicht in einem eigentlichen Wald verstecken – und nicht zuletzt steht das komplette Verbergen des Baus in einem irritierenden Widerspruch zur gesuchten Fernsicht und Inszenierung des Siloturms.

Insgesamt handelt es sich um ein Projekt von grosser und stellenweise raffinierter Einfachheit – was sich auch in den günstigen Erstellungskosten niederschlägt. Allerdings wird architektonisch zu sehr auf die Wirkung des Siloturms gesetzt, der in der vorgeschlagenen Fassung nicht nur etwas übertrieben erscheint, sondern auch schlecht funktioniert – in einer funktionaleren Fassung aber seine architektonische Aufgabe nicht mehr erfüllen könnte.