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Offener Wettbewerb | 07/2018

Neuer Gemeindesaal in Arlesheim

Duett

2. Rang

Architekturbüro Nussbaumer Trüssel

Architektur

Fahrni und Breitenfeld Landschaftsarchitektem BSLA

Landschaftsarchitektur

hübschergestaltet

Visualisierung

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebauliches Konzept, Identität und Ausstrahlung der Gesamtanlage:
Zwei höhengestaffelte dunkle Baukörper mit abgerundeten Ecken sind Abschluss und Auftakt des Stollenrains zugleich und präzisieren den Übergang zum Dorfkern auf angemessene Weise. Die präzise Setzung dieser Baukörper mit erdgeschossig durchgängiger publikumsorientierter Nutzung erzeugt einen Ort von hoher sozialer und kultureller Vielfalt. Durch die Öffnung und die Zugänglichkeit auf allen vier Seiten wird der Ort bewusst als öffentlicher Raum im Quartier gesetzt. Damit gelingt es trotz unterschiedlicher Nutzung, ein Ensemble von Pfeffingerhof, Saalbau und Wohnungsbau zu schaffen, das sich einer Perlenkette ähnlich mit dem Park der Klinik Arlesheim und der Klinik selber nachvollziehbar ergänzt. Die Interpretation des Ortes als durchgehenden öffentlichen Raum ist dagegen kritisch zu hinterfragen.
Ein drei- und viergeschossiges ineinander verschränktes Volumen bildet die Form des Wohngebäudes. Die Schnittfläche der beiden rechtwinkligen Körper wird als Kern mit Lift, Treppenhaus und Nasszellen ausgebildet. Die Rinde um diesen Kern bildet eine flexible Raumschicht, die sich effizient und qualitätsvoll mit verschiedenen Typen von Wohnungen, Praxen etc. nutzen lässt. Das daraus entstehende Volumen ist schön proportioniert und lässt sich typologisch gut in die Bauten entlang dem Stollenrain einordnen.
Der Saalbau wird ähnlich komponiert, indem zwei ineinandergeschobene rechteckige Volumen eine Komposition mit einem hierarchischen höheren Teil, dem Saal, und einem tieferen Teil bilden. Dieser hierarchisch tiefere Teil nimmt die Massstäblichkeit des Pfeffingerhofs auf; er ist als dreiseitig offenes Foyer ausformuliert. In seiner äusseren Erscheinung ist der Saal schlicht aber präzise entworfen. Zweigeschossig durchgehende Holzlisenen deuten den „Festsaal“ und seine Bedeutung für die Gemeinde an. Die Öffnungen sind so gesetzt, dass der Saal nach Aussen wirkt und die Nutzungen zum öffentlichen Raum hin in einen Dialog treten können.
Die innenräumliche Vorstellung des Foyers und des Saalraumes ist weder atmosphärisch noch konstruktiv überzeugend und zeigt im Gegensatz zum sonst atmosphärisch dichten Projektansatzes eher einen „Mehrzwecksaal“ und nicht einen der Kunst und der Kultur gewidmeten Raum mit hohen akustischen und optischen Anforderungen.
Der öffentliche Raum, der die Gebäude durchgängig umgibt, folgt der Höhenentwicklung des umliegenden Geländes. Damit entsteht ein durchgehend geneigter Platz, der ohne Mauern und Treppenanlagen auskommt. Die Klarheit dieses Ansatzes wird mit wenigen Baumgruppen und dem durchgängig gleichen Platzbelag unterstützt; trotzdem mangelt dem Konzept die fehlende differenzierte Ausformulierungen der verschiedenen Anschlüsse zur Umgebung.
Die Formulierung des Innenhofes des Pfeffingerhofes mittels einer Pergola vor dem Foyer ist zwar für die Saalnutzung vorstellbar, nimmt aber auf die bestehende Infrastruktur nicht Rücksicht und unterstützt die Aufenthaltsqualität im Hof ausserhalb von Anlässen nicht. Die am Kopf des südlichen Längsbaus des Pfeffingerhofes angeordneten Fahrradabstellplätze sind so aufgrund des bestehenden Treppenabganges nicht machbar.
Die Funktionalität von Saal, Anlieferung Bühne, Hinterbühne und Instrumenten-raum, wie auch die generelle Konzeption der Trennung von Besuchern zu Künstlern bzw. Dienstleistern ist gegeben. Die Lage der Küche wird kontrovers diskutiert. Lage und Höhe des als Vergrösserung des Saals vorgesehenen Stauraums kann nicht überzeugen. Auch ist der Weg zu den Besuchertoiletten umständlich und im Zusammenhang mit der Nutzungszuteilung unklar.
Durch die einfache und klare Orientierung, der gleichwertigen Eingangssituationen und des erwarteten Ausdrucks des Saalbaus wird ein starkes Identitätspotential geschaffen.
Die Verträglichkeit von Betrieb Gemeindesaal mit der vorgeschlagenen Mantelnutzung sowie den umliegenden Wohn- und Kliniknutzungen wird dank der hohen Qualität des neu geschaffenen Quartierraumes und den einfachen aber klaren Nutzungszuordnungen erreicht.

Wirtschaftlichkeit:
Die Grundrissstruktur des Wohnhauses ist mit zentralem Kern und tragenden Fassadenstützen bzgl. Raumtrennung, Nutzung und Wohnungsgrössen flexibel. Die einfache und klare Struktur, die vorgeschlagene Konstruktion in Hybridbau-weise und die Materialisierung lassen eine wirtschaftliche Erstellung und angemessene Betriebs- und Unterhaltskosten erwarten. Die zulässige Nutzung wird nur zu zwei Dritteln ausgeschöpft. Dadurch dürfte die Wirtschaftlichkeit nicht überragend sein.
Der Saalbau ist statisch und konstruktiv einfach konzipiert. Durch hohen Anteil an vorfabrizierten Holzelementen und einem einfachen Stahlbetonskelett sind geringe Investitionskosten zu erwarten. Die Bewirtschaftung ist einfach und die Unterhaltskosten können als durchschnittlich erwartet werden.

Ökologische Aspekte:
Der Fokus der Arbeit liegt weniger bei der höchstmöglichen Verdichtung sondern in der Suche der Balance aller nachhaltigen Aspekte: Steigerung der gesellschaftlichen Teilhabe durch Schaffung eines öffentlichen Raumes für das Quartier, der umliegenden Bebauungsstruktur angemessene Massstäblichkeit, Minergie-Standard und hoher Anteil von nachwachsenden Rohstoffen bei der Realisierung der Bauten. Bezüglich haushälterischem Umgang mit der Ressource Boden wird das Projekt als unterdurchschnittlich taxiert.
Das Projekt überzeugt durch die präzise städtebauliche Setzung und durch die Massstäblichkeit. Der Vorschlag macht die geringe Verdichtung mit dem Beitrag zur gesellschaftlichen Teilhabe wett und schafft damit einen Mehrwert für das Quartier und Arlesheim, der über die reine Nutzung des Dorfsaals hinausreicht. Die Funktionalität des Saals ist gegeben, hat aber noch Verbesserungspotential. Architektonisch überzeugt das Wohnhaus mehr als der Saalbau. Die identitätsstiftende Kraft des Bauwerkes „Unser Saal“ als verbindenden überinstitutionellen Ort für die Gemeindebevölkerung müsste - vor allem auch im Inneren - noch geklärt und verstärkt werden.