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Offener Wettbewerb | 07/2018

Neuer Gemeindesaal in Arlesheim

Vielfalt

3. Rang

Schröer Sell Architekten

Architektur

Bryum GmbH

Landschaftsarchitektur

Ingenieurbüro Stefan Graf

Bauingenieurwesen

Gartenmann Engineering AG

sonstige Fachplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Die charakteristische Bebauungsstruktur des Quartiers verläuft diagonal zur Strassenachse des Stollenrains; durch die Gebäuderücksprünge entstehen begrenzte Grünflächen. Sie bestimmen massgebend den parkähnlichen Ausdruck. Die Verfasser verzichten bei ihrem Projekt bewusst auf die Weiterführung dieses Merkmals. Sie besetzen die Parzelle mit einem Gebäudeensemble, bestehend aus einem mehrgeschossigen Punktbau und dem flachen Volumen des Gemeindesaals. Dabei wird die Massstäblichkeit der Umgebung gut aufgenommen. Städtebaulich wird versucht, eine eigenständige Präsenz und Identität für das eher introvertierte „Gemeindekulturzentrum“ zu schaffen. Die Verfasser ver-stärken die Eigenständigkeit zusätzlich durch Umfassung der Gebäudevolumen längs dem Stollenrain und dem Hirslandweg mit einer einstöckigen Raumschicht, resp. Mauer. Mit der Verbreiterung des Trottoirs am Stollenrain schaffen sie zwar etwas Platz für den ortstypischen Gehölzrand, doch sind diese Freiflächen zu knapp bemessen, um eine adäquate Begrünung zu ermöglichen.
Die von der Nord- und Südseite gleichwertige Erreichbarkeit des Saales zeugt von einer guten Ortsanalyse, weil damit die Fussgängerströme aus dem Dorf richtig abgeholt werden. Die Saaleingänge selbst liegen an der Ost- und Westfassade und werden jeweils über einen Hof erschlossen. Sie befinden sich hinter Palisaden, welche mithelfen die Lärmemissionen durch Besucher vor, während und nach den Veranstaltungen zu minimieren. Das Tor zum Stollenrain ist Richtung Dorfzentrum ausgerichtet und signalisiert den Hauptzugang. Eine eigentliche Adressbildung entsteht mit dieser Geste jedoch nicht.
Der ebenerdige Saal liegt mitten auf der Parzelle und wird auf der Ost- und Westseite durch unterschiedlich gestaltete Hofsituationen ergänzt. Diese schaffen einen angenehmen Ort des Ankommens und sind gleichzeitig durch ihre unterschiedliche Ausgestaltung attraktive Aussenräume, welche sich für Aussenveranstaltungen, wie z.B. Jazz im Hof, Open-Air Kino etc. anbieten. Wegen dem Schutz der Anwohner vor Emissionen sind dies aber eher theoretische Möglichkeiten. Im östlichen Spitz der Parzelle wird das Areal mit einer privaten Grünfläche für die Erdgeschossnutzung abgeschlossen. Diese vermag aber durch den zweiseitig angrenzenden Strassenraum keine Aufenthaltsqualität zu erzeugen.
Das Projekt besticht durch seine konsequent umgesetzte Idee, einen Gemeindesaal zu konzipieren, der eine möglichst hohe flexible Nutzung von Saal, Foyer und Aussenräumen für alle Arten von unterschiedlichsten Klein- und Grossveranstaltungen zulässt. Dieser Ansatz setzt sich selbst in der Erdgeschossnutzung des Punktgebäudes fort, indem dort ein Mehrzweckraum situiert wird, welcher sich hofseitig öffnen lässt und dadurch eine erweiterte Nutzung des Saals resp. des Hofs ergibt. Die vielfältige Raumnutzung wird durch die Verwendung von Schiebetrennelementen im Innen- und Aussenbereich ermöglicht. Trotz der offensichtlichen Vorteile wird auch erkennbar, dass die Anbindung der Neben- und Hinterräume nicht bei jeder Bestuhlungsvariante überzeugt. Es muss auch bedacht werden, dass mobile Raumeinteilungen hochwertige Akustiklösungen verlangen und unterhaltsintensiv sind.
Die Nutzung des Punktbaus mit seinem offenen Grundrisskonzept besteht in den oberen drei Geschossen aus 1,5- bis 3,5-Zimmer-Wohnungen. Die nach Westen orientierten Wohnungen werden beeinträchtigt durch Emissionen aus dem darunter liegenden Eingangshof des Saals. Das Projekt schöpft die zulässige Nutzung nur zu zwei Dritteln aus. Dies dürfte sich nachteilig auf die Wirtschaftlichkeit auswirken.
Den Verfassern gelingt ein in vielen Aspekten überzeugender Entwurf. Im Vordergrund steht dabei die konsequent und gestalterisch interessant umgesetzte Idee eines vielfältig nutzbaren Gemeindesaals, der dadurch weit mehr wird als „nur“ ein Gemeindesaal wie im Wettbewerbsprogramm vorgegeben. Das Projekt zeigt der Veranstalterin auf, wie sich ein Gemeindesaal durch polyvalente Nutzungsmöglichkeiten vom einfachen Saalbau hin zu einem Gemeindekulturzentrum entwickeln und so zu einem Zentrum des Gemeindelebens werden könnte. Das Projekt schiesst aber mit dieser Idee über das Ziel hinaus und entspricht nicht mehr der Aufgabenstellung im Wettbewerbsprogramm. Es hat sich im langjährigen Evaluationsprozess mit den Nutzern (Vereinen) herausgeschält, dass kein Gemeindekulturzentrum erwünscht ist, sondern ein einfach zu handhabender Gemeindesaal, welcher vorwiegend für Proben und musikalische Darbietungen der Dorfvereine genutzt wird. Das dargestellte „Gemeindekulturzentrum“ könnte zwar viel mehr, würde aber eine aufwändige Bewirtschaftung erforderlich machen. Den Vereinen würden für die regelmässigen und wiederkehrenden Nutzungen keine optimalen Bedingungen geboten.