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Einladungswettbewerb | 02/2023

Neubau der Trauerhalle Friedhof OT Seckenheim in Mannheim

Visualisierung_01

Visualisierung_01

1. Preis

Preisgeld: 9.000 EUR

Simone Boldrin Architettura

Architektur

KONRAT Nachhaltige Architektur - Wollbrink Schoblocher Architekten PartGmbB

Architektur

Erläuterungstext

„Neubau Trauerhalle Mannheim-Seckenheim“

Der Bestand zeichnet sich über die begleitende Wegführung der Besucher aus. Der achssymmetrische Tordurchgang leitet auf das südliche Friedhofsgelände. Parallel dazu ist die flankierende Zufahrt mit dem Übergang zum nördlichen Teil stark frequentiert. Auf die zweiseitige Erschließung reagiert der Neubau mit beidseitig vorgelagerten Portici. Sie knüpfen an die Begleitung der Trauergäste an, filtern Licht und Schatten und moderieren weich den Übergang in den sakralen „Raum der Stille“. Die Orientierung der Besucher erfolgt dank des klaren räumlichen Organismus aus Eingangsgebäude mit Tordurchfahrt, Vorplatz, Porticus und neuer Trauerhalle intuitiv und erstreckt sich auf das gesamte parkartige Friedhofsgelände. Das Material macht sich die Grammatik des Bestandsbaus zu Eigen. Das Besondere - das Gesims, die Fensterfassung, der Sockel - ist aus rotem Mainsandstein gefertigt. Das dauerhafte, traditionsreiche und ökologisch hochaktuelle Baumaterial fasst den kompletten Portico- und Giebelbereich des Neubaus. Über die Sprache der Architektur kommuniziert der Neubau seine Sonderrolle im Ensemble.
Das Unmodernste überhaupt am Leben ist das Sterben. Das war schon immer so. Wir sehnen uns bei diesem Schritt nach einem ruhigen, selbstverständlichen Ort. Der uns den Tod ohne Bitterkeit als Teil des Lebens, als wesentlichen Schritt und nicht als Schlusspunkt verstehen lässt. Drei Arten von Licht bespielen den Innenraum: Eine diffuse Grundhelligkeit durchdringt den Raum von den Rundfenstern zum beidseitigen Portico. Durch ein Oculus über dem ideellen Zentrum fällt ein bleibendes Zenitlicht auf das Artefakt. Es offenbart in seiner ernsten, steten Würde die Verbindung zwischen materieller und immaterieller Welt im Ereignis des Todes. Gleichzeitig durchwandert dynamisch das warme Licht der Fensterrose in der südlichen Giebelwand den Raum. Es vermittelt Lebensfreude und steht für den ewigen Kreislauf des Lebens. Das Zusammenspiel der Lichter schafft fortlaufend neue Atmosphären, die immer neue Facetten der Raumwirkung zum Vorschein bringen. Der Innenbereich ist mit einem dicken Lehmputz versehen, auch der Boden besteht aus Stampflehm. So wirkt der gesamte Raum wie aus Erde geformt. Einfache Stühle und Bänke aus Eiche sowie ein schlichtes hölzernes Kreuz wahren die Reduktion auf das Wesentliche.
Die mit einer Vormauerschale aus Mainsandstein gefasste Außenwand aus hochdämmenden Ziegel ist innenseitig mit einem dicken Lehmputz versehen. Hier sind Infrarot-Register integriert, die rasch und energiesparend eine angenehme Strahlungswärme erzeugen. Die zugeführte Wärmeenergie speichert sich auf lange Zeit in der massiven Wand und sorgt durch ihre bauphysikalische Trägheit für Behaglichkeit. Im Sommer kommt die doppelschichtige Holzkonstruktion des Daches zum Tragen: Dann dient das gedämmte Satteldach dem darunter liegenden Tonnengewölbe als Klimapuffer. Die Tonne ist als Holzkonstruktion ausgebildet und mit gebogenen Lehmbauplatten bekleidet, die feuchtigkeitsregulierend wirken. Der großkronige Baum auf dem Vorplatz ist im Rahmen der Klimaanpassung sehr wertvoll und schafft gemeinsam mit dem steinernen Portico ein schattiges Miokroklima. Dies lädt Besucher des Geländes zum Ausruhen und Innehalten ein und bietet über die Zeremonie hinaus einen baulichen Mehrwert der Anlage.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Ersatzneubau fügt sich in Lage wie Volumen selbstverständlich in das Bestandsensemble ein und bildet in seiner neuen Erscheinung eine wertige und eigenständige Antwort auf die Aufgabenstellung einer Trauerhalle. Die Dachlandschaft wird nachvollziehbar durch ein flachgeneigtes Satteldach ergänzt, die bestehende versiegelte Fläche umfänglich für den Neubau genutzt.
Die bewährte städtebauliche Fügung bleibt erhalten, Zugang der Trauernden von Nordosten in die vorhandene Hofsituation unter Erhalt des prägenden Baumes. Zugang über einen Portikus von Nordwesten in die Trauerhalle, der sich gespiegelt im Südosten wiederholt. Weitere freiraumplanerische Aussagen werden nicht getroffen. Aspekte der Barrierefreiheit am Tordurchgang, Materialität der Oberflächen, Möblierung von Sitzgelegenheiten/ Fahrradstellplätzen und ergänzender Begrünung der angrenzenden Außenanlage bleibt offen, war aber in der Aufgabenstellung nicht explizit gefordert und sollte bei weiteren Schritten mitbedacht werden.
In seiner Außengestalt bedient sich der Neubau an der vorhandenen Formsprache und fügt diese in Abwandlung zu einem signifikanten Ersatzneubau zusammen. Der rote Sandstein aus dem Sockelbereich des Bestandsbaus kommt hier bei der Außenfassade zum Einsatz. Die beidseitig vorgelagerten Portiken bieten veranstaltungsunabhängig einen witterungsgeschützten Raum zum Sammeln und Verweilen wie auch als Übergang und Erweiterung der Trauerhalle. Der Innenraum überzeugt durch Proportion, Materialität wie Lichtführung, auch wenn die Innendarstellungen etwas düster wirken, ist die natürliche Belichtung durch das üppige Rundfenster im Südwesten, dem gut inszenierten Zenitlicht und den weiteren kleinen Rundfenstern atmosphärisch gegeben.
Die Bestandsräume wie Zuwegung für die Vorbereitung einer Trauerfeier wurden sinngemäß erhalten, die neue Trauerhalle ist für verschiedene Bestuhlungsvarianten in Form und Anzahl gut geschnitten, Platzierung von Orgel, Chor, Redner, Urne/ Sarg funktional angeordnet. Die Einhaltung des Bau- und Planungsrechts ist gegeben. Das Raumprogramm ist in Gänze erfüllt. Der Entwurf darf als wirtschaftlich bezeichnet werden und schneidet bei der Bewertung der Nutzfläche, Bruttogrundfläche und Bruttorauminhalt gut ab, im Vergleich von Nutzfläche zu Bruttorauminhalt am besten ab.
Ein KfW-40-Standard wurde für den Entwurf angesetzt. Die PV-Module auf dem Dach sind zu gering ausgelegt und müssten deutlich vergrößert werden. Die bodennahe Geothermie unterstützt die in den Lehmputz integrierte Wandheizung. Die hohen Speichermassen der Konstruktion puffern Hitzelasten im Sommer ab, im Winter fungieren diese als Speicher. Die Nutzschicht aus Lehm wirkt feuchteregulierend. Ggf. notwendiger Sonnenschutz von Rosenfenster und Oberlicht sollte noch angedacht werden.
In sich bietet der Entwurf ein stimmiges Konzept und bietet sich zur Realisierung mit Ergänzungen an.
Visualisierung

Visualisierung

Abgabeplan 01

Abgabeplan 01

Abgabeplan 02

Abgabeplan 02

Modell_01

Modell_01

Modell_02

Modell_02

Modell_03

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