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Offener Wettbewerb | 11/2014

Erweiterung Volksschule Marzili

SEILTÄNZER

3. Rang / 1. Ankauf

Preisgeld: 40.000 CHF

Johannes Saurer

Architektur

Xeros Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Theiler Ingenieure AG

Bauingenieurwesen

Ingenieurbüro IEM AG

TGA-Fachplanung

Weber Energie und Bauphysik

Bauphysik

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit einer einzigen, grossen Geste, der präzisen Setzung eines langgestreckten, eingeschossigen Baukörpers, wird die 1950 von Walter Schwaar erbaute Schulanlage zu einem neuen, städtebaulichen Ensemble erweitert. Dabei überrascht, dass trotz des grossen Fussabdrucks, die feingliedrige Massstäblichkeit des Bestandes aus den 50er-Jahren gewahrt bleibt.

Der neue Längsbau dockt an Stelle der ehemaligen Pausenhallen an die beiden Schulpavillons an und generiert dort einen Atriumshof, während zusammen mit der angrenzenden Turnhalle ein U-förmiger, nach Südosten offener Aussenbereich entsteht. Auf städtebaulicher Ebene wird die Erweiterung über die spannungsvolle Abfolge von unterschiedlich dimensionierten Hofräumen in die Gesamtanlage eingebunden, als kongeniale Fortführung der ursprünglichen Entwurfsidee dieser Pavillonschule. Die Hauptzugänge erfolgen von der Sulgeneckstrasse über die beiden Stirnseiten direkt in die Erschliessungsachse, während an den Längsseiten informelle Zu- und Abgänge die Offenheit der Anlage unterstreichen.

Architektonisch und konstruktiv handelt es sich um einen zweibündigen Holzbau, dessen grosszügig dimensionierter, zentraler Korridor zwei unterschiedlich tiefe Raumschichten bedient: Im Südwesten mit geringerer Tiefe die Klassenzimmer mit Gruppenräumen, unterbrochen und aufgelockert durch eine gedeckte Pausenhalle. Im Nordosten die an den eher intimen Atriumhof angrenzende Tagesschule sowie die Räume der Musikschule und Schulleitung, ergänzt durch die notwendige Infrastruktur. Diesen Räumen vorgelagert, erstreckt sich über die ganze Längsfassade eine Porch, welche das Thema der gedeckten Verbindungsgänge aufgreift und neben der Funktion als Pausenhalle vielfältige Nutzungsmöglichkeiten im Schulbetrieb offen lässt. In der Mitte des Gebäudes führt eine einläufige Treppe in das aufs bauliche Minimum beschränkte Untergeschoss mit den Werkräumen, welche, nur über einen Lichtschacht belichtet, zu wenig Aufenthaltsqualität bieten.

Die Raffinesse des architektonischen Konzepts schlüsselt sich im Schnitt mit der Basilika-ähnlichen Überhöhung auf, sie verleiht dem Korridor als Bewegungs- und Begegnungsraum den Charakter einer dreischiffigen Anlage. Durch die seitlichen Oberlichter werden gleichzeitig auch die beiden Raumschichten zusätzlich belichtet.

Im Zusammenspiel mit dem modularen Aufbau der Gebäudestruktur, der stringent alle baulichen Elemente durchdringt, eröffnet sich für die zukünftige Schulnutzung
eine grosse Flexibilität, die es erlaubt, den sich wandelnden Bedürfnissen unterschiedlichster Unterrichtsmodelle zu begegnen.
Im tektonischen Ausdruck fügt sich der Erweiterungsbau durch die feingliedrig gefügte Holzbauweise und die subtile Differenzierung und Proportionierung der einzelnen Elemente nahtlos in den Bestand ein. Dabei ist nicht von der Hand zu weisen, dass das Konzept der vorgeschlagenen, eingeschossigen Erweiterung nur zum Preis der abzubrechenden, geschützten Pausenhallen und der Aufgabe ihrer zugehörigen Aussenräume mit ihrem schönen Baumbestand zu haben ist. Das Projekt ist demzufolge von der Preiserteilung ausgeschlossen.

Die dargestellte, alternierende Anordnung von Klassenund Gruppenräumen erschwert die Bildung von ruhigeren Nischen für die klassenübergreifenden Projekte oder Zusammenarbeitsformen im zentralen Erschliessungskorridor. Dessen hohe Nutzungsdichte insbesondere in den Pausensituationen wird von Seiten der Schule als ungünstig bewertet.
Die natürliche Belichtung via Fenster und durch die Oblichter der Pausenhalle kann im Erdgeschoss helle Arbeitsbereiche in Klassen- und Spezialräumen bieten. Eingeschränkt wird diese Belichtung aber sicherlich durch den langen Aussenkorridor auf der Nordseite und insbesondere vis-à-vis von den bestehenden Pavillons. Die vier Räume im Untergeschoss sind sowohl durch ihre Form wie auch durch die Belichtung via Oblichter so nicht benutzbar. Die Lage der Tagesschule im langen Gebäude erschwert die Übersicht über die auf dem Schulareal spielenden Kinder. Durch den Abbruch der bestehenden Pausenhallen soll Nähe zu den Pavillons der Basisstufen geschaffen werden, damit die Klassen und Lehrpersonen ebenfalls die Spezialräume des neuen Gebäudes nutzen können. Der Unterrichtsrhythmus der Basisstufen ist aber anders als in der Primarschule. Die Nutzung der Spezialräume ist nur sehr selten notwendig. Zudem werden die kleinen Kinder während den Lektionen häufig in den direkt zugeordneten Aussenräumen spielen. Dies wird durch die räumliche Nähe zu Ablenkung und Störung der Klassenin den Schulräumen des neuen Gebäudes führen (Mehrzweck- und Musikraum).

Das Unterbringen des grössten Teils der Nutzungen auf einem Geschoss führt zu einer sehr grossen Oberfläche und damit sehr hohen Gebäudehüllenzahlen. Grosse Fensterflächen auf der Nord-Ostseite unter dem Laubengang ergeben weitere Wärmeverluste ohne grössere Solargewinne. Entsprechend schwierig wird das Einhalten des Minergie-P-Standards. Dieser kann nur mit aufwändigen Konstruktionen und einer grossen Fotovoltaikanlage erreicht werden. Das Gebäudetechnikkonzept mit der Zentrale im Untergeschoss und dem Kriechkeller über die gesamte Gebäudelänge ist realisierbar, trägt aber den Eigenheiten dieses Projekts kaum Rechnung. Der ECO-Standard kann mit der Holzkonstruktion trotz der eingeschränkten Tageslichtnutzung im Untergeschoss erreicht werden. Sowohl der sommerliche Wärmeschutz wie auch die Behaglichkeit im Winter müssen noch gelöst werden.

Das Projekt weist im Vergleich zu den anderen Projekten tiefe Erstellungskosten auf.

Beim vorliegenden Entwurf handelt es sich um eine «Solution élégante», welche auf städtebaulicher Ebene die bestehende Anlage überzeugend fortschreibt und in architektonischer und konstruktiver Hinsicht durch die einfache und intelligente Struktur dem ökonomischen Einsatz der baulichen Mittel verpflichtet ist, ohne Abstriche am tektonischen Ausdruck machen zu müssen. Der Schulgemeinde und der Lehrerschaft wird ein offen zu bespielendes, unkonventionelles Gefäss angeboten, welches nicht zuletzt durch das horizontale Nebeneinander der unterschiedlichen Raumfunktionen ein hohes Potenzial für eine frische Sicht auf ein zukünftiges Schulmodell eröffnet. Damit stellt der Entwurf zwar einen wertvollen Beitrag zur aktuellen Diskussion im Schulbau dar, schöpft aber in der dargestellten Anordnung der Raumabfolgen im Innen und Aussen dieses Potenzial nicht überzeugend aus.