Nichtoffener Wettbewerb | 04/2022
Sanierung und Erweiterung Schulanlage Steinacker in Winterthur (CH)
5. Rang / 5. Preis
Preisgeld: 20.000 CHF
Architektur
Cadrage Landschaftsarchitekten
Landschaftsarchitektur
Bauunternehmen
Tragwerksplanung
Bauphysik, Akustikplanung, TGA-Fachplanung
Beurteilung durch das Preisgericht
Mit der Kritik, in der heutigen Konzeption der Anlage liege ein Widerspruch beziehungsweise die Anlage sei in der bestehenden Form noch nicht fertig gebaut, legen die Verfassenden des Projekts Fabulous Five den Grundstein für ihre Erweiterung. Aus ihrer Sicht stehen die beiden angewandten Leitbilder des Schulhausentwurfs – Gruppierung der Anlage um einen zentralen Innenhof und konsequente Ausrichtung der Klassenräume nach Südosten – im Gegensatz zueinander. Als Lösung wird deshalb vorgeschlagen, den räumlichen Grundgedanken des ursprünglichen Entwurfs zu stärken und sämtliche Gebäude konsequent auf einen verbindenden Pausenhof auszurichten. Durch die Setzung des dreigeschossigen Neubauvolumens an der Nordwestecke der Anlage im Bereich der heutigen Armeeleitstelle und der Ergänzung des Pausendachs zur S-Form wird ein zweiter, in der Dimension ähnlicher Aussenraum zwischen Trakt A und dem Erweiterungsbau geschaffen. Eine aus Sicht der Jury verständliche städtebauliche Setzung, die aber zum Rasenspielfeld eine starke Zäsur bildet. Der Pausenhof, welcher streng geometrisch im Sinne der Zeit, aber mit Baumpflanzungen bereichert wird, dürfte ruhig einen noch etwas grösseren belagsoffenen Anteil haben und die vorgeschlagene Ausstattung mit Spielgeräten scheint eher unpassend. Mit der Setzung wird zudem die Armeeleitstelle rückgebaut und der Baumbestand darüber komplett gerodet. Das Abrücken des Allwetterplatzes auf die Flucht des Rasenspielfelds führt die Sportfelder ordentlich zusammen und in der Nähe zum Pausenplatz wird ein neuer Spielbereich südlich der Turnhalle vorgeschlagen. Dadurch erhält der Naturraum entlang des Mattenbachs im Bereich der Turnhallenerweiterung ein wenig mehr Tiefe.
Mittels Eingriffen in die beiden bestehenden Klassentrakte und den Turnhallentrakt bei den Eingängen soll der Bezug der Schule zum zentralen Aussenbereich zusätzlich gestärkt werden. So werden in den Erweiterungen zwischen den bestehenden Vorhallen in Trakt A und B die Betreuungsräume angeordnet, während die Garderoben der Turnhalle zugunsten der allgemein genutzten Räume – Mehrzwecksaal, Bibliothek sowie ein grosszügiges Foyer – ins Untergeschoss verlegt werden. Diese Aktivierung der Erdgeschossflächen führt zu einem interessanten räumlichen Bezug zwischen innen und aussen. Im Hofbereich führt der Eingriff jedoch zu einem Verlust der dynamischen Bezüge der Aussenräume zueinander und zu einer Uminterpretation des Orts, wodurch eine hohe räumliche Qualität des Ensembles verloren geht.
Der Neubau orientiert sich stark am Bestehenden und nimmt verschiedene Elemente der alten Klassentrakte auf. Die Neuinterpretation des Split-Levels als Lern- und Aufenthaltsbereich mit Sitznischen und Podesten, die Reduktion des Bauvolumens gegenüber dem Hof auf einen kindergerechten Massstab, die Aufteilung der Erschliessung in zwei getrennte Treppenanlagen, aber auch die Organisation der Schul- und Betreuungsräume und deren räumliche Beziehungen untereinander sind überzeugende Lösungen, die erkennbar aus dem Bestand abgeleitet dessen Qualitäten erkennen und auf verständliche Art und Weise erweitern. Auch Konstruktion und Ausdruck des Gebäudes folgen der Idee des Weiterbauens, übersetzen den ursprünglichen Duktus aber in eine zeitgemässe, ansprechende und eigenständige Sprache.
Die Anordnung der beiden Kindergärten im Untergeschoss von Trakt B mit einem separaten Zugang über den abgegrabenen Aussenbereich wird aus organisatorischer Sicht positiv bewertet. Allerdings stellt die antizyklische Nutzung der Aussenräume durch die Kleinsten den Betrieb vor Herausforderungen, da die Lärmemissionen unmittelbar vor den Primarschulzimmern für Beeinträchtigungen sorgen. Die zusätzliche Abgrabung für den Spielbereich wäre zudem in der vorgeschlagenen Form nicht bewilligungsfähig. Die mit dem Pausenplatz kommunizierende Nutzung (Bibliothek, Musiksaal), welche durch die Verlegung der Garderoben ins Untergeschoss des Turnhallentrakts installiert werden kann, wird begrüsst. Die Aufgänge auf das Pausenplatzniveau in Form von Rampen und Treppen sind grosszügig dimensioniert, was eine gute Anbindung garantiert. Der Vorbereich Trakt A wird als Auftakt in die Schulanlage positiv beurteilt, müsste jedoch weiter von den Klassenzimmern abrücken. Die hohe Eingriffstiefe im Bestand, insbesondere auch die unterirdische Erweiterung der Garderoben in der Turnhalle, aber auch die geringe Kompaktheit und grossen Abwicklungen der Energiebezugsflächen lassen das Projekt in Bezug auf Ökonomie und Ökologie insgesamt eher schlecht abschneiden. Auch die Tageslichtnutzung der Betreuung in den Zwischenbauten wird aufgrund der grossen Vordächer kritisch beurteilt.
Das Projekt Fabulous Five leistet sowohl hinsichtlich betrieblicher, pädagogischer, architektonischer wie auch gebäudetechnischer Konzeption für Bestand und Neubau einen interessanten Beitrag. Der sorgfältig ausgearbeitete Entwurf bleibt aber zu konzeptuell und führt zu einer allzu grossen Überformung der Qualitäten der Gesamtanlage und hebt deren Situationswert zu fest auf.