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Award / Auszeichnung | 09/2018

Beispielhaftes Bauen Landkreis Esslingen 2012-2018

Festo Automation Center

DE-73734 Esslingen am Neckar, Festo Campus 1

Auszeichnung

Architekturbüro Jaschek GmbH

Architektur

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Büro-, Verwaltungsbauten

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Fertigstellung: 01/2015

Projektbeschreibung

Die Entscheidung für das Festo AutomationCenter beim städtebaulichen Wettbewerb im Jahr 2006 war ein wegweisender Meilenstein. Erstmals wurde ein Hochhaus als Unternehmensgebäude geplant: ein Markenzeichen für Festo, ein von weitem sichtbares Statement. Dieses Gebäude symbolisiert einen neuen Dreh- und Angelpunkt zwischen dem alten Stammsitz und dem neuen Areal.

Materialwahl/Form und Situation
Die Grundidee und das klare Ziel war es, einen Bau zu kreieren, welcher nachhaltig, zeitlos und dennoch zukunftsweisend, scheinbar alterslos immer seine Form wahrt. Aus diesem Grund wurde Glas als möglichst einziges Material gewählt, da es keinem Alterungsprozess unterliegt. Das Gebäude sollte insgesamt eine integrative Erscheinung haben und sich möglichst unauffällig in das Umfeld einfügen, weshalb die Glasfarbe und das Glasmaterial an sich sehr wichtige Faktoren waren. Die Oberfläche sollte die Umgebung aufnehmen und wiedergeben; Himmel und Landschaft, Wetter und Lichtstimmung. Das Gebäude in seiner Form nimmt sich zurück. Dem Wunsch des Bauherrn nach einer kristallinen Anmutung nachkommend, wurde die Glashülle rund um das Hochhaus bis in die Gebäudespitzen und im Dach über die Solarmodule weitergeführt. Trotzdem musste eine funktionelle Fassade entstehen, die den Ansprüchen des Sonnen- und Blendschutzes gerecht wird und andererseits auch die Sicht, die sich aus der prominenten Lage ergibt, ausnützt.
Der Rhombus als Grundform des AutomationCenters resultiert aus der Funktion. Ausgerichtet an der städtebaulichen Situation und unter Berücksichtigung der Luftströme (Winddruck/Windsog) sowie des optimalen Licht- und Wärmeeinfalls, ist die prägnante rhombische Gebäudeform entstanden. Wie eine Kompassnadel zeigt dabei eine der Spitzen auf die angrenzende Firmenzentrale und stellt einen wichtigen Sichtbezug zum Werk her. In den gläsernen Spitzen befinden sich die Panoramaaufzüge. Sie ermöglichen ein zweiseitiges Erlebnis; dem Nutzer des Aufzugs eröffnen sich die Höhe und die Landschaft auf imposante Weise. Zugleich suggeriert der Fahrstuhl beim Betrachten des Gebäudes Bewegung – welche ein wichtiges Symbol für Festo ist. Die Architektur an sich repräsentiert die Firma und soll als ein Logo fungieren, weshalb keine lauten auffälligen Firmensignets angebracht sind.

Grundriss
Die Grundrisse sind frei gestaltbar, so dass alle angestrebten und denkbaren Funktionen, wie zum Beispiel Applikationszentren, Labore, Büros, Schulungsräume, Konferenzräume etc. möglich und leicht umbau bar wären. So wurden große flexible Flächen mit möglichst wenig Stützen und glatten Decken generiert, die alle technischen Anforderungen wie Licht, Sprinkler- und Rauchmeldeanlagen etc. problemlos aufnehmen und dennoch flexibel auf Grundrissveränderungen reagieren können. Diese Decken sich bauteilaktiviert und machen große Veränderungen möglich – unterstützt durch die Rasterlöcher in der Decke und den Hohlraumböden.

Infrastruktur
Zwei Treppenhäuser und zwei Schachtkerne dienen der optimalen Infrastruktur. Die Vertikalerschließung mit den Aufzügen wurde über Zielwahlsteuerung optimiert. In jedem dritten Geschoss befindet sich die Elektroverteilung und versorgt die jeweils darüber und darunter liegenden Ebenen mit. Dadurch wurde der Platzbedarf optimiert.

Arbeitswelten
Die Aufteilung der Büroflächen verfolgt ein einfaches Prinzip – eine Trennung von lauten und leisen Aktivitäten. Die Arbeitsplätze wurden im äußeren Bereich entlang der Fensterfronten mit Sichtbezug angeordnet, was eine starke Qualität dieser Räume darstellt.
Der Innenbereich des Bürogeschosses bietet Platz für eine multifunktionale Nutzung wie zum Beispiel die Unterbringung des Archives oder Raum für Besprechungen, Stillarbeitsplätze oder Aufenthaltsbereiche. Um hier die Kommunikation nicht zu unterbrechen und die fließenden Übergänge zu erhalten, wurde dieser Bereich offen und transparent gestaltet. Lediglich auf akustische Trennmittel wie akustisch wirksame Möbel oder Absorber auf den Trennwänden und Wandflächen wurde geachtet. Für alle lauten und aktiven Tätigkeiten wurden Besprechungsboxen – sogenannte "think-tanks" – generiert. Als ein Technik- und Kundenzentrum wurde die Ebene 3 im AutomationCenter konzipiert. Hier kommen Produkte und Know-how zum Einsatz, um gemeinsam mit Kunden deren Ideen und Projekte zu entwickeln. Damit bietet Festo einen Rahmen für die gemeinsame Weiterentwicklung von neuen Lösungen. Zudem werden hier Lösungen für Kunden aufgebaut, Optimierungen direkt umgesetzt und der Bau von Prototypen vorgenommen.

Konferenzebene
Die Konferenzebene ist multifunktional nutzbar. Mobile Trennwände ermöglichen die Aufteilung in diverse Einzelräume oder aber eine fast komplette Öffnung der Etage für bis zu 200 Personen.

Außenanlagen
In der Gestaltung der Außenanlagen wurde ein offener Übergang in die Landschaft und ein Einbeziehen der umliegenden Natur angestrebt. So wurden nötige Abgrenzungen, zum Beispiel zum öffentlichen Rad- und Fußweg, durch die topografische Gestaltung realisiert. Naturwiesen mit buntem Blumencharakter, welche nur zweimal im Jahr gemäht werden, und Obstbäume als Mittler zwischen den Feldern und Reminiszenz an die alten Streuobstwiesen und Bestände auf dem Grundstück komplettieren den natürlichen Charakter.

Nachhaltigkeitsaspekte
Auf nur fünf Stahlverbundstützen und zwei Gebäudekernen steht das gesamte Gebäude. Möglich ist dies durch den Einsatz von Hohlkörperdecken, die mit deutlichen Betoneinsparungen für Gewichtsreduzierungen und mit Spannweitenerhöhung für mehr Raum sorgen. Eine eigens entwickelte Fassade ganz aus Glas schafft Transparenz und überzeugt auch mit technischen Besonderheiten: dynamisch, strömungsoptimiert, pneumatisch und mit solarer Energiegewinnung.
Konstruiert als Abluftfassade ist sie höchst effizient. Zusätzlich gelingt mit elektrochromen Verglasungen eine reduzierte Licht- und Wärmedurchlässigkeit über schwache elektrische Spannungsimpulse. Die Durchsicht bleibt dabei erhalten und eine natürliche Lüftung ist jederzeit möglich, da sich die Fenster manuell öffnen lassen.
Der Fassadenreinigungsroboter GEKKO wurde speziell auf die Wünsche der Bauherren zugeschnitten und sorgt im vollautomatischen Betrieb für eine gleichbleibend hohe Reinigungsqualität. Pro Stunde erreicht er eine Reinigungsleistung von etwa 400 Quadratmetern. Gleichzeitig erhöht das System die Arbeitssicherheit, da sich die verantwortlichen Mitarbeiter für den Reinigungsprozess keinerlei Gefahrensituation aussetzen müssen. In der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung punktet die Fassade durch eine maximale Mietflächennutzung: der konstruktive Glasaufbau beträgt nur ca. 75 mm.

Durch die Abstimmung von verschiedenen Technologien lässt sich eine maximale Energieeffizienz erreichen, auf fossile Brennstoffe kann dabei ganz verzichtet werden. Eine ganze Reihe passiver Maßnahmen führt zur Minimierung von aktiver Technik. So übernimmt beispielsweise über weite Strecken allein die passive Gebäudehülle die richtige Temperierung, damit auf die Nutzung der aktiven Heizanlage größtenteils verzichtet werden kann. In Verbindung mit einer Wärmepumpe werden natürliche Wärme- und Kältequellen genutzt: die Betonkernaktivierung, der Eisspeicher und die Geothermie, die mit den Erdsonden den größten Teil an Heiz- und Kühlenergie erzeugt. Jeweils ein Pufferspeicher für Wärme und Kälte entlastet die Wärmepumpe. Gemeinsam mit der elektrochromen Verglasung und der Abluftfassade sind diese zukunftsweisenden Technologien in dieser Kombination einmalig. Ein umfangreiches Mess- und Monitoringsystem ist integriert, um nach Auswertung eine weitere Optimierung der Betriebsstrategien für die Anlagentechnik vorzunehmen und den Werterhalt und Langlebigkeit der technischen Anlagen zu sichern. In der Gestaltung der Außenanlagen wurde, nebst aufwendigen Bodenschutzmaßnahmen, durch die Form der Topografie ein offener Übergang in die Landschaft und ein Einbeziehen der umliegenden Natur angestrebt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Auf dem Zollberg erhebt sich das neue Büro- und Verwaltungsgebäude mit dem Anspruch einer Landmarke. Die klar formulierte Struktur sowie die Glasfassade lösen die Massivität des Baukörpers auf. Je nach Lichteinfall wirkt dieser transparent oder er spiegelt die sich verändernde Wolkenformation, wodurch der Eindruck der Entmaterialisierung entsteht. Die rhythmische Gliederung der Fassade durch Linien im Firmenblau erübrigen ein lautes Logo, nehmen Bezug zum gegenüberliegenden Campus und verbildlichen die Corporate Identity des Unternehmens. Ebenso überzeugt die „unsichtbare“ Intelligenz der Fassade in ihrer Funktion als Energieproduzent. Fazit: Eine innovative Architektur von heute für die Baukultur von morgen.