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Award / Auszeichnung | 05/2019

Landesbaupreis Mecklenburg-Vorpommern 2019

Beleuchtungsszenario Nacht

Beleuchtungsszenario Nacht

Erweiterung der Kunsthalle Rostock um ein Schaudepot

DE-18069 Rostock, Hamburger Straße 40

Anerkennung in der Kategorie „Bausumme ab 1.000.000 €“

buttler architekten GmbH

Architektur

matrix architektur

Architektur

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Museen, Ausstellungsbauten

  • Projektgröße:

    1.904m² (geschätzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2017
    Fertigstellung: 09/2018

Projektbeschreibung

LPH 1-4: Entwurfsverfasser buttler architekten GmbH
LPH 5-8: in ARGE mit matrix architektur GmbH

Zeit- und Raumklammer Schaudepot
Ein Ort, der sich in allen Aspekten der Kunst unterwirft

Die Kunsthalle Rostock ist der erste DDR-Museumsneubau der durch ein Schaudepot für die klassischen Kunstgattungen Grafik, Malerei und Skulptur ergänzt wird. Kunst wird dem Besucher bereits in der Lagerung erschlossen und zugänglich gemacht, das Depot öffnet damit seine wertvollen Sammlungen für die Öffentlichkeit.
Das fertiggestellte Ensemble bildet eine zeit- und zugleich raumgreifende Klammer: Der Ausstellungsbau von 1969 sollte seit Beginn um ein Depot ergänzt werden, die Planung und Realisierung gelang aber erst jetzt, nach 50 Jahren.
Während der Ursprungsbau seine Ausstellungsfläche introvertiert in einem Kunststein-Klinker-Kubus entwickelt, ist das Thema des Schaudepots die Erlebbarkeit von Kunst im Stadt-Raum unter hohen klimatischen und sicherheitstechnischen Anforderungen. Auch in der inneren Raumkonzeption bildet das Schaudepot eine architektonische Umkehrung des Hauptgebäudes: Der freie Raum der in der Kunsthalle als Innenhof ausgestanzt wurde wird im Schaudepot zum festen Kern in dem die Gemäldezuganlage und die Haustechnik integriert sind. Das freie beziehungsweise das massive Zentrum kennzeichnen jeweils die unterschiedliche Architektur der Gebäude.
Minimalismus, Zurückhaltung und Vielschichtigkeit prägen den Neubau, der sich in Bauvolumen und Ausbildung nicht nur gegenüber der historischen Kunsthalle deutlich zurücknimmt, sondern sich prinzipiell der Kunst in allen Aspekten unterwirft. Eine konsequente Entmaterialisierung von Innenraum und Gebäudehülle gibt dem Geheimnis Kunst nach Innen und Außen einen besonderen Raum.

Unterschiedliche Schau-Nutzungen von Depots
Kunstwerke, die sich im Lagerzustand bewundern lassen

Die Lager- und Ausstellungsflächen sind generell flexibel in einem möglichst stützenarmen Gesamtraum angeordnet. Der Sammlungsbestand umfasst aktuell etwa 200 Skulpturen, 520 Gemälde und 6000 grafische Blätter.
Im Erdgeschoss sind Flächen für Skulpturen und Plastiken vorgesehen sowie ein weiterer Ausstellungsbereich mit besonders wertvollen Sammlungsbeständen von nationaler wie auch internationaler Bedeutung. Individuell angefertigte, transportable Glasvitrinen ermöglichen die Ausstellung von Kleinplastiken, Medaillen und Objekten. Neben dem öffentlichen Bereich gibt es eine Kunstanlieferung mit einer 18m² großen Hebebühne, die Kunstwerke bis 2 Tonnen in das Obergeschoß verteilen kann, sowie einen Klimaanpassungs- und Packraum und eine Werkstatt.

Das Obergeschoss besteht aus 3 verschiedenen Klimazonen:

Klimazone 1 - Der Ausstellungsbereich:
Der Ausstellungsbereich ist ständig für Besucher geöffnet und ermöglicht durch eine breite Glasfront die Einsicht in die weiteren abgetrennten Depotbereiche. Der Ausstellungsbereich kann durch ein spezielles Wand-Schiebesystem mit Kunstwerken aus den geschlossenen Depotbereichen beschickt werden. Dadurch ist ein schonender Transport von Kunst innerhalb des Obergeschosses ohne Risiken möglich.

Klimazone 2 - Das Gemälde-Schaudepot:
Das Zentrum des Gemäldedepots ist die speziell gefertigte Gemäldezuganlage. Sie besteht aus mehr als 80 Gitterwänden, die im Abstand von 30 Zentimetern verschiebbar gelagert sind. In ihnen hängen die Gemälde, die über Laufschienen in den Ausstellungsbereich vor den Glaswänden bewegt werden können. Das System hat eine Länge von mehr als einem Kilometer. Werden die Hängeflächen aller Gitterwände addiert, ergeben sich über 2.600 m² Depotfläche. Das entspricht der Fläche von mehr als drei Handballfeldern. Ein Rundgang ist auch bei ausgezogenen Gemäldezügen möglich.

Klimazone 3 - Das Grafik-Schaudepot:
Hinter dem Gemälde-Bereich ist das Grafikdepot angeordnet. Auch hier herrschen ganz spezielle Klimabedingungen, abgestimmt auf das Material - Papier. Es ist ebenfalls durch Glastüren und -wände vom Lagerbereich der Gemälde getrennt. In einer leicht per Hand verschiebbaren Rollschrankanlage können jeweils ausgewählte Grafiken unter verschiedensten Glasabdeckungen entweder als Handauszüge oder in der Top-Abdeckung betrachtet werden.

Komplexität in Minimalismus
Die Kunst, technisch Komplexes einfach und offen zu gestalten

Das Schaudepot ist in technischer Hinsicht ein multifunktionales Bauwerk mit sehr strengen Anforderungen an eine hohe Gebäudesicherheit, exakt einzuhaltende klimatische Bedingungen im Inneren sowie die notwendige Ausgrenzung von Tageslicht zum optimalen Erhalt der gelagerten Kunstwerke. Eine besondere Herausforderung lag bei der Konzeption des Neubaus im Zusammenspiel zwischen der angestrebten, öffentlichen Erlebbarkeit und dem gleichzeitigen Schutz der Ausstellungsstücke.
Durch die Öffnung des Hauses für Besucher wird das Raumklima immer wieder stark verändert. Um eine technische Lösung zu finden, wurde im Vorfeld das Gebäude als Klimamodell simuliert.
Zur Einhaltung der notwendigen Werte in den geschlossenen Raumbereichen ist die Zahl der Besucher auf täglich zwei Gruppen mit jeweils höchstens zehn Personen begrenzt. Die maximale Besuchsdauer liegt bei täglich sechs Stunden. Optische und akustische Warnmeldungen weisen darauf hin, wenn die Grenzwerte innerhalb der möglichen Toleranzen in den Bereichen Gemäldezuganlage und Grafikdepot erreicht sind.
Weitere unerwünschten Außeneinflüsse, neben der Feuchtigkeit und Temperatur, welche die Besucher in das Gebäude bringen, werden durch die extrem gut gedämmte Gebäudehülle nahezu ausgeblendet. Eine auf den Innenseiten der Wände installierte Wandheizung und -kühlung temperiert die Räume konstant gleichmäßig auch bei unterschiedlichen Innenraumbedingungen.

Nachhaltigkeit und Barrierefreiheit
Energiekonzept - Klimasimulation - Barrierefreie Erschließung aller Geschosse

Zur Sicherung einer hohen ökologischen und ökonomische Qualität sowie Energieeffizienz erfolgte die Entwicklung eines übergreifenden Energiekonzeptes zur Sicherung eines energieoptimierten und langfristig wirtschaftlichen Gebäudebetriebes. Energetisch wurde das Gebäude bereits in der Entwurfsphase vollständig als Klimamodell in einer TAS-Simulation untersucht und daraus wesentliche Festlegungen für eine zielgenaue Beheizung mit regenerativen Anteilen, Klimatisierung und Fassadenbekleidung abgeleitet. Der Feuchtigkeitsschutz wird als bauphysikalischer Vorteil durch konsequente Trennung von Witterungsschutz, Wärmedämmung und Tragwerk realisiert, der Luftraum zwischen Dämmung und Witterungsschutz dient der sicheren Abführung von Feuchtigkeit. Die äußere Glasbekleidung schützt die Wärmedämmung gegen Witterung und mechanischen Einwirkungen, ein langfristiger Werterhalt und Wertsteigerung des Gebäudes wird über den gesamten Lebenszyklus aufgrund der hohen Lebenserwartung der Fassade und die Möglichkeit der einfachen Reinigung und der Austauschbarkeit von Elementen der Fassadenkonstruktion erreicht.
Für eine langfristige Flächeneffizienz und Anpassungsfähigkeit wurden Innenwände weitestgehend nicht tragend ausgeführt, Trennwände können an jeder Fassadenachse des Grundrasters ohne Eingriffe in die Fassadenkonstruktion eingesetzt werden.
Eine geeignete raumakustischen Qualität wurde entsprechend der jeweiligen Nutzungen der Räume berechnet und realisiert.
Die beiden Geschosse sind sowohl durch einen Personenaufzug als auch durch eine Hebebühne für den Kunst-Transport barrierefrei erschlossen. Es gibt ein behindertengerechtes WC, Bodenmarkierungen für seheingeschränkte Personen und umfangreiche mit dem Behindertenbeauftragten abgestimmte Maßnahmen der Barrierefreiheit wie zum Beispiel Bezeichnungen an Handläufen, am Aufzugtableau und Treppenmarkierungen.

Bürgerbeteiligung und Öffentlichkeit
Von der Planung bis zur Eröffnung

Es erfolgte eine Vielzahl von Planungsvorstellungen vorm Ortsbeirat über den Gestaltungsbeirat bis zu Presseinformationen und Veranstaltungen für Bürger zum Kennenlernen des neuen Schaudepots.

Zeichnungen: buttler architekten GmbH
Fotos: Thomas Ulrich
Außenansicht Tag

Außenansicht Tag

Detailansicht Glasfassade

Detailansicht Glasfassade

Herleitung Fassadenornamentik - Annäherung an den Bestand

Herleitung Fassadenornamentik - Annäherung an den Bestand

Grafikdepot

Grafikdepot

Gemäldezuganlage geschlosser Zustand

Gemäldezuganlage geschlosser Zustand

Gemäldezuganlage offener Zustand

Gemäldezuganlage offener Zustand

Lageplan

Lageplan

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Obergeschoss

Grundriss Obergeschoss