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Award / Auszeichnung | 11/2019

12. Deutscher Nachhaltigkeitspreis Architektur 2020

Neubau der Stadtwerke Neustadt in Holstein

DE-23730 Neustadt in Holstein, Neukoppel 2

Nominierung

IBUS Architektengesellschaft mbH

Architektur

RISP Rissmann & Spieß

Architektur

Stadtwerke Neustadt in Holstein

Bauherren

DREWES + SPETH Beratende Ingenieure im Bauwesen Partnerschaftsgesellschaft mbB

Tragwerksplanung

TARA Ingenieurbüro GmbH & Co. KG

Energieplanung

Brüggemann Holzbau GmbH & Co. KG

sonstige Fachplanung

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Büro-, Verwaltungsbauten, Gewerbe-, Industriebauten

  • Projektgröße:

    3.415m² (geschätzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2016
    Fertigstellung: 01/2018

Projektbeschreibung

Demontierbarer Holzmassivbau mit hinterlüfteter Eichenholzfassade auf Stahlbeton-sockel mit Verblendmauerwerk, extensive Dachbegrünung, Einsatz von Recycling-baustoffen und historischen Bauteilen (z.B. gusseiserne Stütze im Eingangsfoyer sowie gebrauchte Ganzglasbürotrennwände oder alte Wandfliesen in den WC-Bereichen)

Der Neubau der Verwaltungs- und Betriebsgebäude bildet am Ortseingang von Neustadt in Holstein auf einem exponierten Grundstück die neue Visitenkarte der Stadt. Das Grundstück ist durch eine leichte Hanglage geprägt und erlaubt es, die Gebäude prägnant zu platzieren.
Das Gesamtprojekt umfasst den Neubau des Verwaltungsgebäudes, ein Werkstatt- und Lagergebäude mit Fahrzeugwaschhalle sowie eine Fahrzeughalle.
Zwischen den drei Gebäude befindet sich der in die Hangebene abgesenkte zentrale Betriebshof. Von diesem werden alle Gebäude für den internen Betrieb erschlossen.
Das Verwaltungsgebäude erhält in der Nähe des Kreisverkehrs einen repräsentativen Eingang auf der höher gelegenen Ebene. Die Gebäude bilden ein Ensemble, das durch ein gemeinsames Materialkonzept zu einer architektonischen Einheit zusammengeführt wird.

Mit dem Neubau verfolgten die Stadtwerke das Ziel flexibel auf die Anforderungen künftiger Betriebsentwicklungen reagieren zu können. Gleichzeitig kommen sie der Vorbildfunktion einer öffentlichen Einrichtung nach und sind langfristig konkurrenzfähig.

Im Einzelnen wurde dies durch die Erweiterung der Büroflächen und Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Verwaltung und gewerblichen Bereich erreicht. Die Ausrichtung des Neubaus auf zukünftige Bedarfe mittels Anpassungsfähigkeit und Nutzungsflexibilität bei einer gleichsamen Angemessenheit in der Gestaltung unterstreicht die besondere Bedeutung.

Das Verwaltungsgebäude umfasst alle von der Verwaltung benötigten Räume und einen Sozialbereich für alle Mitarbeiter. Das eingeschossige Werkstattgebäude beherbergt u.a. die Werkstätten und die Meisterbüros, eine Fahrzeugwaschhalle und die Lagerflächen für Zähler und Kleinteile. Die Fahrzeughalle bietet eine witterungs-geschützte Abstellmöglichkeit für die Betriebsfahrzeuge der Stadtwerke.

Die Gebäude haben aufgrund der topografischen Bedingungen und der damit ver-bundenen Baugrundgegebenheiten einen massiven Sockel aus Stahlbeton. Die kern-gedämmten Sockelwände erhielten eine Vormauerschale aus Klinker.
In allen oberirdischen Geschossen der Gebäude bilden modulare Holzkonstruktionen aus tragenden Brettschichtholzstützen und -trägern sowie tragenden Massivholz-wandscheiben die Konstruktion der Außenwände. Als Wärmedämmung wurde Holz-faserdämmstoff mit einer außenseitigen Fassadenbahn vorgesehen.
Die Fassadenbekleidung besteht aus einer hinterlüfteten vertikalen Holzverschalung aus aufgeschnittenem Alteichenholz, welches aus rückgebauten Bauernhofscheunen stammt. Die Mischkonstruktion des Verwaltungsgebäudes besticht dabei durch die in den Bürobereichen sichtbare Holz-Beton-Verbunddecken. Dabei dienen die mittels Schraubverbindung fixierten Betonfertigteile als thermische Speichermasse für das Büroraumklima.

Von der Herstellung bis zur Entsorgung sowie für die Wartung und Instandhaltung (Nutzung) sollte für den Neubau der Gebäude der Stadtwerke ein möglichst geringer Energieeinsatz (graue Energie) notwendig werden. Die Masse der einsetzten Materialien hat einen wesentlichen Einfluss auf die benötigte graue Energie. Somit kommt dem Rohbau aufgrund der mit der Konstruktion verbunden Masse eine zen-trale Bedeutung zu. Entsprechend ist in einer sehr frühen Planungsphase die Ent-scheidung über die Bauweise (des Rohbaus) zu treffen gewesen.
Der schadensfreie Ausbau von Bauteilen und die sortenreine Trennung der Baustoffe sorgen bei der Demontage des Gebäudes für eine Reduzierung der Abfälle und einen hohen Grad der Wiederverwendung bzw. -verwertung. Um dies zu gewähr-leisten, wurden nach Möglichkeiten eine leicht demontierbare Holzkonstruktionen gewählt.
Bei dem umgesetzten umfassenden Nachhaltigkeitskonzept standen die Wieder-verwendung von gebrauchten Bauteilen, der Einsatz von Recyclingbaustoffen, der großflächige Einsatz nachwachsender Rohstoffe sowie die Energieeffizienz im Betrieb im Vordergrund. Das nachhaltige Gebäudeensemble besticht dabei durch Ressourcenschonung in der Herstellung sowie CO2-Neutralität im Betrieb.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Neubau der Stadtwerke Neustadt in Holstein ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie die Themen Verantwortung für Klima (Energie) und Ressourcen (Wertstoffkreislauf) im Rahmen eines nachhaltigen Baubudgets so umgesetzt werden können, dass sie auch in seiner charaktervollen Gestalt ablesbar sind.

Bei dem Neubau handelt es sich um ein Gebäudeensemble, das aus einem Verwaltungsgebäude, einem Werkstatt- und Lagergebäude und einer Fahrzeughalle besteht. Dabei werden die Neubauten in ihrer Gestalt und technischen Performance einem hohen Nachhaltigkeitsanspruch gerecht. Die leichte Hanglage ermöglicht die Gruppierung aller Gebäude um den Betriebshof, wodurch sich ein kleines Quartier formiert hat. Das Ensemble wird dabei für die Umgebung gut erkennbar, ohne zu dominieren. Hervorzuheben ist, dass auch bei der Nebennutzung der Fahrzeughalle auf eine gleichsam hohe Qualität der Bauausführung und Architektur Wert gelegt wurde.

Der Wärmedämmstandard der Gebäude entspricht dem Passivhausstandard. Zusammen mit dem Einsatz einer Sole-Wasser-Wärmepumpe und Photovoltaik auf den Dächern erreichen sie minimierte CO2-Emmission. Bei der Haustechnik wurde der Einsatz regenerativer Energiequellen mit einem Mini-Blockheizkraftwerk ergänzt. Die thermische Behaglichkeit für die Nutzer wird neben den aktiven auch mit passiven Maßnahmen wie Nutzung thermischer Gebäudemassen, natürliche Grundlüftung und Beleuchtung ergänzt.

Die Gebäude überzeugen mit einer robusten, materialgerechten Qualität. Dabei wurden die Fassaden bis auf das Sockelgeschoss in Holzbauweise erstellt. Gründung und Sockel sind in Stahlbeton, die Decken sind als Brettsperrholzdecken auf Holzunterzügen oder Brettsperrholzwänden ausgeführt. Bei dem Verwaltungsbau kamen Holz-Beton-Verbunddecken zum Einsatz. Die Fassaden aller Gebäude wurden mit unbehandelten Eichenholzlamellen bekleidet. Neben dem Einsatz von möglichst viel nachwachsenden Rohstoffen wurden im Rahmen eines Forschungsvorhabens auch die Chancen für eine Wiederverwendung von gebrauchten Bauteilen sowie der Einsatz von Recyclingbaustoffen untersucht. Im Ergebnis wurden unter anderem Schaumglasschotter als Dämmmaterial für die Sohle, gebrauchte Recyclingfliesen in den Sanitärräumen, Seegras als schallabsorbierendes Füllmaterial von Akustikpaneelen und aufgesägte, alte Fachwerkbalken als hinterlüftete, unbehandelte Vorhangfassade eingesetzt.

Mit ihrem Neubau gelingt es den Stadtwerken Neustadt vorbildlich, den eigenen Anspruch an einen nachhaltigen Umgang mit den Themen der Energieinfrastruktur über die Architektur auszudrücken. Damit sind die Stadtwerke Neustadt ein Vorreiter für eine hochwertige gewerbliche Architektur. Das würdigt die DGNB Jury mit einer Nominierung für den Deutschen Nachhaltigakeitspreis Architektur.