Award / Auszeichnung | 11/2019
12. Deutscher Nachhaltigkeitspreis Architektur 2020
©Nicolas Felder, Wiggensbach
Die Kita Karoline Goldhofer liegt in der ehemaligen Parkanlage des Stifter-Anwesens
Kita Karoline Goldhofer
Nominierung
heilergeiger architekten und stadtplaner BDA
Architektur
Bauherren
LATZ+PARTNER LandschaftsArchitektur Stadtplanung
Landschaftsarchitektur
TGA-Fachplanung
Tragwerksplanung
Energieplanung
Lichtplanung
Ingenieurbüro Anwander - Arbeitssicherheit & Brandschutz
Brandschutzplanung
Projektdaten
-
Gebäudetyp:
Kindergärten, Vorschulen
-
Projektgröße:
keine Angabe
-
Status:
Realisiert
-
Termine:
Fertigstellung: 06/2019
Projektbeschreibung
Die drei Gebäudeteile des alten Wohnhauses werden erhalten, freigestellt und unter einer neuen Hülle aus Polycarbonatstegplatten eingestellt. Die entstehenden Zwischenräume sind Raumerweiterung für die Kitafunktionen und Element des nachhaltigen Energiekonzepts. Die neue Hülle ist Kollektor von Licht und Energie. Sie erlaubt, die Bestandswände ungedämmt und als historische Schicht zu erhalten. Das Energiekonzept ist kybernetisches Zusammenspiel von Raum, Konstruktion und Gebrauch. Durch die Einsparung von „grauer Energie“, Baustoffen und einer CO2-Reduktion, die bereits heute das Klimaziel 2050 erfüllt, werden die Stärken des Bestands und des Gebrauchten auch im Sinne der Reggio-Pädagogik für den Klimaschutz aktiviert.
Das Konzept des Wiederverwendens und Aktivierens ist erlebbar: Materialität und Details des Bestands bleiben wie vorgefunden. Ergänzte Konstruktion ist sichtbar roh. Neue Möbel vom Schreiner unterstützen den Gebrauch des Alten.
Die Kita sucht nach architektonischen Antworten auf die relevanten Fragen des Bauens: Wie nutzen wir Bestand und schonen Ressourcen? Wie reduzieren wir CO2 und gewinnen Raum? Wie wird Klimaschutz als Bereicherung erfahrbar?
Beurteilung durch das Preisgericht
Die Kita ist ein von einer Familie gestiftetes ehemaliges Wohnhaus. Während andere vielleicht überlegt hätten, das Bestandsgebäude abzureißen und das Grundstück neu zu bebauen, arbeiten die Architekten hier mit den Stärken des alten Gebäudes – der Materialität und den Räumlichkeiten – und ergänzen es durch einen neuen, offenen Raum. Eine zweite Haut in Form von Polycarbonatplatten ist über die Villa der Stifter gezogen. Sie funktioniert wie ein Energiegarten: Der thermodynamische Puffer erlaubt den Verzicht auf konventionelle Dämmung des Bestandsgebäudes. Der ehemalige Außenraum der Villa wird zum geschützten und großzügigen Raum für die Kinder.
Aus dem Vorhandenen wird Neues gemacht und weiter gestrickt. Wir sehen hier ein Beispiel für eine Ästhetik, die wir in Zukunft öfter sehen werden – und sehen werden müssen: Neu trifft auf Alt. Spuren der Villa, wie z.B. der außenliegende Kamin werden integriert in den neuen Innenraum. Hier entstehen spannende Nischen zum Entdecken.
Damit ist auch das in der Kita angewandte Reggio-pädagogische Konzept in der Architektur umgesetzt: Nicht auf den Schwächen der Kinder, sondern auf ihren Stärken soll man weiterbauen. Im Inneren wurden alle Materialien belassen wie vorgefunden oder roh verbaut. Das entspricht der pädagogischen Idee, dass das Gebrauchte und Reparierte als Wert erfahrbar gemacht werden soll. Auf diese Weise dient der Raum als Erzieher in mehreren Ebenen.
Es ist nichts Neues, etwas Gutes aus dem Vorhandenen zu machen. Das geschah auch früher schon - aus Not oder einfach aus gutem Menschen- und Naturverstand – und ist vielleicht in unserer heutigen Komfort- und Konsumzeit in Vergessenheit geraten. Die Innovation – wenn wir diese Wiederentdeckung so nennen wollen – liegt darin, sich über die gelernten konventionellen Ansprüche hinweg zu setzen und stattdessen mit dem Widerstand des Bestandes etwas Außergewöhnliches zu schaffen. Diesen Ansatz honoriert die DGNB Jury mit einer Nominierung der Kita Karoline Goldhofer für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis Architektur.
©heilergeiger architekten und stadtplaner BDA
Der Bestand scheint durch die neue Hülle hindurch
©Nicolas Felder, Wiggensbach
Details des Bestands bleiben und das Ergänzte ist roh
©Nicolas Felder, Wiggensbach
Möbel vom Schreiner unterstützen den Gebrauch des Alten
©Nicolas Felder, Wiggensbach
Das Spielhaus macht das alte Schwimmbad erlebbar
©Nicolas Felder, Wiggensbach
Die Bestandsfassade umschließt mit der Hülle aus recycelbarem Polycarbonat den hohen Multifunktionsraum
©Nicolas Felder, Wiggensbach
Die transluzente Hülle prägt die Atmosphäre in den Raumerweiterungen
©Nicolas Felder, Wiggensbach
Die Kita folgt dem Geländeversprung und formt hier den zweigeschossigen Multifunktionsraum
©Nicolas Felder, Wiggensbach
Überlagerung von alten und neuen Schichten
©Nicolas Felder, Wiggensbach
Spielen zwischen den alten Bäumen und auf der großzügigen Wiese