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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2018

Neubau Hallenbad Appenzell

'nemo'

3. Rang

Preisgeld: 13.000 CHF

jessenvollenweider architektur

Architektur

Stauffer Rösch Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Dr. Lüchinger + Meyer Bauingenieure AG

Bauingenieurwesen

HK&T Harald Kannewischer&Team

sonstige Fachplanung

Schällibaum AG

Bauingenieurwesen

Erläuterungstext

Drei gestaffelte Hauskörper formulieren eine solitäre Gebäudefigur, die sich prägnant als öffentliches Gebäude in der Flussebene der Sitter zu erkennen gibt und dabei das geforderte Nutzungsprogramm sehr direkt in ein ebenso klares wie elementares Raumszenario übersetzt. Über ihre Axialität richtet sich die Gebäudestruktur auf die Haupterschliessung der Umfahrungsstrasse aus und öffnet sich gleichzeitig quer dazu auf den Flussraum. Daraus leitet sich ein einfaches Aussenraum- und Erschliessungskonzept ab. Zwischen Brücke und Gebäude sowie entlang des Flusses wird die Aue zu einem Park erweitert, der von innen als intimer, atmosphärisch präzise gestalteter Filter erlebt wird. Der Haupteingang liegt an der Sitterstrasse, dort, wo die von der Brücke absinkende Strasse die Flussebene erreicht. Der neue Parkplatz spannt sich an der Südseite auf, im Übergang zum Kindergarten, der so seinerseits eine selbstverständliche Erschliessung für Auto- und Fussverkehr erhält.

Die Idee des Bades entfaltet sich aus der horizontalen Dramaturgie der Flussebene: Die Becken heben sich wie ein irdenes Relief aus dem Terrain, darüber wird eine leichte und lichtdurchlässige Holzstruktur aufgerichtet, die dem ganzjährigen Badevergnügen den notwendigen Schutz verleiht, ähnlich wie es hölzerne Orangerien für sensible Pflanzen über den Winter hin tun. Dadurch werden gleichzeitig die wesentlichen Blickachsen aus der Flussebene oder vom Bürgerheim auf die römisch-katholische Kirche, St. Mauritius oder die Lourdes-Kapelle frei gehalten. Der Höhenakzent der Sonnenterrasse überlagert die axiale Komposition, verortet das Bad am Fluss und tritt in Dialog mit dem kleinmassstäblichen Hauskörper der Kapelle.

Der schmale und höchste Baukörper schiebt sich an die Sitterstrasse und bildet dort eine einfache Zugangssituation von der Strasse und zugleich vom Parkplatz aus. Die Direktheit der ebenen Disposition von Garderoben und Bad bietet zugleich die Möglichkeit einer strategischen Positionierung des Bademeisters zwischen Bad und Foyer/Kasse, mit den betrieblichen Vorteilen, dass zumindest kurzzeitig, in Randstunden oder Pausen, eine Person beide Funktionen wahrnehmen kann. Direkt zugänglich aus dem Foyer ist die vertikale Erschliessung in das Obergeschoss mit dem Massage- und Saunabereich. Dieser profitiert von einer guten natürlichen Belichtung und einer vielfältigen Raumsequenz, die schliesslich über den zweiten Erschliessungskern zurück ins Bad im Erdgeschoss oder eins höher auf das Sonnengeschoss mit Terrasse und Ruheraum führt. Dort geniesst man abgerückt und in Ruhe die herrliche Aussicht auf das Panorama von Dorf und Bergwelt. In den Badehallen wird die gerichtete Gebäudestruktur gegen die Strasse geschlossen interpretiert und zur umgebenden Natur gezielt geöffnet. Zum Flussraum erlauben bewegliche Fassadenelemente mit transparenten Lamellenstrukturen eine feine Justierung der Raumatmosphäre hinsichtlich Intimität und Lichteinfall. Die Schrägdächer bilden in der bewegten Topographie sinnfälliger Weise eine prägnante Dachlandschaft aus, die es erlaubt auf einfache Weise zenitales Licht einfallen zu lassen und gleichzeitig eine mögliche Photovoltaikanlage architektonisch selbstverständlich zu integrieren.

Landschaftsarchitektur

Naturwiesen und extensiv bewirtschaftete Weiden sind die prägenden und wichtigen Grünstrukturen im Appenzellerland und der unmittelbaren Umgebung des neuen Hallenbads. Sie vermitteln zwischen den vielfältigen Ein- und Mehrfamilienhausstrukturen, der Kapelle sowie dem Flussraum und helfen so die Strenge des Siedlungskörpers aufzubrechen und zu strukturieren.

Sanft legen sich zukünftig Feuchtwiesen und Hochstaudenfluren unterschiedlicher Ausprägung an den Hallenbad-Neubau und verankern diesen in seiner Umgebung. Durch die zurückhaltende und doch bewusste Grünflächengestaltung soll die heute sehr isoliert wahrgenommene Kapelle mit dem Hallenbad verknüpft werden und so ein einprägsamer und eigenständiger Ort im Siedlungsgefüge entstehen. Während die Südseite durch ein bewusstes Gegenüber von Kindergarten und Haupteingang belebt wird, entsteht auf der Nordseite des Gebäudes ein schlichter Naturraum. Die Staffelung der Gebäudehöhe führt zu einer guten Besonnung der grosszügigen Fläche. Ihre Lage in unmittelbarer Flussnähe sowie die schützenden baulichen Strukturen der Umfahrungsstrasse lassen ein behütetes Refugium von hohem ökologischem Wert erwarten. Die Öffnung des eingedolten Bachs ist möglich, jedoch nicht zwingend. Kontrastierend zur wilden Uferbestockung sowie den vorgelagerten Fluren formulieren die gebäudenahen Feuchtwiesen farblich akzentuierte, gepflegte Blickbezüge aus dem Innern des Bades.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die gestaffelte Grossform am Fluss bildet das Programm additiv in der Fläche ab. Der dienende Trakt mit Sauna formuliert den Rücken, an den achsial der Teilkörper des Hauptbeckens und jener des Lehrschwimmbeckens angefügt werden. Der Staffelung im Grundriss entspricht eine rhythmische Abtreppung der Dächer, die eine feinteilige Faltung aufweisen. Der dienende Trakt formt im Südwesten den volumetrischen Höhepunkt und inszeniert den Aussenraum der Sauna als Loggia zum Fluss und als städtebauliches Pendent zur Kapelle. Die Komposition der Figur weist aus dem Programm eine Sinnfälligkeit auf und ist aus dem Zuschnitt des Grundstücks nachvollziehbar, in Bezug auf dessen Orientierung jedoch völlig unverständlich: Der dienende Trakt mit Korridor wird auf der Südseite angelegt und die Schwimmhallen richten sich gegen Norden. So sehr die Staffelung des Baukörpers entlang des Sitterufers eine attraktive Raumfolge erzeugt, so schematisch wirkt die symmetrische Situation zur Strassenseite. Es entstehen undifferenzierte Resträume und eine eindeutige Adresse wird vermisst. Die Umgebung ist grundsätzlich sorgfältig entwickelt, jedoch wird die Zuordnung der Nutzungen bezweifelt: Die Parkierung im Süden erscheint im Zwischenraum zum Kindergarten unattraktiv und Konflikte zwischen Autoverkehr und Kindern werden vermutet. Die nördliche Aufwertung des Sitterraumes mit einem kleinen Park wird aufgrund des Verkehrs der Umfahrungsstrasse kaum zum Aufenthalt einladen.
Neben der Staffelung des Baukörpers bewirkt auch das gefaltete Dach, dass das Volumen optisch gebrochen wird und geschickt zum baulichen Kontext vermittelt. Einer einseitigen Anbiederung an die ländliche Siedlungstypologie entzieht sich das Projekt jedoch und evoziert überraschende Bilder: Für den Fussgänger wird die in gestrichenem Holz verkleidete Grossform in malerische, gestaffelte Giebelsequenzen gebrochen. Und die Architektursprache entlang des Flusses hingegen entfaltet die Assoziation an eine Reihe von Badhäuschen am Wasser. Die Architektur entwickelt gekonnt vielschichtige und poetische Bilder.

Dem programmatischen Konzept liegt zugrunde, dass die Nutzungen des Schwimmbades auf der Eingangsebene organisiert werden, was im Erdgeschoss selbstverständliche betriebliche Abläufe ergibt und für das Schulschwimmen begrüsst wird. Die periphere Lage des Lehrschwimmbeckens ist jedoch bezüglich der Übersichtlichkeit ungünstig und erzeugt lange Wege. Die Zirkulation im Wellnessbereich ist durch die Zweigeschossigkeit und eine mäandrierende Wegführung kompliziert und räumlich wenig attraktiv. Das Erfordernis von drei Liften deutet zudem die ungünstigen betrieblichen Zusammenhänge an. Fluchtwege sind ungenügend konzipiert.

Das Faltwerk des Dachs entpuppt sich als multifunktionales Bauteil. Neben der statisch aussteifenden Wirkung für den Bau, versorgt die Verglasung in der Dachhaut den Schwimmbereich attraktiv mit Tageslicht. Technisch nimmt es die Fotovoltaik und im Hohlraum der Tragstruktur die Lüftung auf. Die verkleidete Deckenuntersicht mit den Lichtbändern verleiht dem Innenraum eine sehr charakteristische Raumstimmung. Das Tragwerk des Holzbaus mit Brettschichtholzträgern, Querträgern und Stützen in der Schwimmhalle ist sehr schlüssig aus der Gebäudestruktur entwickelt.

Die Gebäude- und Badtechnik erfüllt die gestellten Anforderungen und ist sehr ausführlich und nachvollziehbar dargelegt. Wirtschaftlich liegt das Projekt in Bezug auf die Investitionskosten im Quervergleich der geprüften Beiträge im oberen Bereich, erfüllt aber den Kostenrahmen.

Das Projekt fasziniert im ersten Moment durch seinen programmatisch schlichten Ansatz und das feine „Wellen“-Dach, irritiert jedoch in der Ausrichtung der Nutzungen und der aussenräumlichen Disposition. Leider erweist sich die lineare Addition der Abläufe betrieblich nur bedingt als sinnhaft, da sie lange Wege und nur eine suboptimale Übersichtlichkeit mit sich bringt. Die überraschende atmosphärische Reichhaltigkeit und Poesie des Projektes in der Aussenwahrnehmung und im Innenraum sowie die hohe architektonische Sorgfalt und konstruktive Schlüssigkeit, die dargelegt wird, vermögen diese Defizite leider nicht aufzuwiegen.
Situation 1:500

Situation 1:500

Plan 1

Plan 1

Plan 2

Plan 2

Plan 3

Plan 3

Plan 4

Plan 4

Plan 5

Plan 5

Plan 6

Plan 6