modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Realisierungswettbewerb mit anschließendem Verhandlungsverfahren für die Vergabe von Generalplanerleistungen | 02/2015

Sanierung und Erweiterung des zentralen Lehr- und Lerngebäudes der Medizinischen Universität

Anerkennung

AMP ARCHITEKTEN

Architektur

Erläuterungstext

Städtebauliche Aspekte
In dem bisher als Laborgebäude der Universität Innsbruck genutzten Objekt in der Fritz-Prengl-Straße 3 werden nun die Lehr- und Lernräume der Studierenden untergebracht, sowie die Verwaltungseinrichtungen zusammengelegt.
Die Situation am Haupteingang wird modifiziert zugunsten einer Gebäudeauskragung, unter welcher es möglich ist wettergeschützte Fahrradabstellplätze zu schaffen, sowie die barrierefreie Erschließung des um 70 cm angehobenen Erdgeschosses zu klären. Durch die Formulierung einer großzügigen Eingangssituation mit Sitz- und Wartemöglichkeiten entsteht ein neuer Treffpunkt im Campusbereich.
Durch den Abbruch des Verbindungsbauwerks im Norden gelingt die Öffnung des Innenhofs in Richtung der Fritz-Prengl-Strasse. Dieser wird über eine barrierefreie Rampenanlage erschlossen.
Durch die Anhebung des Geländes auf Erdgeschossfußbodenniveau ist eine extensive Begrünung des Innenhofs möglich. Dieser bietet nun vielfältige Aufenthaltsqualitäten für Studierende und Beschäftigte.
Die Feuerwehraufstellflächen befinden sich sowohl auf der Fritz-Prengl-Straße, als auch im Innenhof.
Die Anlieferung und Entsorgung erfolgt hofseitig, da dies nun ebenerdig zum Eingang Innenhof geschehen kann.

Baukünstlerische Aspekte
Der Entwurf respektiert die vorhandene Architektur in seiner funktionalen und strukturellen Form. Diese wird durch die Umbauten nun bestärkt und in ihrer Qualität herausgehoben. So entsteht beispielsweise durch das erweiterte Öffnen der Decke zum 2.UG eine Stärkung des offenen Vorbereichs der Höhrsäle und die Präsenz zur Stadt wird durch die nun durchgehende Arkade vor dem Eingang unterstrichen. In den Regelgeschoßen entstehen durch großzügige Innenverglasungen lichtdurchflutete und freundliche sowie offene Arbeitswelten.
Der Audimax und Kursräume werden im hofseitigen Anbau untergebracht. Dieser Bereich muss aufgrund der unflexiblen Tragstruktur weitgehend neu errichtet werden. Dabei werden die bestehenden Umfassungswände als Baugrube genutzt und der neue Bauteil in diese eingesetzt. Die Außenfassade erhält ebenfalls eine Stärkung der bestehenden Logik und zugleich eine moderne Textur. Zunächst wird eine schaukastenartiger Rahmen entwickelt, der die geschlossenen Seiten in Aluminiumblech einfasst. Die Frontseiten erhalten dann eine großzügige Vorhangfassade mit verspielter Abwechslung zwischen geschlossenen und verglasten Teilen.

Funktionale Aspekte
Die Einrichtungen der Studierenden wie ÖH, Teile der Abteilung Lehre und
Studienangelegenheiten sind zentral im Eingangsbereich, die Kursräume, Audimax in den beiden Untergeschossen, sowie die Bibliothek und die Lehr- und Gruppenräume in den beiden ersten Obergeschossen angeordnet, um kurze Wege für die Studierenden zu generieren. Der Publikumsverkehr nimmt nach oben hin ab. Hier sind die Büro- und Verwaltungsräume untergebracht.
Das Erdgeschoss bietet neben der Hausverwaltung und dem Infopoint großzügige Aufenthaltsbereiche mit Blick in den Innen- und Tiefhof.
Ein großzügiger Luftraum mit Freitreppen verbindet das Erdgeschoss mit den beiden Untergeschossen. Auch hier bringt der neue Tiefhof Tageslicht ins Innere des Gebäudes, sowie in die Kursräume und den Audimax mit Vorbereitungsraum in den Untergeschossen. Im hofseitigen aufgestockten Anbau befinden sich Kursräume, die zum Teil über Oberlichter natürlich belichtet sind.
Die Regelgeschosse setzten sich aus zwei Büro-/ Verwaltungsspangen und einer funktionalen Mittelzone, sowie einer aufgeweiteten Warte- und Aufenthaltszone zusammen.
Die Bürozonen werden von offenen Bereichen, welche als Besprechungsräume genutzt werden können unterbrochen, so gelangt zusätzlich Tageslicht auch ins Gebäudeinnere. Zusätzlich sind die Wände zu den Gangbereichen als Glassystemtrennwände geplant.
Die Mittelzone ist durch Stichflure unterbrochen, um kurze Wege zu garantieren und die Sanitärräume zu erschließen.
Die an die Mittelzone angelagerten Schachtzonen aus der ehemaligen Labornutzung bleiben teilweise als Schächte erhalten, die übrigen werden als Schrank-, Automaten-, Sitz- oder Garderobenkastennischen umgenutzt.
Die bestehenden Aufzugsanlagen werden barrierefrei umgerüstet. Der Lastenaufzug wird im angrenzenden bereits vorhandenen Zentralschacht untergebracht, so daß eine gebündelte Vertikalerschließung entsteht.
Die im Norden und Süden liegenden Stiegenhäuser bleiben erhalten.

Ökonomische, ökologische, energetische Aspekte
Das Projekt geht schonend mit der vorhandenen Struktur des Gebäudes um und verwendet diese in den möglichen Bereichen. Der hofseitige Anbau wird strukturell erneuert aufgrund der nicht sinnvoll adaptierbaren Statik.
Durch die hochwertige Ausführung der wärmeschützenden Hülle kann der Energieverbrauch minimiert werden. Dennoch gelingt die Anordnung von großzügigen Verglasungsanteilen, die durch ihre bodentiefen Ausbildungen Tageslicht bis in die inneren Flure durch die Innenverglasungen fallen lässt.
Der sommerliche Wärmeschutz gelingt durch die Anwendung von speziellen Sonnenschutzverglasungen, die eine Überwärmung verhindern. Damit kann auf einen wartungsintensiven und windanfälligen außenliegenden Sonnenschutz verzichtet werden. Der innenliegenden Blendschutz (ggf. mit Verdunklungsoption und Lichtlenklamellen) sorgt für optimale Arbeitsbedingungen in den Räumen. Auf Wunsch des Bauherren sind zusätzliche bzw. ersetzend außenliegende Sonnenschutzsysteme mit sturmsicheren Anlagen möglich (z.B. ZLamellen-Jalousien oder Großlamellen). Durch die Ausbildung von Akustikmaßnahmen als Segel werden die vorhandenen Speichermassen der Struktur optimal ausgenutzt.
Die Ausführung aller Bauteile erfolgt mit hochwertigen ökologisch unbedenklichen Materialien und jeweils in recyclingfähiger, trennbarer Aufbaukonstruktion. Maßgebliche Grundlage hierfür sind die Grundsätze und ökologischen Kriterien des Baubook.
Das Gebäudetechnikkonzept beinhaltet eine intelligente Systemlogik beispielsweise mit tageslicht- und personenabhängiger LED- Beleuchtung, einer Lüftungsanlage mit hoch effizienter Wärmerückgewinnung und zusätzlicher Nutzung der vorhandenen Abwärme z.B. des Servers. Dabei wird die Zuluft über die Nutzflächen eingebracht und die Abluft zentral über die Gänge abgesaugt (Atriumeffekt, Reduzierung der Kanalstrecken).
Durch die Nutzung der Dachfläche für eine Photovoltaikanlage können die Stromkosten reduziert werden.

Materialität
Die innere Gestaltung wird funktional ausgelegt:
Mit Akustik- Abhangdecken und Einbauleuchten in den öffentlichen Bereichen, in den Bürobereichen sollen aufgrund der Flexibilität Stehleuchten je Arbeitsplatz realisiert werden, so ist es möglich die Systemtrennwände zwischen den Büros leichter zu ändern.
Die Wände zu den Gangbereichen sind als Glassystemtrennwände geplant, falls ein Sichtschutz erforderlich ist wird dieser als satinierter Anteil ausgeführt. So ist es möglich auch Tageslicht ins Innere des Gebäudes zu bringen und die als Warte- und Aufenthaltsbereich aufgeweitete Gangzone auch natürlich zu belichten. Alle übrigen Wände werden weiß verputzt.
Der Bodenbelag in den Laborbereichen wird mit Kautschuk, in den Büro- und sonstigen Lehrbereichen mit Parkett und in den öffentlichen Bereichen mit Naturstein ausgeführt. Die Galerien der Aufenthaltszonen im EG und den Untergeschossen erhalten Glasgeländer ebenso wie die zentralen Haupttreppen im Luftraum.
An der Fassade dominieren silberne Metallverkleidungen und Glas.
Der Sonnenschutz wird über eine Sonnenschutzverglasung und den innenliegenden Blendschutzrollo realisiert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt gestaltet den Haupteingang prominent an der Fritz-Pregl-Straße mit einem gedeckten Vorbereich mit Treppenanlage, Rampe und Fahrradabstellplätzen. Der Weg hinein in die Foyer-Zone, welche sich zur Hofseite öffnet und über Lichtinnenhöfe hinunter zu den Kursräumen und dem Audimax entwickelt, ist logisch und übersichtlich organisiert. Auf der Hofseite sind eine großzügige Außenaufenthaltszone und ein zweiter Zugang zum Gebäude vorgesehen. Die Eingliederung eines Außenhofes bis hinunter ins 2. Untergeschoß wirkt hier nicht evident, ist aber als zusätzlicher Lichtspender für die untere Foyer-Zone und für die Kursräume zu verstehen. Im 1. Obergeschoß ist die Bibliothek mit einer ausgeweiteten Begegnungszone angeordnet. Leider ist die Nutzung des begrünten Dachgartens über den Kursräumen nur über abgeschlossene Arbeitsräume erreichbar. Die Raumverhältnisse im Inneren der öffentlichen Bereiche sind, insbesondere im Vorbereich des Audimax, durch die Anordnung der Treppenanlagen zu knapp bemessen. Die Orientierung der Foyer-Zone zum Lichthof ist durch die Anordnung der Treppenläufe verstellt. Die Anordnung der Büroräume zur Fritz-Pregl-Straße im Erdgeschoß steht im Gegensatz zur offen gestalteten Eingangspartie des Hauses.

Die Gliederung der Fassade sieht ein offenes Erdgeschoß vor und darüber einen großen Rahmen, welcher die oberen 7 Geschoße zusammenfasst. Dieser Rahmen ist mit einer Art Vorhangfassade ausgefacht, ohne sichtbare Deckenstirne. Die Gestaltung der Fassade nimmt weder einen expliziten Bezug zur Materialisierung oder Gliederung und Maßstäblichkeit der umgebenen Gebäude auf, noch verarbeitet sie die innere Zäsur nach den zwei öffentlichen Geschoßen im Erdgeschoß und 1. Obergeschoß als Übergang zu den Verwaltungs- und Bürogeschoßen in den 2. bis 7. Obergeschoß.

Insgesamt kann festgehalten werden, dass die Gestaltung der Außenflächen sowie der Auftritt des Gebäudes im Erdgeschoß von der Fritz-Pregl-Straße sowie von der Hofseite gewürdigt wird, jedoch die Büros straßenseitig und die Einfügung des Tiefhofes hofseitig nicht verstanden wird. Die innere Organisation weist in den öffentlichen Bereich des Erdgeschoßes und des 1. und 2. Untergeschoßes zu enge Verhältnisse auf. Die Fassaden sind zwar prägnant formuliert, aber mit wenig Bezug zu Inhalt und Kontext.

Die Zubauten können aus Sicht der Energieeffizienz überzeugen, die Ertüchtigung der Gebäudehülle sowie der große Fensterflächenanteil mit einer bauphysikalisch mangelhaften Lüftungslösung für die natürliche Belüftung hingegen nicht. Auch der Ansatz mit Sonnenschutzverglasung und innenliegender Blendschutz wird als nicht effizient bewertet.