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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2017

Ersatzneubau Alters- und Pflegeheim

3. Rang

Preisgeld: 9.000 CHF

neff neumann architekten

Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Anders als es das Kennwort erwarten lassen würde, erinnert die elegante Grundrissform an die weit ausgespreizten Flügel eines mächtigen Vogels, welcher über den Sonnenhängen von Amden kreist. Abgeleitet wird die organische Gebäudeform aus den topografischen Gegebenheiten sowie aus dem Anliegen, sämtliche Bewohner des Heims gleichberechtigt an der attraktiven Aussicht teilhaben zu lassen. Die leicht aufgefächerte Grundrissstruktur öffnet sich über die konsequent nach Süd-Osten orientierte Hauptfassade zur spektakulären Walensee-Landschaft hin. Von den leicht über die Fassadenflucht kragenden Balkonen aus erheischen die Bewohner aus sämtlichen Zimmern gar einen Blick zurück auf das Zentrum von Amden. Die klare vertikale Gliederung mit Sockel, dreigeschossigem Schaft und exzentrisch gesetzter Attika unterstützt die gute Einbindung des Gebäudes im Hang.

Das unterste, ausschliesslich mit Nebenräumen besetzte Geschoss, tritt talseitig als prägnanter Sockel in Erscheinung, welcher als grosse Aussichtsterrasse genutzt wird. Die Erschliessung des Gebäudes erfolgt auf der Nordseite, von der Aeschenstrasse her. Die äussere Verbindung zwischen Terrasse und Haupteingang wäre an sich attraktiv, ist unter Berücksichtigung der effektiven Höhenverhältnisse aber etwas optimistisch dargestellt. Das Gefälle von mehr als 16% unmittelbar vor der Anlieferung ist aus betrieblicher Sicht zu steil. Nachteilig sind zudem mögliche Überschneidungen zwischen Fussgänger- und Fahrzeugmanövrierraum. Die innere Organisation ordnet sich pragmatisch der linearen Grundrissform unter und resultiert in einer spielerisch anmutenden Aneinanderreihung der einzelnen Nutzungseinheiten. Die Gemeinschaftsbereiche in der nördlichen Gebäudehälfte sind schön und betrieblich zweckmässig. Hervorzuheben ist die doppelgeschossige Cafeteria, welche die öffentlichen Begegnungszonen im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss räumlich verknüpft. Schade, dass in diesem Zusammenhang die Gestaltung der Treppenverbindung nicht offener ausfällt, zumal eine Hierarchie zwischen Haupt- und Nebentreppenhaus wünschenswert wäre. Die Pflegegruppe im Erdgeschoss ist aus betrieblicher Sicht eher zu klein, könnte dank dem direkten Aussenzugang aber als separate Demenz-Wohngruppe betrieben werden.

Die Obergeschosse sind klar gegliedert. Die Raumschicht der Pflegezimmer sowie die Gemeinschafts- und Stationsräume sind über einen innenliegenden Korridor miteinander verbunden, welcher mit nördlichem Gebäudevorsprung in die Fassade ausgreift. An diesen Orten entstehen gut proportionierte Aufenthaltsnischen mit Blick in die Landschaft. Die Kombination von Ess-Stube, eingezogener Loggia und erweitertem Aufenthaltsbereich ist räumlich schön gelöst. Kritisch beurteilt werden die Länge der Korridore und die durch die geschwungene Form bedingte ungenügende Übersicht von den Teamstützpunkten aus in Richtung der Essräume.

Das Layout der Pflegezimmer verspricht in Kombination mit der attraktiven Loggia grundsätzlich einen hohen Wohnwert. Im Detail betrachtet erweist sich der verwinkelte Grundriss für diese Nutzung aber nicht ideal. Die möglichen Bettpositionierungen sind eingeschränkt, zudem ist der Manövrier-Raum knapp bemessen. Die separat erschlossenen Alterswohnungen sind gut organisiert und bieten dank ihrer attraktiven Lage im Attikageschoss eine hohe Wohnqualität.

Hinsichtlich der zu erwartenden Erstellungskosten dürfte das Projekt konkurrenzfähig sein. Trotz einem Überangebot an Pflegefläche (+2 Zimmer, bzw. +154m2), für welche allerdings kein Bedarf besteht, liegt das Gebäudevolumen im Durchschnitt der Projekte der engeren Wahl. Positiv zu bewerten ist auch die über weite Strecken konsequent durchlaufende Tragstruktur. Unwirtschaftlich ist die Disposition mit 3 Liftanlagen. Gleichzeitig führt der Entschluss, die Pflegeabteilungen in drei unterschiedlich grossen Einheiten auf drei Geschossen zu organisieren zu einem höheren Personalbedarf, was sich negativ auf die Betriebskosten auswirkt.

In seiner Gesamtheit leistet das sorgfältig ausgearbeitete Projekt marmota einen wertvollen Beitrag zur Lösungsfindung der anspruchsvollen Aufgabenstellung. Das stringent verfolgte Ziel der gleichberechtigten Orientierung sämtlicher Pflegezimmer führt zu einem selbstbewussten Gebäude, welches dem grandiosen Panorama mit einem prägnanten architektonischen Ausdruck gegenübertritt und mitunter die Erinnerung an alpine Sanatoriums-Bauten weckt. Diese Analogie scheint im grossräumlichen Kontext der Walensee-Landschaft nachvollziehbar und angemessen. Bezogen auf die Nutzung als Alters- und Pflegeheim für 32 Bewohner und unter Berücksichtigung der Massstäblichkeit der unmittelbaren Umgebung wirkt dieser Projektvorschlag aber zu überinstrumentiert.