Die gute Nachricht vorweg: Architektur wird weiblicher. Laut einer neuen Studie der BAK steigt in allen Fachrichtungen in den jüngeren Jahrgängen der Anteil der Frauen. Doch in den Führungspositionen sind Frauen weiter unterrepräsentiert, wie auch eine Erhebung von competitionline zeigt. Hinzu kommt: Planerinnen verdienen immer noch deutlich weniger als ihre Kollegen.

 

Insgesamt beziffert die BAK den geschlechterspezifischen Gehaltsunterschied mit 26 Prozent. Dafür hat sie die Bruttojahresgehälter rund 10.000 angestellter Architekt*innen aller Fachrichtungen sowie Stadtplaner*innen aus 2019 und 2020 miteinander verglichen. Branchenübergreifend weist das Statistische Bundesamt aktuell einen Gender-Pay-Gap von 19 Prozent aus.

 

Allerdings greife diese Betrachtung zu kurz, so die Kammer. Unter Beachtung "lohnbestimmender Einflussfaktoren" wie dem zeitlichen Arbeitsumfang, der Berufserfahrung, der Position im Unternehmen sowie der Art und Größe des Arbeitgebers ergebe sich laut Kammer der "bereinigte Gender-Pay-Gap". Dieser liegt je nach Faktor bei minus zwei bis plus 13 Prozent. Sprich, unter bestimmten Bedingungen verdienen Architektinnen sogar mehr als ihre Kollegen.

Zu den lohnbestimmender Einflussfaktoren gehören:

  • Arbeitsumfang: Bei Architektinnen liegt der Anteil der Teilzeitkräfte (maximal 38 Stunden) bei 44 Prozent, bei den männlichen Kollegen sind es nur zwölf Prozent. Teilzeitkräfte verdienen laut BAK jedoch nur 39.000 Euro brutto im Jahr, während ihre Kolleg*innen in Vollzeit auf 59.000 Euro kommen. "Um auf einen unterschiedlichen zeitlichen Umfang der Tätigkeit zurückzuführende Gehaltsunterschiede auszuschließen, werden daher nicht Jahresgehälter, sondern Stundenlöhne verglichen", heißt es in der Studie. Demnach bekommen Männer 33 Euro brutto pro Stunde, Frauen 28 Euro – der Gehaltsunterschied beträgt 17 Prozent.
  • Fachrichtung: Frauen studieren überdurchschnittlich häufig Innenarchitektur (acht zu drei Prozent), Männer hingegen häufiger Architektur (87 zu 82 Prozent). Statistisch ergibt sich hier schon ein Lohngefälle, weil in der Architektur ein höherer Stundensatz (30 Euro) als in der Innenarchitektur (28 Euro) bezahlt wird. Es ergibt sich hier eine Lücke von 18 (Architektur) beziehungsweise 19 Prozent (Innenarchitektur). "Die im Vergleich geringeren Gehaltslücken in der Landschaftsarchitektur (14 Prozent) und Stadtplanung (elf Prozent) sind damit zu erklären, dass Angestellte dieser Fachrichtungen häufiger im öffentlichen Dienst tätig sind", so die Studie, "wo, wie gleich zu zeigen sein wird, die Gehaltslücke geringer ausfällt als in der Privatwirtschaft."
     
  • Art des Arbeitgebers: Frauen sind häufiger in Architektur- und Stadtplanungsbüros angestellt (57 zu 50 Prozent), Männer häufiger in der gewerblichen Wirtschaft wie Bau et cetera (26 zu 17 Prozent). In Architektur- und Stadtplanungsbüros wird im Schnitt 26 Euro je Stunde gezahlt, in der gewerblichen Wirtschaft 39. Allerdings gibt es auch hier geschlechterspezifische Ungleichheiten, die die Lohnlücke mit 13 (Planungsbüros) beziehungsweise 20 Prozent (gewerbliche Wirtschaft) anzeigt. Im öffentlichen Dienst verdienen Frauen 32 Euro und Männer mit 35 Euro acht Prozent mehr.
  • Position: Frauen sind deutlich seltener in leitenden Positionen tätig als Männer (auch bedingt durch den höheren Teilzeitanteil) und verdienen dann dort auch noch weniger: In Architektur- und Stadtplanungsbüros beispielsweise beträgt der Unterschied auf der Geschäftsführerebene 19 Prozent (Frauen: 36 Euro, Männer: 45 Euro).
     
  • Berufserfahrung: "Frauen unterbrechen ihre berufliche Tätigkeit häufiger als ihre männlichen Kollegen und verfügen im Schnitt über weniger Berufserfahrung", so die BAK. Hinzu kommt es in Planungsbüros auch bei gleicher Berufserfahrung zu Lohnlücken: bei weisungsgebundenen Tätigkeiten mit bis zu zehn Jahren Berufserfahrung beträgt diese vier Prozent, bei elf bis 20 Jahren Berufserfahrung hat sich der Gender-Pay-Gap auf acht Prozent verdoppelt, und bei mehr als 20 Jahren Berufserfahrung verdienen Architekten mit 27 Euro sieben Prozent mehr als ihre Kolleginnen (25 Euro). Die Kammer weist daraufhin, dass mit Berufserfahrung der Zeitraum seit Hochschulabschluss "abzüglich zwischenzeitlicher Unterbrechungen der beruflichen Tätigkeit (zum Beispiel Kindererziehungszeiten)" gemeint ist. Gerade in den Wettbewerbsabteilungen vieler Büros arbeiten häufig junge Architektinnen. "Diese sind der Hotspot für Einsteiger", erklärt Lena Kleinheinz von Magma Architecture im Gespräch mit unserer Redaktion. "Schlecht bezahlt, unmenschliche Arbeitszeiten, wenig technisches Detailwissen notwendig."
  • Unternehmensgröße: In Planungsbüros mit weniger als zehn Mitarbeiter*innen verdienen Frauen acht bis zehn Prozent weniger als ihre Kollegen, bei elf bis 49 Mitarbeiter*innen beträgt die Gehaltslücke sechs bis neun Prozent, und bei 50 und mehr Mitarbeiter*innen sind es zwischen vier (weisungsgebunden) und zwölf (leitende Tätigkeit) Prozent.
     

Die Gehaltslücke gibt es in einem bestimmten Fall auch umgekehrt: Arbeiten Frauen mit weniger als zehn Jahren Berufserfahrung in leitender Funktion in einem Architektur- bzw. Stadtplanungsbüro, verdienen sie mit 26 Euro brutto pro Stunde sogar zwei Prozent mehr als ihre Kollegen (25 Euro). Allerdings ist dies nur ein statistischer Ausreißer, da Architektinnen in allen übrigen verglichenen Fällen laut BAK weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen.

Der Artikel erschien erstmals am 5. März 2021 auf competitionline.com.