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Award / Auszeichnung (auch für Studenten) | 09/2019

Heinze Architekten AWARD 2019

Jakob-Sigle-Heim

DE-70806 Kornwestheim, Rosensteinstraße 28–30

Sieger "Bauten im Sozial- und Gesundheitswesen"

Preisgeld: 2.500 EUR

wulf architekten

Architektur

ERNST² ARCHITEKTEN AG

Architektur

ARP Architektenpartnerschaft Stuttgart GbR

Projektsteuerung

Pfefferkorn Ingenieure

Tragwerksplanung

Planstatt Senner

Landschaftsarchitektur

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Wohnungsbau

  • Projektgröße:

    7.094m² (geschätzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 07/2015
    Fertigstellung: 08/2017

Projektbeschreibung

Der städtebauliche Kontext des Jakob-Sigle-Heims wird geprägt von funktionalistischen Wohnzeilen aus den 1950er Jahren, die als anonyme Bauten weder eine Identifikation mit dem Ort erreichen noch eine besondere Stimmung in diesem Stadtteil hervorrufen. Deshalb sollte der Neubau des Pflegeheims mit seinem großen Veranstaltungssaal vor allem auch als öffentlicher Anlaufpunkt für das gesamte Quartier erlebt werden können.

Aus dieser städtebaulich prominenten Position heraus ergab sich das „festliche Aussehen“ des Neubaus: Strukturputz mit Besenstrich in den Obergeschossen, ergänzt durch die farblich identischen Blechverkleidungen der Panoramafenster, dazu ein dunkel abgesetzter Sockel.

Durch die nur begrenzten Möglichkeiten des Umzugs der Bewohner des Jakob-Sigle-Heims in andere Einrichtungen konnten die bestehenden Gebäude nicht in einem Zuge rückgebaut und durch Neubauten ersetzt werden. Die gesamte Baumaßnahme ist daher in zwei Bauabschnitte aufgeteilt. Zunächst wurde das neue Pflegeheim auf dem westlichen Teil des Grundstücks errichtet (2015-2017), das betreute Wohnen auf dem östlichen Teil folgt in einem zweiten Bauabschnitt (2017-2019).

Die Gliederung der Innenräume wird vom Konzept der „Wohngruppen“ bestimmt: Diese bestehen beim neuen Pflegeheim aus jeweils 15 Pflegeplätzen, die über ein gemeinsam nutzbares, offenes Wohnzimmer verfügen, das allen Bewohnern die Möglichkeit bietet, zu kochen oder sich dort mit anderen Bewohnern zu treffen und auszutauschen.

Neben dem Wohngruppen-Konzept war es ein wichtiges Ziel, für den Tages- und Nachtbetrieb des Pflegeheims so wenig wie möglich Personal zu benötigen und durch ein „back-to-back“ System auf Doppelungen bestimmter Räume zu verzichten. Deshalb wurden Personalräume, Pflegeräume und Pflegebäder im Zentrum des H-förmigen Grundrisses räumlich gebündelt. Durch die Grundrissgestaltung besitzen die jeweils 15 nach Osten und Westen orientierten Zimmer einer Wohngruppe einen guten Bezug in den angrenzenden, halböffentlichen Grünraum. Die gemeinschaftlichen, offenen Wohnräume mit den Balkonen sind hingegen zu den beiden Höfen orientiert.

Die für die Planung entscheidende Vorgabe einer Raumgröße von 14,7 m² für ein Pflegezimmer ist sehr begrenzt, deshalb wurde versucht, trotz der kleinen Fläche ein Gefühl von räumlicher Großzügigkeit zu entwickeln. Dazu wurden die Fenster als nach außen gestülpte „Panoramafenster“ gestaltet, die durch ihre Größe - auch vom Bett aus - einen freien Blick nach draußen erlauben und zudem die Möglichkeit bieten, sich auf die mit Holz verkleidete Fensterbank wie in einen kleinen Erker zu setzen. Dieser „kleine Luxus“ spielt für die Wohnqualität in den Pflegezimmern eine entscheidende Rolle

Beurteilung durch das Preisgericht

In unserer Gesellschaft ist der Anteil der Bevölkerung im dritten und vierten Lebensalter weiter zunehmend. Der Bedarf an sozialen Einrichtungen, die Wohnraum für Menschen bereitstellen, die auf Unterstützung ihrer Alltagsabläufe oder Pflege angewiesen sind, ist entsprechend steigend. Das „Jakob-Sigle-Heim“ als Pflegeheim bietet im Zentrum eines Wohngebietes der 1950er Jahre in Kornwestheim den Bewohnern dieses Stadtquartiers die Möglichkeit, auch in der neuen Lebensphase „im Viertel“ wohnhaft zu bleiben. Sowohl städtebaulich und architektonisch, als auch im sozialen Projekt stellt sich das Büro Wulf Architekten dieser Aufgabenstellung auf hohem Niveau beispielgebend. Der städtebauliche Kontext des Projektes wird durch die umgebende Bebauung der 1950er-Jahre Zeilenbauten geprägt, die in Umfang, Gleichmaß und Monofunktion einen insgesamt eher anonymen Stadtraum erzeugen. Im Zentrum des Quartiers, zwischen Rosenstein- und Helfenstein-/Beate-Paulus-Straße befinden sich bereits eine Kirche mit Gemeindehaus und öffentliche Grünanlagen. Hier wird zentral der Neubau des Jakob-Sigle-Heims eingeordnet. Die Architekten ergreifen die Chance, das Pflegeheim mit Veranstaltungssaal, Praxis für Ergotherapie und ambulanten Diensten auch als öffentlichen Anlaufpunkt für das gesamte Quartier zu artikulieren. Das H-förmige, solitär ausdrucksstarke Haus öffnet sich einladend nach Norden und Süden. Der dunkel gefasste Sockel enthält die öffentlich zugänglichen Programme, die darüberliegenden Flügel der Wohngeschosse schwingen in expressiver Geste leicht aus. Die in hellem Besenstrich elegant gefassten Putzfassaden und großzügigen Panoramafenster der Pflegezimmer unterstützen den selbstbewussten Ausdruck des Hauses und seinen Austausch mit dem Wohnviertel. Die Obergeschosse nehmen je zwei Wohngruppen mit 15 Einzelzimmern und „offenem Wohnzimmer“ auf, welches den Bewohnern ermöglicht, zu kochen, gemeinsam zu essen, oder ihre Nachbarn zu treffen. Die jeweils 15 Zimmer orientierten sich nach Ost und West in die angrenzenden, halböffentlichen Grünräume, die gemeinschaftlichen Wohnräume mit den Balkonen öffnen sich zu den beiden Höfen der Gebäudeeinschnitte. Im gegebenen Rahmen wird so den Bewohnern über den Tageslauf das Erlebnis einer abwechslungsreichen Innen- und Außenräumlichkeit differenzierter Lichtstimmung ermöglicht. Personalräume, Pflegeräume und Pflegebäder der Einrichtung sind im Zentrum des H-förmigen Grundrisses gebündelt. Dadurch kann im Sinne eines „back-to-back“-Systems auf Doppelungen dienender Räume verzichtet werden und im Betrieb des Pflegeheims Personal kompakt eingesetzt werden. Die dem Entwurf vorgegebene Fläche von 14,7 qm je Pflegezimmer ist sehr begrenzt. Über die Entwicklung nach außen gestülpter „Panoramafenster“ wurde daher versucht, ein Gefühl räumlicher Großzügigkeit zu entwickeln, die auch in der Pflegesituation, aus dem Bett heraus, als freier Blick in den Außenraum positiv stimulierend erlebt werden kann. Die mit Holz bekleidete, tiefe Fensterbank kann darüber hinaus einem Alkoven gleich angeeignet werden. Das Projekt überzeugt die Jury in seiner Haltung von Präzision, Sorgfalt und Wertschätzung, die sich auf allen Maßstabsebenen- von der städtebaulichen Setzung bis hin zum Baudetail- durchgängig ausdrückt.
Links das neue Pflegeheim als erster Bauabschnitt.

Links das neue Pflegeheim als erster Bauabschnitt.