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Verhandlungsverfahren | 01/2020

Ersatzneubau der Grundschule Vieselbach, LP 2-8

Perspektive

Perspektive

Zuschlag

VITAMINOFFICE ARCHITEKTEN BDA

Architektur

Erläuterungstext

Leitidee des Entwurfes ist das skulpturale Band, das Freiräume und Gebäude definiert und sich dabei den städtebaulichen Gegebenheiten anpasst. 

Das Band schafft zwei unterschiedliche Hofsituationen, sowie offene und in sich geschlossene Bereiche des Gebäudes, dort wo es aufgrund der Nutzung notwendig ist.

Die Grundschule in Vieselbach geht auf eine alte Tradition zurück: Ein Schulhaus inmitten des Altortes, das anfänglich vermutlich aus nicht mehr als einem Klassenraum bestand, in dem Schüler unterschiedlichen Alters gleichzeitig in unterschiedlichen Dingen unterrichtet wurden. Gearbeitet wurde dort wo Platz war, auf dem Boden, auf der Schulbank, am Fenstersims oder an der Tafel. Dörflich eben. Nach und nach, so macht es den Eindruck, ist das Gebäude gewachsen, vielseitiger, verwinkelter und größer geworden. So wie Kinder das eben auch tun. Aber das macht es ja auch schön. Heimelig eben. Nun muss das bestehende Gebäude unabdingbar einem Neuen weichen. Die neuen Nutzungsanforderungen und auch die vernachlässigte Gebäudesubstanz bringen die Nähte der bestehenden Gebäude zum platzen und die Mauern zum Einsturz. Aber wie soll sie aussehen… die neue Dorfschule?

Die neue Schule greift die ursprüngliche Kubatur der alten Schule auf und formuliert damit sowohl eine Raumkante zum Platz in Richtung Burgberg, als auch zur Straße der Jugend sowie zur Burgstraße. Ein Ensemble von Baukörpern und umfassten Freiräumen schließt und öffnet, in Anlehnung an die dörflich vorherrschenden Hofstrukturen, das Quartier gleichermaßen. Dabei umfasst diese städtebauliche Form zwei differenziert gestaltete Höfe, einerseits einen halböffentlichen Vorplatz für den Eingang und andererseits einen geschützteren, schulinternen Spiel- und Aufenthaltsraum. 
Über den ersten Hof erreicht man den Eingangsbereich zur Schule, der vom Straßenraum zurückgesetzt ist. Er bietet Platz zum Ankommen, zum Fahrrad abstellen oder für das Ballspielen nach dem Unterricht bis der Schulbus kommt. 
Der zweite, innere Schulhof ist ein neuer Mittelpunkt für die Schule. Hier ist Zeit für Gemeinsamkeit, für Spielen, für das Pausenbrot oder für Schulfeste und für die Freizeit im Hort am Nachmittag. 
Gleichzeitig schafft es der städtebauliche Entwurf zwei der bestehenden Bäume zu erhalten. Zum einen die Kirsche im Bereich des ersten Hofes, und zum anderen die große Linde im Zentrum des zweiten internen Hofes, die auch bisher als definierende Mitte und als schattiges Plätzchen im Sommer reichlich Anklang gefunden hat.


Raumstruktur

Nach dem Ankommen im öffentliche Hof gibt das Foyer einen großzügigen Auftakt für den Schulbeginn und bietet unter anderem Platz für verregnete Pausenzeiten. Hier sind Veranstaltungen innerhalb, aber auch außerhalb des Schulbetriebs, wie Elternabende oder abendliche Vorträge, vorstellbar. Daran schließen sich der große Speiseraum und Mehrzweckraum inkl. sämtlicher notwendiger Nebenräume an. Diese miteinander koppelbaren Räume können auch autark vom Schulbetrieb funktionieren und dienen demnach dem Gedanken der Ausbildung einer neuen Mitte für den Ort. Die Anlieferung für die Küche findet hierbei über die Ostfassade zur Burgstraße statt. Somit konzentriert sich der Lieferverkehr fernab vom Schulleben und kann direkt vom Personal angenommen, sowie in Lager und Küche verteilt und verarbeitet werden. Der Hausmeister erhält ebenfalls einen separaten Zugang von außen. Strukturen wie Müll, Lager und Haustechnik können so direkt von ihm verwaltet werden.

Die zentrale einläufige Treppe mit Sitzstufen vermittelt wie ein Gelenk zwischen den unterschiedlichen Höhenniveaus der zwei Höfe. An dieser Stelle verfügt das Gebäude auch über einen barrierefreien Aufzug, der alle Geschossebenen bedienen kann und so die verschiedenen Höhen erlebbar macht. Von der Eingangstreppe aus gelangt man präsent und einsehbar zu den beiden zweiläufigen Treppenräumen, die nach oben zu den Klassenräumen führen und an die sich die sanitären Anlagen direkt anschließen. Außerdem werden die Eltern und Besucher am Hort vorbei zum Direktoren- und Lehrerzimmer geleitet. Erforderliche Nebenräume wie Lehrmittelbedarf, Kopierraum und Lagerräume schließen sich an. Die Bibliothek, in der großzügigen Flurzone kann von den Lehrern verwaltet werden und gleichzeitig während der Pausen oder durch das freie und offene Raumkonzept des Hortes perfekt in den Alltag integriert werden. Hier lässt sich erkennen, wie konsequent das zum Innenhof orientiere Erschließungsband die innere Struktur des Gebäudes prägt. An dieses Band gliedern sich alle Funktionen der Schule an. Dies setzt sich auch im Obergeschoss fort. Dort sind sämtliche Klassenräume inkl. PC- und Werkraum, dem Straßenraum entrückt, untergebracht.
Aufgeweitete Zwischenbereiche dienen als Austausch- und Präsentationsflächen. Der Flur, sowohl im EG als auch im OG, öffnet sich zum Hof und ist nicht nur notwendige Erschließungsfläche sondern hat mit seinen Sitznischen und raumteilenden Regalflächen (für Garderoben oder Ähnliches) Aufenthaltsqualität und kann zum Beispiel auch an Regentagen Pausenfläche sein. Nutzungsneutrale Flächen eignen sich Lehrer und Schüler frei und selbst an. Je ein Differenzierungsraum ermöglicht die Nutzung von Einzelunterricht oder Kleingruppenunterricht. Es werden Ein- und Ausblicke zugelassen, Weitblicke fördern die Kommunikation und Teamarbeit.


Fassade

Als prägend in der näheren Umgebung wird die überwiegend zweigeschossige Bebauung angenommen, an die sich auch der Neubau anpasst. Die Höhenstaffelung des Gebäudes mit der Eingeschossigkeit des Mehrzweckbaus, sowie der Zweigeschossigkeit des Schulbaus, folgt dem Geländeverlauf und reagiert auf den urbanen Kontext.
Die Gestalt der Öffnungen der Schule folgt dem Entwurfskonzept mit einem spannungsreichen Wechsel von offenen und transparenten Flächen zum geschützten Innenhof und Lochfassaden zu den umliegenden Straßenseiten. Die Öffnungen sind Abbild für das Miteinander von Kommunikation und Konzentration. Die Lochfassaden greifen die Maßstäblichkeit der umgebenden Bebauung auf. Klarheit und Zweckmäßigkeit sind Maßstab für die Auswahl der Konstruktion und Materialien. Ein geeigneter Sonnenschutz, sowie das Prinzip der freien Lüftung stellen sich als konzeptionelle energetische Maßnahme dar. Das Flachdach ist extensiv begrünt. Der besondere Schmuck an der Fassade, der abschließende Mauerwerksfries, orientiert sich dabei mit seiner bauplastischen Ausführung am ortstypischen Eindruck. Geschossprofilierungen und Dachrandgesimse, sowie die häufige Verwendung von Ziegelstein bestimmen den Ort, seine wichtigsten Bauwerke, sowie aber auch kleine Einzelgebäude. Diese Themen werden im Entwurf aufgegriffen ohne historisierend sein zu wollen, sondern vielmehr um die prägenden Elemente des Dorfes fein herauszuarbeiten und mit keinem zu großen Kontrast dem Alten gegenüber zu setzen. Der Fries am oberen Abschluss des Gebäudes, der das Motiv des Deutschen Bandes von 45 Grad gedrehten Ziegeln neu und anders dimensioniert interpetiert, lockert den strengen und klaren Rhythmus der Fassadenöffnungen spielerisch auf und verbindet gleichzeitig alle Baukörper miteinander. Somit wird keiner Straßenseite eine Rückseite zugeteilt. Den Fassadenflächen in ihrer detaillierten Ausführung liegt ein zweischaliger klassischer Mauerwerksbau im Sinne einer angemessenen Baukultur zugrunde. Zuletzt erhält die Ziegelsteinfassade durch die Licht- und Schattenwirkung entlang der Wände ihr Leben.


Die neue Dorfschule greift also die alte Tradition auf. Ein winkeliger Bau, der wie ein skulpturales Band Gebäude und Freiräume formuliert. Er orientiert sich an bestehenden, städtebaulichen Strukturen und schafft verschiedene Plätze mit unterschiedlicher Qualität. Den Schülern ist es durch die Grundrissstruktur möglich sich auf den großen Aufenthaltsflächen vor den Klassenräumen auszutauschen, voneinander und miteinander zu lernen. Mit Lehrer oder ohne Lehrer. Diese Elemente sollen es schaffen, dass der Neubau an den Ort erinnert, der er bisher auch immer war. Eine lebendige und wachsende Dorfschule, die die neuen Ideen im Schulbau integriert ohne großstädtisch zu wirken.
Plan 01

Plan 01

Schnitt

Schnitt

Ansicht

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