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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2020

Neugestaltung Stadtraum Neuer Markt in Stralsund

Perspektive Neuer Markt

Perspektive Neuer Markt

2. Preis

Preisgeld: 21.000 EUR

Lützow 7 Müller Wehberg Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Urbanes Leben im gemeinschaftlichen Miteinander der Bürgergesellschaft vor dem Hintergrund der Geschichte des historischen Ensembles und in hoher Qualität ist eine Chance, welche mit der Umgestaltung des Platzensembles des Neuen Marktes in Stralsund weiter gestärkt wird und für ein gutes Leben und Wohlbefinden weiterhin in der Hansestadt Stralsund steht.
Der Umgriff des Neuen Marktes unterteilt sich in zwei Bereiche. Der Freiraum wird als ein Raumkontinuum mit dem nördlich gelegenen mineralischen Platz und einem südlichen vegetativ charakterisierten Raum um das Kirchenensemble gesehen. Die angrenzenden Straßen-Verkehrsräume bilden, orientiert am historisch übermittelten Belagsmaterial, eine Spange um den Kirchenraum und akzentuieren integrativ den Charakter der Gesamtanlage. Im Kontext zur chronologischen Entwicklung des Ortes entstand zum Beginn des 20. Jahrhunderts eine historische Transformation des Gesamtensembles mit offenen grünen Pflanzboskettes um den Standort der Kirche und damit eine generell klare funktionale Differenzierung zwischen der Gartenanlage an der Kirche und der befestigten Platzfläche des Marktes. Hierbei wurde die den Markt südlich fassende ehemals historische Bebauung durch Pflanzbosketts mit Solitärbäumen ersetzt und damit räumlich an den Markt angebunden. Neben dieser im Entwurf interpretierten historischen Setzung wird im Weiteren Bezug genommen auf den Standort des Alten Rathauses/ Zeughaus, das weit bis ins 19. Jahrhundert zum Gesamtensemble gehörte. Durch die vorgeschlagene Stadtloggia- Wandelgang mit archäologischem Fenster soll der ehemals wohl proportionierte Platzraum restrukturiert bzw. interpretiert werden. Die Nutzung des Wandelganges ist als Ort der Dokumentation zur Historie des Ortes (Ausstellung, archäologisches Fenster) und im Zuge der Märkte (Markthalle) sowie sonstiger öffentlicher Veranstaltungen auf dem Platz als aktiver Ort des urbanen Lebens zu sehen. Die Stadtloggia mit dem mineralisch aufgeständerten Dach interpretiert dem Duktus nach, transparent und blickoffen, den hanseatischen Baustil (warmer ockerfarbener Sicht- und Architekturbeton in Verbindung mit Klinkerbauweise) entsprechend. Die denkmalgeschützte Rotunde wird Denkmal gerecht entkernt und zu einem kleinen Café mit zeitgemäßer öffentlicher Sanitäranlage ertüchtigt. Eventuell sind hierbei auch behutsame Veränderungen der Außenhaut des Baukörpers wie z.B. großzügige Fensteröffnungen wie vorgeschlagen möglich.
Die Grundfigur der Platzbefestigung nimmt Bezug auf die umgebende Bebauung, zeigt in Materialität und Verortung die Lage der historischen Gehwege auf und akzentuiert den ansonsten ruhigen und einheitlich gepflasterten Platz mit einem die ehemalige Platzmitte umfassenden Tombak Band. Das neue Platzgefüge mit großzügigem Raumangebot für die Marktnutzung weist unter den Kronen akzentuiert gesetzter Solitär-Bäume in der Nähe der Café Rotunde einen Bereich für Spiel und Aufenthalt mit Brunnen (Wasserspiel und Findlingsskulptur), langer Bank attraktive Orte zum Verweilen und Spielen aus.
Die Kirche, das räumlich dominierende Gebäude am Platz, wird weitgehend freigestellt und im Zuge dieser erhält das baulich mit werthaltigen Materialien rekonstruiert umgestaltete Ehrenmal mit dem Ehrenfriedhof zukünftig eine räumliche etwas zurückgenommene Wichtung. Die Durchlässigkeit dieser Anlage vom Platz zum Nordportal der Kirche wird durch behutsame Eingriffe (Rückversetzung von 2 Treppenstufen, Schaffung des barrierefreien Zugangs) verbessert. Weitere behutsame Eingriffe wie die Herausnahme weniger Bäume, Baumkronenbeschnitt, entfernen von Buschwerk werden vorgeschlagen. Zur Platzfläche hin ist eine lange Bank zum ruhigen Verweilen vor der historischen Einfassungsmauer vorgesehen. Der Ehrenfriedhof ist als zugänglicher Gartenraum offen und pietätvoll gestaltet. Die Rasenbosketts der Anlage werden topografisch leicht überhöht (aufgewölbt) angelegt und verstärken im Zusammenspiel mit einer reduzierten neuen Rahmenpflanzung aus niedrigen Hecken im Verlauf der südlichen Mauer die räumliche Wirkung des Gedenkortes. Zum wichtigen Nordwestlichen Kircheneingang akzentuiert ein Granitplattenweg das Kirchenportal, an dessen Verlauf wegebegleitend zum Ehrenfriedhof hin eine flankierende Bank den Besuchern der Kirche zur Verfügung steht.
Der Freiraum um die Kirche nimmt en passant alle Wegebeziehungen auf, topografisch leicht überhöhte Rasenbosketts lassen Offenheit und Bewegungsfläche rund um das Kirchenensemble zu. Neben einem Traufstreifen aus Lesesteinpflaster um den Sockel der Kirche sind die Fußwege in Mosaiksteinpflaster sowie Natursteinplatten vor den Portalen vorgesehen. Auch hier orientiert sich die Befestigung der Straßen am historischen Bestand.
Die vorgegebenen Anforderungen an den Verkehr werden gemäß der Verkehrsuntersuchung „Variante 6 modifiziert“ als Fußgängerbereich mit einheitlicher Belagsoberfläche (Altstadtpflaster) berücksichtigt. Die Beläge
sollen allen jeweiligen technischen Anforderungen (Belastbarkeit, Verschiebesicherheit, Marktnutzung, Laufkomfort, etc.) gerecht sein, Kleinsteinpflaster (Platzflächen), Mosaiksteinpflaster / Granitplatten (historische Gehwege), Großsteinreihenpflaster (Fahrwege), Granitplatten (Wege Ehrenmal). Fahrradabstellplätze mit Mobility Hub (E-Roller, Ladestation, Radsharing etc.) sind im Südosten der Platzanlage wenig störend untergebracht.
Für die Beleuchtung des Gartenensembles ist ein Lichtkonzept vorgesehen, welches zur Ausleuchtung der Platz- und Wegeflächen auf wohl gesetzte Mastleuchten zurückgreift sowie atmosphärisch den Platzraum durch die Beleuchtung der Altstadtfassaden, der Kirche in den Vordergrund stellt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Den Entwurf zeichnen die Vereinheitlichung der Oberflächenmaterialien, die höhenmäßige Aufteilung der Platzoberfläche sowie eine behutsame Umgestaltung des grünen Kirchenumfeldes aus. Die Platz-fläche wird durch Anordnung von Wasserspiel und Baumneupflanzung im nordöstlichen Bereich ak-zentuiert und aufgewertet. Die Baumpflanzungen versprechen zusätzliche Aufenthaltsqualität, berück-sichtigen wichtige Sichtbeziehungen, rücken jedoch teilweise zu nah an vorhandene Bebauung. Spiel-angebote werden an geeigneten Standorten und Umfängen angeboten.
Dazu im Kontrast wird auf der Westseite, am Standort des ehemaligen Rathauses, eine sogenannte Stadtloggia vorgeschlagen, die weitere Nutzungen aufnehmen könnte und Chancen für weitere Bele-bung des Platzes eröffnet. Zusätzlich wird die Platzfläche mit einem oberflächenbündigen Metallband in den Abmessungen des alten Gründerzeitplatzes eingefasst, das Aufstellflächen für Wochenmarkt oder andere Veranstaltungen definieren kann.
Im Bereich des Ehrenfriedhofs gelingt es den Verfassern durch geschickte Anordnung von Stadtmobi-liar einen Übergang zur Platzfläche mit Aufenthaltsqualität funktional sinnvoll anzuordnen. Die zurück-haltenden Interventionen im Friedhofsbereich versprechen einen barrierefreien Zugang zum Paradies, die optische Aufwertung des Nordportals und einen würdevollen Umgang mit der Gräberanlage. Die Wegeführung im Umfeld der Kirche sollte zugunsten zusammenhängender Rasenflächen überprüft werden.
Insgesamt überzeugt die Arbeit durch eine klare und sachliche Grundhaltung, qualitätvolle Detaillie-rung sowie einige bewusste Setzungen, die eine hochwertige, multifunktionale Nutzung versprechen.
Nicht überzeugen kann die architektonische Gestaltung der Stadtloggia, die zugunsten Funktionalität und Filigranität überarbeitet werden sollte.
Lageplan

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