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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2020

Neubau eines Rathauses in Bakum

ein 3. Preis

Preisgeld: 4.750 EUR

kbg architekten bagge grothoff halupzok

Architektur

nsp landschaftsarchitekten stadtplaner PartGmbB schonhoff schadzek depenbrock

Landschaftsarchitektur

Czylwik + Lotze GmbH Architekturmodellbau

Modellbau

Erläuterungstext

Städtebauliches Konzept / Leitidee / Erschließung
Das Dorf Bakum mit seinen umliegenden Bauerschaften ist geprägt durch seine lange Bauern-, Adels- und Kirchengeschichte.
Das Rathaus liegt im historischen Kernbereich des Dorfes, in unmittelbarer Nähe zur neugotischen Hallenkirche St. Johannes Baptist, deren Ursprünge sich urkundlich bis in das 11. Jahrhundert zurückverfolgen lassen.
Historische Karten von 1900 stellen den Kernbereich des Dorfes mit einer markanten geschlossenen Bebauung an der Kirchstraße und der Loher Straße dar. Ansonsten ist das Dorf durch vereinzelte, an den Ausfallstraßen liegenden Gebäuden und Hofstellen geprägt. Diese Gebäude sind u.a. auch als Fachwerkgebäude mit Verblenderausfachungen und großzügigen Satteldächern (z.B. Bünnemeyers Huus, „Minchen Beier“, Huus Boaken, Bahlmann, Huus Weiß, Hachmöller, Siemer) mit entsprechenden Giebeln vorzufinden. Oftmals sind die Giebel der Heuerhäuser mit einer senkrechten Holzverschalung versehen.
Die geschlossene Bebauung im Ortskern ist bis heute erhalten. Die Gebäude mit traufständigem Satteldach an der Kirchstraße werden zur Zeit abgerissen und durch eine 3-geschossige Wohn- und Geschäftshausbebauung ersetzt, die eine Verdichtung darstellt.
Die Bebauungsstruktur des Dorfes wird vorwiegend durch freistehende ein- bis zweigeschossige Einzelhäuser mit geneigten Dächern und rot verblendeten Fassaden geprägt. So auch im direkten Umfeld des Rathauses. Die öffentlichen, größeren Gebäude wie Schulen, Schwimm- und Sporthalle befinden sich im nordöstlichen Anschlussbereich des Grundstückes. Insgesamt ist die dörfliche Struktur durch eine heterogene Bebauung aus klein- und wenigen größer maßstäblichen Gebäuden mit geneigten Dachformen gekennzeichnet.
Da das bestehende Rathaus während der Bauzeit weiterhin genutzt werden soll, steht diese Fläche für den Neubau nicht zur Verfügung.
Der Neubau öffnet sich städtebaulich mit einem räumlich gefassten Platz zur Kirchstraße, sodass eine angemessene und einladende Eingangssituation und eine multifunktional nutzbare Freifläche entstehen. Der Baukörper erstreckt sich seitlich und im hinteren Bereich des Altbaus. Im rückwärtigen Grundstückbereich bleibt der Parkplatz und die Zufahrt zum Friedhof erhalten.
Der neue 2- bzw. 2,5 geschossige Baukörper tritt durch seine Kubatur, Fassaden- und Dachgestaltung selbstbewusst und repräsentativ in Erscheinung. Dabei reagiert er auf seine umgebende Bebauung. Der überhöhte „Kopf“ des Bauteils definiert den Auftakt des Gebäudes und ist in der Flucht des Nachbargebäudes Kirchstraße 1 angeordnet. Die Loggia öffnet sich zum historischen Dorfkern und der Kirche. Das Gebäude fasst mit diesem flankierenden, schlanken Gebäudeteil und dem parallel zur Kirchstraße verlaufenden Eingangsbereich den neuen Gemeindeplatz. Den seitlichen Abschluss dieses Platzes bildet das benachbarte Denkmal Kirchstraße 5. Respektvoll wendet sich der Neubau vom Denkmal ab und lässt ihm den nötigen Raum. Das Dachgeschoss mit regionaltypisch geneigtem Dach und dem prägnanten Giebel als Gesicht zur Schulstraße markiert den Übergang zu den größeren öffentlichen Gebäuden und ist gleichzeitig Anfangs- und Endpunkt des Gebäudes an der Schulstraße. So setzt das Rathaus einen städtebaulich positiven Impuls im zentralen Ortsbereich.

Gebäudetypologie und Grundrisskonzept des Rathauses
Die ausdrucksstarke Kubatur und reduzierte Materialität geben dem Rathaus in Verbindung mit einer zeitgenössischen Fassadengestaltung eine eigene Identität.
Das Zusammenspiel von Mauerwerkslisenen, großflächigen Fensterflächen und geschlossenen Verblenderflächen stärkt die Gebäudekubatur. Die Mauerwerkslisenen verleihen dem Gebäude eine homogene und einheitliche Außenhaut. Der Verblender als traditioneller Baustoff der Region zeigt Beständigkeit und Nachhaltigkeit. Die Lisenen nehmen Bezug zum historischen Fachwerk und den holzverschalten Giebeln.
Selbstbewusst präsentiert sich der Ratsbereich zur Kirchstraße und öffnet sich mit großzügig verglasten Fassaden zum Gemeindeplatz. Hier wird sowohl Politik und auch Kultur erlebbar und sichtbar. Dem Rat wird ein repräsentativer Versammlungs- und Entscheidungsort geboten.
Der Haupteingang des Gebäudes wird über den Vorplatz erschlossen und wirkt einladend und bürgerfreundlich. Das offen und flexibel gestaltete Bürgerbüro vermittelt Kundenfreundlichkeit und erzeugt mit dem zweigeschossigen Luftraum und Dachoberlicht eine helle und freundliche Atmosphäre. Die großzügige Treppenanlage mit Sitzstufen hat Aufenthaltsqualtiät und lädt zu verschiedensten Nutzungen ein. So werden die Info und das Bürgerbüro zum Ort der Begegnung. Außerdem wird eine gute Orientierung im Gebäude gewährleistet.
Im EG befinden sich der FB I Ordnung, der FB III Bildung und Soziales, das Familienservicebüro sowie die Polizei. Durch gezielt geplante Türanlagen können alle Bereiche unabhängig voneinander genutzt werden. Im 1.OG sind die Verwaltung, der FB II Finanzen und der FB IV Bau und das Trau- bzw. Besprechungszimmer im „Kopf“ des Gebäudes angeordnet und ist vom Gemeindeplatz separat zugänglich. Aufenthalts- und Wartezonen sind sind wie selbstverständlich in den aufgeweiteten Flurbereichen vorgesehen. Hier könnten z.B. auch kleine Aufstellflächen oder Informationstafeln installiert werden.
Die Erweiterungsfläche befindet sich als Ausbaufläche im 2.OG. Hier kann die Grundrissstruktur fortgeführt werden.
Eine Teilunterkellerung nimmt die erforderlichen Nebenräume auf und ist neben der internen Erschließung auch durch eine außen liegende Rampe zugänglich.

Materialität
Die Materialien sind nachhaltig und robust gewählt, um die Werthaltigkeit der Bauten auf lange Zeit zu gewährleisten. Das Rathaus ist in Anlehnung an die regionaltypische Bauweise als Massivbau mit mineralischer Dämmung und einem hellen Verblendmauerwerk vorgesehen. Die geneigten Dachflächen werden als klassische Holzkonstruktionen mit flachen Betondachsteinen oder Schieferschindeln ausgeführt. Die Fenster werden als Holz-Aluminiumfenster mit einer Deckschale in einem warmen Eloxal-Farbton vorgeschlagen.

Energiekonzept
Angestrebt ist eine vorbildliche Lösung in Bezug auf Nachhaltigkeit und Energiebedarf. Das Energiekonzept zielt auf die Schaffung eines ganzjährig angenehmen Raumklimas durch eine energiesparende und intelligent eingesetzte Gebäudetechnik. Es wird eine kontrollierte Be- und Entlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung eingesetzt. Neben dem notwendigen Feuchtetransport aus dem Gebäude heraus wird so auch immer ein notwendiger Mindestluftwechsel an Frischluft sichergestellt.
Zudem wird hierüber eine Kühlung der Räume erreicht.
Der Wärmebedarf wird über den Einsatz von Erdwärme mit Geothermie in Kombination mit einer Fußbodenheizung erreicht. Zur Spitzenlastabdeckung und Warmwasser wird ein Brennwertheizkessel vorgesehen.
Der Neubau wird im Rahmen der gültigen EnEV mit einer hoch gedämmten Gebäudehülle versehen.
Die Verglasungen erhalten außenliegende Screens als Sonnen- und Blendschutz.
Zu den vorgesehenen Technikflächen im Kellergeschoss können bei Bedarf Flächen im Dachgeschoss genutzt werden.



Außenanlagen
Im Rahmen des Entwicklungskonzepts „Neubau Rathaus Bakum“
gilt es architektonische und freiraumplanerische Maßnahmen für die zukünftige Gestalt der Ortsmitte zu entwickeln. Der vorgeschlagene Entwurf um den künftigen Gebäudekomplex
unterstützt die künftige gesellschaftliche Zentralfunktion und lässt einen repräsentativen Vorplatz entstehen.
Die Haupterschließung für die Besucher bzw. Anwohner erfolgt über die Kirchstraße, Mitarbeiterstellplätze und der Friedhofseingang an der Nordseite des Grundstücks können auch über die Schulstraße erreicht werden. Der orthogonale Verband aus Betonwerkstein und die radialen Vegetationsinseln reagieren auf die Kubatur und bilden einen klar strukturierten, offenen Raum für Begegnung und Kommunikation, für Versammlungen oder Stadtfeste. Der Homogene Belag bildet einen „Teppich und ermöglicht einen niederschwelligen Zugang in alle Bereiche, auch die bestehende Bushaltestelle wird in den Vorplatz integriert. Das zentrale Element auf dem Vorplatz bildet die Bürgerbank. Das skulpturale Sitzelement ist in Form und Ausprägung dem neuen Gebäude nachempfunden und ermöglicht zudem Kinderspiel und freie Aneignung. Unter dem lichten Blätterdach entsteht in Kombination mit dem Wasserspiel eine besonders angenehme Aufenthaltssituation auch an heißen Sommertagen. Auf dem Vorplatz sind Pkw-Stellplätze für Besucher, Stellplätze für Fahrräder und Motoroller verortet. Entlang der Durchfahrt Richtung Norden befinden sich die Einhausung für den Abfall und die abschließbaren Fahrradstellplätze für die Mitarbeiter.

Fazit
Das Rathaus erscheint in Kubatur, Fassadengestaltung und Materialität zeitgemäß, drängt sich jedoch nicht auf und wahrt den Respekt zur umgebenden Bebauung. Durch seine städtebauliche Einbindung, seine bewusste Formensprache und der
freundlichen Farb- und Materialwahl stellt das Rathaus ein repräsentatives, einladendes und modernes Gebäude dar. Der Dorfkern rund um die historische Kirche gewinnt mit dem Rathausneubau und dessen maßstäbliche Einbindung an Attraktivität. So entsteht durch den Neubau des Rathauses die Chance ein neues, attraktives Gemeindezentrum zu entwickeln, das Leben und Arbeiten verbindet. Ziel ist es einen Ort zu schaffen, der durch die Architektur und Freiraumgestaltung eine hohe Identität und Aufenthaltsqualität garantiert und somit ein Alleinstellungsmerkmal für den Ortskern bildet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche Einfügung bildet interessante Außenräume und generiert einen großzügigen Vorplatz. Die Gebäudekubatur zitiert dabei verschiedene Gebäudetypen des ländlichen Raums und kombiniert sie zu einem spannungsreichen und maßstäbliche gut eingefügten Gesamtensemble. Der Zugang ist gut auffindbar und einladend. Die Parkplätze sind überwiegend hinter dem Gebäude angeordnet

Der Ratssaal und das Trauzimmer sind in dem den Platz umfassenden öffentlichen Teil untergebracht. Allerdings wirkt die Geschoßhöhe für den Ratssaal nicht angemessen während das Trau- zimmer mit der Loggia eine sehr hohe Präsenz bekommt. Da die gleiche Geschoßhöhe für das gesamte Erdgeschoss gewählt wurde, sind die dort angeordneten Büroräume wiederum unnötig hoch.

Die Verwaltungsbereiche sind luftig und abwechslungsreich um eine offene Erschließung ange- ordnet, Das Fassadenraster lässt eine spätere flexible Veränderung der Büroräume zu. Alle Bereiche sind gut belichtet und freundlich gestaltet.

Die Trennung der verschiedenen Nutzungen ist nicht überzeugend möglich. Die Polizeistation hat zwar einen eigenen Zugang, ist aber ansonsten nicht abtrennbar. Der Zugang zum Ratssaal ist zu gering dimensioniert und nicht gut auffindbar. Der Zugang wird der Bedeutung nicht gerecht. Die Ausbaureserve im Dach ist bei der Gebäudetypologie folgerichtig führt jedoch aus wirtschaftlicher Sicht dazu, dass ein großes Volumen von vornherein mitgebaut werden muss, dass nur eventuell später genutzt wird. Dieses ungenutzte Volumen zeigt sich nach außen mit der großen Geste eines imposanten Giebels, der eine andere Nutzung dahinter vermuten lässt.

Eine abgeschlossene Bauphase neben dem Bestand erscheint aufgrund des zu geringen Abstands als unrealistisch, hier hätten Bauabschnitte in Betracht gezogen werden müssen.

Die Materialgerechtigkeit der sehr filigranen Mauerwerksfassade ist in Frage zu stellen. Das Material ist an sich aber nachhaltig und dauerhaft.

Der Entwurf präsentiert sich modern, selbstbewusst und eigenständig und hat einen hohen Wiedererkennungswert. Die Verfasser haben sich differenziert mit dem Ort auseinandergesetzt.
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