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Award / Auszeichnung | 10/2020

Auszeichnung vorbildlicher Bauten in Nordrhein-Westfalen 2020

Ergänzender Museumsbau am Peter-August-Böckstiegel-Haus

DE-33824 Werther, Schlossstraße 111

Auszeichnung

Die Planergruppe

Landschaftsarchitektur

habermann.decker.architekten

Architektur

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Museen, Ausstellungsbauten

  • Projektgröße:

    1.134m² (geschätzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2016
    Fertigstellung: 01/2018

Projektbeschreibung

Peter August Böckstiegel (1889 – 1951) war ein deutscher Maler und Vertreter des westfälischen Expressionismus.
Böckstiegel blieb Zeit seines Lebens – wie die von ihm gewählten Bildmotive eindrucksvoll belegen – mit seinen Eltern, den Nachbarn und seiner westfälischen Heimat eng verbunden. So stellen das von ihm künstlerisch gestaltete Eltern- und Wohnhaus zusammen mit seinen Kunstwerken ein einzigartiges Gesamtkunstwerk dar. Um das künstlerische Lebens-werk Böckstiegels in angemessener Art zugänglich zu machen, hat es sich die Peter-August-Böckstiegel Stiftung zum Ziel gesetzt, in unmittelbarer Nähe zum Böckstiegel-Haus einen musealen Erweiterungsbau zu errichten.
Die Gesamtplanung (Wettbewerbsarbeit) Ursprünglichkeit und die Einfachheit des bäuerlichen Lebens in seiner Heimat haben Peter August Böckstiegel stark geprägt. Diese Bodenständigkeit und das Erdverbundene finden Ausdruck in seinen Wer-ken. So wird das bäuerliche Umfeld seines Eltern- und späteren Wohnhauses immer wieder zum Motiv für seine Malerei.
In Nachbarschaft zu seinem Geburtshaus bettet sich der Neubau des Böckstiegel-Museums in das land-wirtschaftlich geprägte Umfeld ein. Das Museum schält sich, so die Beschreibung der Habermann-Decker Architekten aus Lemgo, wie ein Findling, ein einzeln liegender, durch Naturgewalten geschliffener Stein aus dem Hang der Obstwiese heraus.
Dem Ansatz der Ursprünglichkeit und Einfachheit folgt die Konzeption des Freiraums, der den Museums-neubau in das Umfeld des ehemaligen Wohnhauses integriert. Wir nehmen die vorhandenen, bäuerlich anmutenden Strukturen auf und stärken sie in ihrer einfachen Klarheit. In dem Motiv der Streuobstwiese finden sich der Wechsel von hoher und geschnittener Feldflur und schließlich die im Raster stehenden Korn-garben wieder. Das Neue legt sich vorsichtig über diese Basis und wird so ablesbar.
Die Materialien und Formen der Rasenwege und Ortbetonflächen mit Besenstrichoberfläche sind auf das Einfache reduziert und lassen den Herstellungsprozess erkennen. Die ursprüngliche Handwerklichkeit ist das Gestaltungsprinzip. Die Wege zum und am Museum liegen als neue Schicht auf dem Gelände auf. Horizontale Ebenen schweben über dem geneigten Wiesenhang. Die Nutzflächen am Gebäude sind aus der Geometrie des Daches entwickelt. Als „Splitter“ liegen sie losgelöst vom Museum in der Wiese.
Die Obstbäume stellen den heutigen produktiven Landschaftsaspekt dar. Aus dem Bestand heraus haben wir ein unregelmäßiges Raster entwickelt und durch Neupflanzungen ergänzt. So knüpft das Raster der Obstbäume an das Motiv der aufgereihten Korn-garben an. Es bildet zudem die Grundlage für wechselnde Mähbilder, die der Nutzung angepasst wer-den. So werden z.B. die Baumachsen freigestellt oder für Veranstaltungen kleine Lichtungen gemäht. Die Blickbeziehung zwischen Böckstiegelhaus und dem neuen Museum wurde durch das Entfernen einzelner, unpassender Ziergehölze hergestellt.
Durch die Obstwiese führt ein gemähter, mit feinem Schotter stabilisierter Weg, der an ausgesuchten Blickpunkten einfache Anlässe zum Aufenthalt bietet. Blickbeziehungen zum Böckstiegelhaus, in und durch den angrenzenden Wald, entlang des Waldsaums – Bildmotive Peter August Böckstiegels – werden nach-vollziehbar. An den Weg angebunden findet sich ein „grünes Klassenzimmer“ für die Museumspädagogik.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Museumsneubau für das Werk des regional bedeutenden, aber seinerzeit auch überregional gut vernetzten expressionistischen Künstlers wurde als Ergebnis eines Wettbewerbs an einem Ort realisiert, den dieser selbst vielfach als Motiv für Gemälde seiner lippischen Heimat und seines Elternhauses gewählt hatte. Die Jury begrüßt es ausdrücklich, dass den Besuchern diese Perspektive insbesondere beim Blick aus dem Museumscafé gleichsam als gerahmtes Bild präsentiert wird. Das für den Neubau gewählte Motiv des ‚Findlings auf der Wiese‘ wird durch die einfache, fast schroffe Materialität des Neubaus bestens umgesetzt. Trotz seiner kubistischen Formensprache wirkt das Gebäude formal zurückhaltend und fügt sich sehr gut in die umgebende Kulturlandschaft ein. Die unterschiedlichen Einschnitte und Auffaltungen in den Fassaden, die von außen und innen gleichermaßen erlebbar sind, werden dabei herausragende Gestaltungselemente. Die Ausstellungsräume des Museums sind angesichts des in die Landschaft geduckten Baukörpers überraschend großzügig und hoch, was von der Jury ausdrücklich positiv gewürdigt wird. Es sind spannende, aber angemessen schlichte und gleichmäßig ausgeleuchtete Räume entstanden, welche die ausgestellten Werke bestens präsentieren. (…) Im landschaftlich lieblichen Lipperland ist ein funktional wie gestalterisch herausragendes Bauwerk entstanden, dass das Erbe seines wohl bedeutendsten Künstlers vorbildlich und publikumswirksam in Szene setzt.