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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2020

Ersatzneubau Flüelastrasse 16 in Zürich (CH)

Aussenansicht

Aussenansicht

2. Rang / 2. Preis

Preisgeld: 31.000 CHF

SLIK Architekten GmbH

Architektur

Andreas Geser Landschaftsarchitekten AG

Landschaftsarchitektur

Enercom AG

TGA-Fachplanung

Schnetzer Puskas Ingenieure AG

Tragwerksplanung

Gartenmann Engineering AG

Akustikplanung

ProteQ GmbH

Brandschutzplanung

Coneco AG

Projektsteuerung

Erläuterungstext

Die Zeile mit den vier Gewerbehäusern an der Flüelastrasse gehört zu den einprägsamsten Ensembles ihrer Art im Letzi-Quartier. Der Ausdruck dieser Bauten ist geprägt durch die pragmatische Einfachheit schlichter Band- und Lochfassaden und das für den charakteristischen Blauton der Fenster und Fassadenteile. Ihre strukturelle Flexibilität bietet Raum für Gewerbe- und Dienstleistungsnutzungen unterschiedlichster Art. Das Neben- und Übereinander unterschiedlicher Nutzungen und Aktivitäten macht die Flüelastrasse zu einem belebten und urbanen Ort zwischen Rauti- und Badenerstrasse.

Durch den Ersatzneubau am südwestlichen Ende soll diese Zeile durch ein Gebäude ergänzt werden, das diese Qualitäten auf zeitgemässe Weise neu interpretiert und analog zu den Bestandesbauten einer pragmatischen und nutzungsflexiblen Gebäudestruktur einen spezifischen und einladenden Ausdruck verleiht. Das Projekt Anemona sucht die Eingliederung in die bestehende Zeile und stärkt diese gleichzeitig durch einen neuen Auftakt an ihrem südwestlichen Ende. Die Schmalseite des Neubaus bildet mit einer stirnseitig vorgelagerten Erschliessungszone eine attraktive und belebte Front aus und aktiviert den Vorraum zwischen Gewerbezeile und Rechenzentrum, der heute als Besucherparkplatz einer nahe gelegenen Wohnüberbauung eher als Restraum in Erscheinung tritt. Der Neubau soll diesen Bereich beleben und ihm durch einen öffentlichen Ausdruck als Auftakt der gesamten Gebäudezeile eine neue Bedeutung zuweisen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt «Anemona» versteht und liest sich als schlüssige Fortsetzung der bestehenden Gewerbezeile. Das klare Gebäudevolumen nimmt zunächst mit seinen unteren drei Geschossen präzise die Gebäudebreite des Nachbarn auf. Nach oben springt das im Vergleich zu seinen Nachbarn deutlich höhere Gebäude beidseitig rücksichtsvoll zurück. Strassenseitig erfolgt der Rücksprung nach dem dritten Geschoss – stimmig referenzierend auf die Traufhöhe des Nachbarn. Rückseitig erfolgt er nach dem vierten Geschoss. Beide Situationen werden stadträumlich und funktional wertvoll als Terrassen genutzt.

Eine gleichwertig adäquate Öffnung zum öffentlichen Strassenraum ermöglicht auch die öffenbare Fassade mit separaten Eingängen an der Flüelastrasse. Vor der Stirnfassade wird eine entsprechende AussenraumReaktion allerdings vermisst. Zumal die Qualität des grossen Abstands zum nächsten Nachbarn als eine Art Vorplatz erkannt und eine sich dorthin orientierende und mit Erschliessung und Pausenräumen belebte Stirn- bzw. Kopffassade ausgebildet wird – zugleich als selbstbewusstes Gesicht des Gebäudes als auch des öffentlichen Stadtraums. Vor der Stirnfassade, der auch im Erdgeschoss ein Pausenraum an gleicher Stelle mit entsprechendem Bezug zum Aussenraum gut gestanden hätte, befinden sich lediglich die Veloabstellplätze. Eine bessere Adressbildung im Sinne eines Auftritts wäre auch für den Eingang wünschenswert gewesen. Die Ausformulierung lediglich als eingezogene Ecke verschenkt stadträumliches und architektonisches Potenzial.

Das Innere des Gebäudes hält, was das Äussere grundsätzlich verspricht: Klarheit und Flexibilität. Die drei untersten grösseren und höheren Geschosse stehen primär gewerblichen Nutzungen mit entsprechendem Bedarf, die weniger hohen oberen Geschosse den Dienstleistungen zur Verfügung. Dabei wird sowohl der fremdvermieteten Dienstleistung als auch der Stiftung PWG in den oberen beiden Geschossen jeweils eine Terrasse zugeordnet. Sowohl die Gewerbe- als auch die Dienstleistungsflächen sind als Grossraum- oder aber als Zellenstruktur mit Mittelgang organisierbar. Einzig das Zusammenspiel von Grundriss- und Fassadenstruktur am Gebäudekopf wirft Fragen auf: Während der Grundriss einen fixen Kern mit Erschliessung, Nebenräumen und Pausenraum ausweist – als Kontrast zur flexibel bespielbaren einfachen und klaren Platten-Stützen-Konstruktion zwischen Kern und Nachbarn –, findet dieser in der Fassade wenig Berücksichtigung. Die Fassade suggeriert den strukturellen Ausdruck eines durchgängig frei bespielbaren Gebäudes.

Die Thematik der umlaufenden Bandfassade, die dem Wert der Stirn- bzw. Kopffassade Rechnung trägt, fügt sich hingegen feinfühlig und geschickt in den Kontext der ähnlich strukturierten Nachbarn ein: Die filigran strukturierten Fensterbänder, die eine grosse Flexibilität in der Unterteilung erlauben, spannen sich zwischen den Brüstungsbändern aus hinterlüfteten Faserzementwellplatten auf. Auch der Blauton der Fenster orientiert sich wertschätzend an seiner farblichen Umgebung. Geschickt verbirgt das oberste breite Abschlussband als Dachrand die Technik auf dem Dach.

Im besten Sinne unaufgeregt pragmatisch und weitgehend klar fügt sich das Projekt «Anemona» städtebaulich und architektonisch in die Umgebung ein. Sein Preis-Leistungs-Verhältnis ist vielversprechend. Leider wird das stadträumliche und strukturelle Potenzial an einigen Stellen nicht ausgeschöpft.
Innenraum

Innenraum