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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2020

Umstrukturierung des ehemaligen Spinnereiareals an der Schützenstraße in Hof

1. Preis

Preisgeld: 26.000 EUR

asp Architekten GmbH

Stadtplanung / Städtebau

koeber Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur, Stadtplanung / Städtebau

Johannes Wenzel

Architektur

Erläuterungstext

Von der Garnfabrik zum produktiven Quartier

Entwurfsidee
Aufbauend auf der Historie des Areals, teilt sich das Quartier in drei unterschiedliche Bereiche. Ein dichter, urbaner Kern fasst die Abmessungen der ehemaligen Fabrikanlage. Eine weitere Reminiszenz der historischen Anlage stellt der öffentliche Freibereich mit Wasserfläche im Süden dar. Die Villen im Norden werden punktuell nachverdichtet, ohne die Qualitäten des bestehenden Baumbestands aufzugeben. Die Geschichte des Ortes bleibt damit über die Gegenwart hinaus erlebbar und bildet die Grundlage für ein neues Stück Stadt in Hof. Das Quartier verbindet Produktion, Dienstleistung, Wohnen und Freizeit zu einer, sozial und ökologisch integrierten Nachbarschaft. Durch die Dichte der Baustruktur wird räumliche Nähe geschaffen, wenig Fläche versiegelt und gleichzeitig eine Vielfalt an Leben, Kommunikation und Gemeinschaft möglich. Der öffentliche Freiraum erhöht als Ventil die Lebensqualität über das Areal hinaus für die gesamte Innenstadt, unterstützt Mikroklima und Biodiversität. Aussagen zur städtebaulichen Einbindung Die großmaßstäbliche Körnung der stadtbildprägenden Bauten von Feuerwehr und Post wird in der urbanen Mitte des neuen Quartiers fortgesetzt. Ein offener Blockrand, eine Zeile mit Kopf, sowie die Bestandshalle gruppieren sich zu einer durchlässigen Großform. Aufgrund der Zusammensetzung aus Baukörpern unterschiedlicher Größe, wird die Baumasse untergliedert und fügt sich in das heterogene Umfeld ein.

Gebäudetypologien
Unterschiedliche Gebäudetypologien dienen als robuster Rahmen für die Entwicklung des Quartiers. Durch das vielfältige Angebot wird das Quartier nachhaltig belebt und resilient gegenüber Veränderungen in der Zukunft. Als Tandem werden pro Baukörper zwei Typologien vorgeschlagen, um Synergien im Gebäude und einen hohen Grad an sozialer Durchmischung auf dem Areal zu erzeugen.

Bauphasen
Phase 0 dient zur Belebung des Areals. Hierfür wird einen Teil des Wegenetzes und der Freibereich im Süden realisiert. In das stadtbildprägende Verwaltungshochhaus ziehen Zwischennutzungen ein. In der ersten Bauphase entsteht im Westen ein hybrider Block. Der „Bogen“ bietet Wohnraum in Form von Maisonettes mit Garten im Erdgeschoss und kleineren Wohnungen in den Obergeschossen. Flächen zum Arbeiten und Wohnungen mit tollem Ausblick finden Platz im „Schrägen Typ“. „Reihenhäuser“ mit einem kleinen Atelier im EG und ein „Starker Rücken“ mit Einheiten an der Wohnlaube, sowie Clusterwohnungen an den Enden ergänzen das Angebot. Die Villen im Norden werden mit Punkten im Grün ergänzt, welche Raum für Service-Wohnen, Wohnen+ und betreutem Wohnen bieten. Teil der zweiten Bauphase ist die „Wohnstraße“. Auf einem tiefen Erdgeschoss, das für Gastronomie und Gewerbe genutzt wird, sitzen Wohneinheiten in unterschiedlicher Größe. Diese können von Baugruppen und Genossenschaften entwickelt werden. Der „Dicke Typ“ kann als Jugendherberge und Boardinghouse mit kleinem Kino für die Hofer Filmtage genutzt werden. Phase drei stellt den Ausbau der bestehenden Bestandshallen aus den 40er Jahren dar. Durch Einschnitte in die Bestandsstruktur findet Gewerbe und Dienstleistung Platz. Zudem können Wohneinheiten mit industriellem Charakter sowie gemeinschaftliches Wohnen zum Quartiersanger realisiert werden.

Nachhaltigkeit
Eine klug vernetzte Nachbarschaft macht eine ressourcenschonende Lebensweise ohne Verlust an Lebensqualität möglich. Hierzu zählt ein gemeinsames Energiekonzept für das Quartier mit vor Ort produzierter Energie, einem Regenwassermanagement mit Speicherung im See sowie unterschiedliche Depots für Lebensmittel und Geräte.

Erschließungskonzept
Aus dem Zentrum kommend, teilen sich die Wege durch das Quartier für Fußgänger:innen und Radfahrer:innen am neuen Platz vor der Markthalle. Ein schnelles Passieren ist im nördlichen Bereich vorgesehen, der Weg im Süden entlang der ehemaligen Pakethalle und der neuen Wasserfläche lädt dagegen zum Flanieren ein. Am See wird ein Ort des Verweilens an der Verbindung zwischen Innenstadt und Kulturareal westlich der Bahn und Hochstraße geschaffen. Der motorisierte Individualverkehr wird an den Eingängen des Quartiers in die Tiefgarage geführt, somit bleibt der urbane Kern autofrei.

Freiraumgestaltung
Der Wasserhof als neues urbanes Wohnzimmer der Stadt bereichert mit seiner urbanen und gleichzeitig landschaftlichen Atmosphäre das gesamte Stadtgebiet. Der Platz wird zur offenen Retentionsfläche, die anfallendes Niederschlagswasser des Quartiers sammelt und offen speichert. Der gekieste Platz fällt nach Süden hin leicht ab und findet seinen Abschluss in einer klar gefassten Kante. Wechselnde Wasserstände zeichnen ein dynamisches Platzgefüge. Anfallendes Niederschlagswasser von Dach- und Belagsflächen wird gebündelt und zur südlichen Kante des Platzes geführt, an welcher es sich kontrolliert anstauen kann. Standortgerechte Gehölze wie Weiden, Zypressen, Erlen überstellen den Platz und lassen durch Ihre natürlichen Lebensräume auch eine Überflutung der Bereiche zu. Binsen und Röhrichte zeichnen Grünräume im Platz und dienen der Filtration des Wassers, sowie der Steigerung von Biodiversität. Die Gartenhöfe nehmen Bezug auf die Historie des Ortes und bilden Reminiszenzen an handwerkliche Prozesse und Materialität. Hierdurch entstehen starke und eigenständige Identitäten innerhalb des Quartiers. Im Färberhof werden ausschließlich Pflanzen verwendet die zum Färber von Garn und Wolle verwendet wurde, während im Fasergarten Pflanzen zum Spinnen von Garnen verwendet werden können. Ein teppichartiges Band bildet den linearen Schwerpunkt im Anger. Das Band wird durch eine Raumabfolge unterschiedlicher Nutzungen und Angebote gegliedert. Die Materialität und Verlege Art der Beläge nehmen Bezug zur handwerklichen Kunst des Webens. Baumgruppen bilden ein grünes Volumen in der zweiten Ebene und sorgen nachhaltig für ein angenehmes Mikroklima. Lose Möblierungen und große Tafeln stärken das nachbarschaftliche Miteinander und bieten Raum für Kommunikation und Austausch. Halböffentliche und nachbarschaftliche Freiräume werden dabei nicht nur im Erdgeschoss, sondern auf vielen Höhenniveaus von der Wohnstraße, über Brücken, bis hin zur Dachterrasse horizontal wie vertikal geführt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Verfasser nimmt das bestehende Gebäude in den Mittelpunkt, um daraus die Idee zur zukünftigen Baustruktur zu formulieren. Die Gebäudeflucht auf der Nordseite wird aufgenommen und Richtung Westen zur Bahnlinie hin verlängert und in bugartig gekrümmter Form abgerundet. Der westliche Gebäudeabschluss der gewählten späteren Großform kann als 1. BA umgesetzt werden. Das Gesamtkonzept überzeugt durch das eindeutige Bekenntnis zum Bestand und integriert und entwickelt daraus eine Vielzahl unterschiedlicher Wohnformen und Gewerbeflächen.
Einen wesentlichen Teil des Gesamtkonzeptes bildet darüber hinaus der Umgang mit dem Bestand an der Schützenstraße. Die vorgeschlagenen baulichen Ergänzungen in Form von drei Einzelgebäuden fügen sich in die lockere Baustruktur – vorgegeben durch die beiden ehem. Fabrikantenvillen – harmonisch ein.
Die dritte tragende Säule des Gesamtkonzeptes bildet ein großzügiger Freiraum an der Poststraße im Bereich der Einmündung zur Poststraße. Dadurch wird an einer topographisch äußerst schwierigen Stelle von einer Bebauung abgesehen und zugunsten eines öffentlichen Grünbereichs die Stadtökologie gestärkt.

Die städtebauliche Struktur leitet sich aus dem historischen Gebäude der Hoftex ab und wird in konturstraffer Form ergänzt. Dadurch ergibt sich eine städtebaulich einprägsame und markante Gesamtstruktur.
Die eindeutige Dreiteilung des Realisierungsgebietes in eine lockere Bebauung an der Schützenstraße, in die verdichtete Bebauung in der Mitte und in die markante Begrünung an der Poststraße ist insgesamt überzeugend.

Die räumliche Qualität des Gesamtentwurfes lebt von einem großzügigen Umgang mit der zur Verfügung stehenden Fläche sowohl an der Schützenstraße wie an der Poststraße. Dadurch ist die Wohn- und Lebensqualität auf diesem Grundstück als sehr hochwertig zu einzuordnen. Durch die Neustrukturierung des bestehenden Hoftexgebäudes, d.h. den Einbau von zeitgemäßem modernen Wohnraum und das Angebot an Gewerbeflächen, erzeugen Grünhöfen und Atrien als Pendant zur Freifläche außerhalb eine reizvolle Wechselwirkung.
Die gestalterische Qualität von öffentlichen Bereichen innerhalb des Gebäudekomplexes wie auch im Außenbereich überzeugt.
Der angebotene Wohnraum zeigt die Absicht des Suchens wie auch das Finden neuer Wohnformen durch die Öffnung zum Grünen einerseits und zu hofartigen Erschließungslösungen andererseits, wobei letztere als halböffentliche Zone die Kommunikation der Bewohner*innen untereinander fördern.

Das großzügige Angebot an Durchgrünung auf dem Grundstück erkauft man sich dadurch, dass in der 2. Ausbaustufe vergleichsweise weniger Wohneinheiten möglich sind.

Die Nachhaltigkeit im Umgang mit Boden und anderen Ressourcen ist gewährleistet durch folgende Potenziale:
• Kompakter Baukörper mit Innenhöfen, welche ihr eigenes Mikroklima erzeugen und auch Wirkung zeigen als Klima- und Lärmpuffer
• Durchgrünung und Wasserfläche

Der Entwurf weist einen sehr hohen Identifikaktionswert auf. Die öffentlich zugängliche, für das Wasser freigehaltene Fläche stellt einen Mehrwert für die gesamte Innenstadt dar und wertet die Lebensqualität direkt in der Kernstadt auf.
In der Summe ergibt dies eine Steigerung und städtebauliche Abrundung anstelle eines Rückbaus.

Zusammenfassend stellt sich hier ein modellhafter Charakter dar, der den Erhalt wertvoller Substanz addiert mit weiteren schlüssigen Bauteilen und Nutzungsangeboten.