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Parallelbeauftragung von drei Konzeptstudien | 12/2020

„ungewöhnlich wohnen III - Kinder in der Stadt“: Konzeptstudien zu drei Bremer Standorten

1. Anerkennung / Standort Rübekamp

Muck Petzet Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Die Waldgemeinschaft

„Um ein Kind aufzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf“

Unsere Waldgemeinschaft funktioniert wie ein Dorf. Sie bietet bildhaft und räumlich eine starke Identität und die Fokussierung auf Gemeinschaft: das gemeinschaftliche Leben in und mit der Natur.

Kirche, Rathaus, Gastwirtschaft, Laden, Werkstatt, Schule, Häuser - unser ‚Dorf‘ bietet alle Funktionen eines Dorfs mit integrierten Gemeinschaftsnutzungen wie Laden, Kindergarten, Kantine, Werkstatt und Gruppenräumen. Man kennt sich, tauscht sich aus und hilft sich gegenseitig. Die besondere Lage und starke Identität der Architektur, die gemeinsam genutzten Anlagen und die Schwellenlosigkeit zwischen Privaträumen und Gemeinschaft führen zu Begegnungen, Austausch und Bildung einer Gemeinschaft.

Diese Gemeinschaft trägt gemeinsam die Welt der KidS: eine Dachterrasse mit etwa 200m Umfang – eine endlose Fläche zum Laufen, Fangen, Sich Verlieren und Finden. In der Natur, sicher, abgehoben, zwischen den Baumwipfeln, umgeben von einem Ring von Gärten und Gemeinschaftsmodulen, die im Regen Zuflucht bieten, Spielhaus, Gruppenraum, Küche, Schlafraum.

Wir verbinden mit unserem Vorschlag 4 Elemente zu einer neuen Typologie:

1. Wald:
Die Erweiterungsfläche hat sich zu einer wilden Naturfläche entwickelt – diese spontane Vegetation hat ganz besondere Qualitäten.
Wir wollen diese Qualitäten würdigen und bewahren – und nur minimal eingreifen: Ein präziser, schmaler Ring der Bebauung soll sensibel in eine sonst fast unveränderte Landschaft eingefügt werden. Die neuen Waldwege – und eingeschnittene Sportflächen machen den Wald für die Waldgemeinschaft aber auch für das umliegenden Quartier begeh-, bespiel- und erfahrbar. Die Autos bleiben draußen – der bestehende Schulparkplatz kann mitgenutzt und erweitert werden.

2. Kindergarten:
Takaharu Tezuka hat 2007 mit seinem ‚Fuji Kindergarten‘ bei Tokio den „besten Kindergarten, den Sie je gesehen haben“ geschaffen. Ein Ovales Gebäude mit einer als Außen-Spielfläche genutzten Dachterrasse. In einem TED Talk zeigt er eindrücklich wie diese Fläche die Aktivität und den Austausch fördert. Diesen Kindergarten halten wir für das modellhafteste Gebäude für KidS der letzten Jahrzehnte. Wir wollen von diesem Beispiel lernen und ein ähnliches Prinzip anwenden.

3. Dorf:

Eine niedrige, 2-geschoßige Struktur, die unterschiedlichste Formen von Wohnen und Arbeiten enthält. Die Struktur ist extrem kompakt und rationell konzipiert – und eignet sich für Systembauansätze wie z.B. den Holz-Hybridbau. Es sollen im Inneren einfache Standards (rohe Wände / Decken, Sichtinstallationen, Sichtestrichböden etc.) realisiert und auch Selbst- Ausbau Ansätze verfolgt werden. Die Fassaden sind an den Außenseiten des Ovals weitgehend geschlossen und zur Innenseite ganz geöffnet. Die Fassaden stellen wir uns mit einer Thermo-Holz Deckleistenschalung vor, die übergangslos auch die Geländer bildet. Das Oval ist so optimiert, dass die Nordausrichtung reduziert oder mit weniger sensiblen Nutzungen belegt wurde. Alle Wohnungen sind durchgesteckt. Der Innenhof bietet perfekten Schutz vor dem Lärm der Bahn.
Die Gemeinschaftseinrichtungen sind strategisch an den Durchgängen und an den Aufgängen angeordnet. So wird hier automatisch auch soziale Kontrolle erzeugt. Die Gemeinschaftsmodule auf dem Dach sind funktionsoffen und sollen während des Tagesablaufs ganz unterschiedliche Nutzungsszenarien ermöglichen: Yogastudio – oder Meditationsraum, Kindertagesstätte, Meetingspace, Projektraum, Gemeinschaftsküche, Atelier oder Gästeloft.

4. Sportanlage:
Die wertvolle Grundstücks-Fläche wird mit unserem Konzept ganz bestimmungsgemäß als „Schule und öffentlicher Spielplatz“ im Wald interpretiert. Die im Quartier fehlenden Spiel-, Sport und Freizeitangebote werden durch die in den Wald implantierten Wege, Laufbahnen und Sportflächen ergänzt. Mit der direkten Verbindung zum Schulzentrum Rübekamp – und zu den angrenzenden Quartiersstraßen wird auch eine verstärkte Einbindung der Schule ins Quartier erreicht.

Städtebauliche Einbindung:
Die Waldgemeinschaft wird erheblich zur Attraktivität von Bremen Walle beitragen. Die sozialen Strukturen werden durch die ergänzenden Angebote und die neue Attraktivität gestützt, ergänzt und bereichert. Der Gemeinschaftsladen bietet die Möglichkeit selbst angebautes Gemüse anzubieten und zu kaufen. Die Gemeinschaftswerkstatt bietet Austausch von Werkzeug, Wissen und Knowhow. Die Waldgemeinschaft ist keine geschlossene Gesellschaft, sondern ein Öffner und Multiplikator von Verbindungen. Diese offene, großzügige und dennoch geschützte Gemeinschaft soll die neue Welt der KidS werden.

Machbarkeit:
Mit unserer Verbindung der drei Elemente Wald/Kindergarten/Dorf entsteht eine Synergie der bestehenden Qualitäten und eine Sinnhaftigkeit der Investitionen: Die Waldgemeinschaft bietet neuen Freiraum für KidS aber auch neuen Lebensraum für Kleinstfamilien, Großfamilien und unterschiedliche Lebensgemeinschaften. Gleichzeitig wird eine Restfläche als attraktiver Landschaftspark erlebbar.

Das Projekt löst die scheinbaren Privatheit und Öffentlichkeit in auf. Ungewöhnlich Wohnen – KidS. Gegensätze von Schutz und Offenheit – von einer alles umfassenden großzügigen Geste

Beurteilung durch das Preisgericht

Es wird die Idee einer dörflichen „Waldgemeinschaft“ vorgeschlagen. Der in der Aufgabenstellung genannte Satz „Um ein Kind aufzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf“ findet sich bildhaft und räumlich in einer zweigeschossigen ovalen Großform wieder. In dem vorgeschlagenen Wohngebäude sind Funktionen nachbarschaftlicher Teilhabe integriert und bieten Raum für Gemeinschaft und soziales Miteinander. Die Symbiose aus der stark ausgeprägten Vegetation in Verknüpfung mit dem vorgeschlagenen Bebauungskonzept schafft einen identitätsstiftenden Ort, der schlüssige Antworten auf die Aufgabenstellung „Kinder in der Stadt“ macht. Der sensible Umgang mit dem Ort, die Verknüpfung mit dem städtebaulichen Umfeld, die zu erwartenden behutsamen Eingriffe in den Baumbestand und die Vorschläge zur Baukonstruktion sind die gelungenen und herausragenden Merkmale dieses Beitrags. Kontrovers wird das Milieu innerhalb der kreisförmigen, nach außen abgeschlossen wirkenden Anlage diskutiert. Individualität der Bewohner*innen gegenüber sozialer Kontrolle in der Gemeinschaft wären vertieft zu prüfen. Die baulichen Interventionen auf dem Grundstück erscheinen angemessen. Der mögliche Erhalt des Baumbestandes ist plausibel. Der Ansatz für eine seriell konzipierte Holzbauweise wird gewürdigt.
Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Obergeschoss

Grundriss Obergeschoss

Grundriss Dachgeschoss

Grundriss Dachgeschoss

Ansicht West - Außenfassade,
Querschnitt - Hoffassade

Ansicht West - Außenfassade, Querschnitt - Hoffassade