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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2021

Neue Kindertagesstätte im Finkenweg, Gemeinde Wettenberg

Perspektive Vorplatz

Perspektive Vorplatz

3. Preis

planbar.architektur Krämer Faber Architekten

Architektur

STERN LANDSCHAFTEN

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Leitidee | Städtebau | Entwurf
Die städtebauliche Figur des Neubaus bildet einen Brückenschlag zwischen Burgstraße und Finkenweg aus und zoniert das Grundstück auf geschickte Weise. Das Gebäude gliedert sich dabei trotz des großen Bauvolumens durch die straßenseitig schmalen Gebäudeansichten in die ortstypische kleinteilige Taktung der Bebauung ein.
Gleichzeitig bildet der Neubau eine deutliche Abgrenzung zwischen öffentlichem Bereich im Norden und der zusammenhängenden, sicheren und übersichtlichen Spiellandschaft im Süden.
Das Gelände des bestehenden Kindergartens wird nicht für den Neubau herangezogen und steht nach der Fertigstellung für eine weitere Projektentwicklung uneingeschränkt zur Verfügung.
Der Entwurf nutzt die Topographie des Geländes optimal aus. Der Mehrzweckraum mit seiner Verortung am östlichen Rand des Baufeldes wird durch den Raumverbund mit dem Speiseraum und den dazwischen liegenden Sitzstufen zu einem multifunktional nutzbaren Raum auf mehreren Ebenen. Die bestehende Topographie wird so auch im Gebäude spürbar.
Die zum Finkenweg hin erhöhte Lage wird genutzt und die Sicht ins Tal durch eine große Fassadenöffnung erlebbar gemacht.
Im Gebäude sind die Aufenthaltsbereiche der Kinder nach Süden hin orientiert, während die Nebenräume eine Abgrenzung zur öffentlichen Erschließungsseite hin darstellen. Der Entwurfsgedanke wird durch die Fassadenstruktur unterstützt. Die Fassaden Richtung Norden sind optisch weitgehend geschlossen ausgeführt, nach Süden hin öffnet sich das Gebäude zur Freifläche.
Die Gruppen- und Differenzierungsräume sind gemeinsam mit den Garderoben und den Matschschleusen als Cluster angeordnet, jeweils zwei Gruppen bilden dabei eine für die Kinder überschaubare Einheit. Durch Faltwände lassen sich die Räume nach Bedarf miteinander verbinden, die Raumgrenzen sind nicht statisch. Es entsteht eine flexible Raumlandschaft, die je nach Tageszeit und pädagogischem Programm gestaltet und verändert werden kann.
Großzügige Spielflure bieten einen Begegnungsraum innerhalb des jeweiligen Clusters und sorgen gleichzeitig für die Erschließung der Sanitärbereiche und der weiteren Nebenräume.
Zwei Terrassen bieten zusätzliche Flächen für ruhige pädagogische Arbeit im Freien abseits vom Trubel der Außenspielfläche.

Fassade
Die Fassaden des Kindergartens werden durch eine rötlich lasierte Holzverschalung gebildet, die durch vertikale Leisten aus Holz im Raster 150 bzw. 300 mm regelmäßig strukturiert wird. Im Obergeschoss wird die Struktur durch zwei unterschiedliche Leistenformate gebildet, wobei die weniger tiefen Leisten bis in das Erdgeschoss durchgeführt werden und so beide Geschosse miteinander verknüpfen.
Die Holzfassade wird im Norden über die Fenster und Terrassen hinweg geführt, dort wird durch den Entfall der Schalung und durch die Reduktion der vertikalen Elemente ein Durchblick von innen nach außen ermöglicht, ohne die konzeptionelle Trennung von öffentlichem zu privatem Bereich aufzuheben.
Im Eingangsbereich sowie am Nebeneingang zum Mehrzweckraum sind Türen und Fenster aus der Holzstruktur ausgeschnitten und markieren so deutlich die Gebäudezugänge.
Der im Hang befindliche Gebäudesockel wird aus Sichtbeton massiv ausgeführt.

Wegeführung | Barrierefreiheit
Der Haupteingang zur KiTa befindet sich auf der Nordseite des Gebäudes. Das Grundstück ist sowohl von der Burgstraße als auch vom Finkenweg zugänglich. Auf Grund der starken Topographie ist der Zugang vom Finkenweg im Osten über eine einladende Treppe und aus Richtung Burgstraße im Westen barrierefrei gestaltet.
Von der Burgstraße aus gelangt man auf einen offenen Vorplatz mit Fahrradstellplätzen, überdachtem Bereich für Kinderwagen und Sitzmöglichkeiten für wartende Eltern. Dieser Zugang ist ebenso für Anlieferungen vorgesehen.
Im Gebäude sind alle Ebenen über einen Aufzug miteinander verbunden.
Im Windfang des Gebäudes können zusätzliche Kinderwagen witterungsgeschützt abgestellt werden. Von dort aus sind die U3 Gruppen ebenerdig erreichbar, die Ü3 Gruppen liegen im Obergeschoss des Gebäudes.
Die Treppenanlage sattelt auf einer Podestanlage auf, die als Lese- und Sitzecke fungiert. Im Bereich der Treppe sind sowohl im Erdgeschoss als auch im Obergeschoss die Elterncafés untergebracht.

Synergien | zusätzliche Nutzung
Der Entwurf bietet synergetische und zusätzliche Nutzungen, die den Kindergarten über seine eigentliche Funktion hinaus zu einem quartiersoffen genutzten Begegnungsraum entwickeln.
Konzeptionell sind die Nutzungen so angeordnet, dass der östliche Gebäudeteil durch einen eigenen Eingang völlig autark vom restlichen Gebäude genutzt werden kann, beispielsweise für Angebote des Familienzentrums. Im Mehrzweckraum sind vielfältige Nutzungen denkbar, vom Yoga-Kurs bis hin zu kleinen Konzerten, Lesungen oder anderen kulturellen Angeboten.
Bei besonderen Veranstaltungen kann das Gebäude sowohl vom Haupteingang als auch vom Eingang Finkenweg aus erschlossen werden, ohne die Gruppenräume öffnen zu müssen. Auch eine Erschließung der Freifläche ist über das Familienzentrum möglich ohne die Gruppenbereiche zu tangieren.
Über das Raumprogramm hinaus bietet der Entwurf zusätzliche Räume an. Im südlichen Bereich neben der Küche wird ein Lagerraum für Außenspielgeräte und ein Außen-WC verortet, um die Wege von der Freifläche aus kurz zu halten.

Technisches Konzept
Das Gebäude wird als Low-Tech Gebäude konzipiert. Auf eine mechanische Lüftungsanlage wird vollständig verzichtet, alle Gruppen- und Arbeitsräume sind natürlich zu lüften. Lediglich die innenliegenden WC-Räume erhalten eine mechanische Abluft.
Das Gebäude besitzt durch die Ausbildung als Massivbau ausreichend thermische Speichermasse, um Temperaturspitzen auszugleichen.
Die nach Süden ausgerichteten Fenster sind durch den Erschließungsbalkon im Obergeschoss sowie das auskragende Dach im Sommer gegen eine direkte Sonneneinstrahlung bereits baulich geschützt, im Winter können solare Wärmegewinne erzielt werden. Die Fenster des Mehrzweckraums nach Osten hin erhalten einen außenliegenden Sonnenschutz, die nach Norden orientierten Öffnungen einen Blend- und Sichtschutz. Die Beheizung des Gebäudes erfolgt über eine Luft-Wärmepumpe und angeschlossener Fußbodenheizung. Die elektrische Energie für die Wärmepumpe wird durch eine auf dem Dach aufgestellte PV-Anlage beigesteuert.

Freiraum
An der Südfassade des Gebäudes erstreckt sich eine zum Teil überdachte Terrasse. Im befestigten Terrassenbereich am Gebäude ist auch ausreichend Platz für Bobby-Car-Fahrten. Innerhalb der Terrassenfläche sind ein Spielbereich für die U3 Gruppen und ein Gemüsegarten angeordnet.
Über zwei Sitzstufen gelangt man in das Sandbassin. Ausgestattet mit vielen Spielmöglichkeiten ist es durch einen Rasenhügel, Klettergerüste, ein Wasser- und Matschspiel und Baumgruppen strukturiert, wodurch ein vielfältiges Angebot an verschiedenen Zonen (Aktivzone, Ruhezone etc.) und Sinneserfahrungen auf kleinem Raum angeboten wird.
Die Spiellandschaft ist mit einem grünen Saum umrandet und ermöglicht den direkten Sichtbezug zur Burg Gleiberg.
Die Zufahrt auf das Grundstück befindet sich an der Burgstraße, südlich der Straßenkreuzung Burgstraße/Feldgräben. Hier befinden sich sechs Stellplätze von denen 2 Stellplätze barrierefrei ausgebildet sind. Weitere Stellplätze befinden sich entlang des Finkenweges (Bestand).
Fahrradstellplätze befinden sich sowohl am Eingangsbereich zur KITA als auch an der Treppe am Finkenweg. Der Müllsammelplatz befindet sich auf der Westseite des Gebäudes.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf schlägt eine zunächst unerwartete städtebauliche Figur vor, der ein kompaktes Gebäudevolumen in Ost-West Richtung in die Topografie einbettet. Der so erzielte Dreiklang aus einem nördlichen, urbanen Vorplatz, dem kompakten Kita-Gebäude und einem freien Spielbereich Richtung Süden schafft eine klare städtebauliche Figur. Sowohl die Vorplatzsituation als auch der Gebäudekörper und der daran anschließende Freibereich sind ihren jeweiligen Nutzungsanforderungen entsprechend richtig proportioniert.

Der logisch platzierte Haupteingang vom großzügigen nördlichen Vorplatz erschließt das
Gebäude mittig und führt in eine klare innere Struktur. Richtung Norden wird der allgemeine Nutzungsbereich mit Speise- und Mehrzweckraum angeordnet, der als zweigeschossiger Raum die Topografie in das Gebäude einschließt und über eine große Panoramaverglasung weiterführt. Die Kinderbereiche sind klar strukturiert und lassen Raum für verschiedene Nutzungen, Spiele, Entdeckungen und auch Rückzug.
Die Funktionalität ist somit gut gegeben, wenn auch beide Schlafräume dem U3 Bereich
zugeordnet werden sollten.

Die vorgeschlagenen Fassaden sind angemessen und der Nutzung entsprechend richtig
proportioniert. Die abweisende, geschlossene Fassade zur Burgstraße erscheint jedoch
überarbeitungswürdig.

Nicht überzeugen kann die vorgeschlagene Konstruktion aus Stahlbeton mit vorgehängten
Holzlamellen. Hier wäre bei der vorgeschlagenen Gebäudestruktur dringend eine nachhaltigere Variante zu erarbeiten.

Obwohl die städtebauliche Ausrichtung kritisch diskutiert und in letzter Konsequenz die
Setzung eher als fremd empfunden wird, überzeugt der Entwurf durch seine Angemessenheit und seine klare Struktur. Er stellt damit einen interessanten Lösungsbeitrag dar.
Schwarzplan

Schwarzplan

Lageplan

Lageplan

Nutzungen

Nutzungen

Grundriss Untergeschoss

Grundriss Untergeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss 1. Obergeschoss

Grundriss 1. Obergeschoss

Ansicht Nord

Ansicht Nord

Ansicht Ost

Ansicht Ost

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Ansicht West

Ansicht West

Querschnitt

Querschnitt

Längsschnitt

Längsschnitt